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Umbruch bei den ChristdemokratenDas sagen lokale CDU-Vertreter zum AKK-Rückzug

VOGELSBERG/BERLIN (jal). Die Affäre der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat Konsequenzen für die CDU auf Bundesebene. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer gab bekannt, sich vom Amt der Parteivorsitzenden zurückziehen und auch nicht als Kanzlerkandidatin in die nächste Wahl gehen zu wollen. OL hat bei lokalen Vertretern der CDU nachgefragt, was sie davon halten.

OL hat den Vogelsberger CDU-Chef Dr. Jens Mischak, den Landtagsabgeordneten Michael Ruhl aus Herbstein und den CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzenden, Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule, um jeweils ein persönliches Statement gebeten. Doch anstatt einzelner Antworten verschickte die Vogelsberger CDU eine gemeinsame Erklärung mit Zitaten, die neben den drei genannten Herren auch für das CDU-Landesvorstandsmitglied Kurt Wiegel gilt.

In dem Schreiben heißt es, dass die Vogelsberger CDU auf die Ankündigung Kramp-Karrenbauers überrascht reagiere. „Wir zollen der Entscheidung Respekt und danken AKK für die Leistungen in den schwierigen Zeiten für die CDU.“ Nach den nur als chaotisch zu bezeichnenden Verhältnissen in Thüringen sei klar, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe.

„Unabhängig von den Ereignissen in Thüringen, wo wir uns als Vogelsberger CDU nicht dazu berufen fühlen, den dortigen Parteifreunden Ratschläge zu erteilen, steht fest: Die Bundespartei muss nun schnell die Führungsfrage klären und ihren klaren Kurs wiederaufnehmen. Die Mitglieder erwarten, dass damit nicht Monate gewartet wird. Eine Hängepartie können wir uns nicht leisten, sonst suchen wir keinen Kanzlerkandidaten, sondern einen Oppositionsführer“, wird Mischak in der Mitteilung zitiert. Man wolle keine endlose „Road-Show“ wie bei der SPD, man dürfe aber auch mal für sich in Anspruch nehmen, zwei Nächte über die Situation nachzudenken, um insbesondere mit der Schwesterpartei CSU das weitere Verfahren abzuklären.

Wir brauchen keine Belehrungen von links und rechts und wir brauchen auch keine Warnungen vor RechtsruckenDr. Jens Mischak

Für die CDU Vogelsberg sei klar, dass man mit keiner extremen Partei, weder von rechts noch links, zusammenarbeiten könne. Es müsse daher nochmals unterstrichen werden, dass man weder für eine Zusammenarbeit mit der AfD noch der Linkspartei zur Verfügung stehen dürfe,  heißt es von Ruhl, der sich diese Klarheit auch vom CDU-Ministerpräsidenten im hohen Norden wünsche. Von einer neuen Parteiführung erwarte man, dass sie glaubwürdig den Umbau der CDU zur modernen Volkspartei, als die man sich sehe, fortsetze und Belange der bürgerlichen Mitte verkörpere. „Die CDU ist die Partei der wirtschaftlichen Vernunft, die Partei der innenpolitischen Sicherheit und die Partei der außenpolitischen Stabilität“, sagt Paule in der Erklärung. Wenn sich die CDU klar auf ihre eigenen Stärken besinne und nicht den Themen anderer Parteien hinterherlaufe, wird sie auch in Zukunft weiter erfolgreich sein, sind die vier CDU-Politiker überzeugt.

Auch wenn ein jedes CDU-Mitglied Wünsche für die Nachbesetzung habe, mache es derzeit keinen Sinn, diese „wie wild raus zu posaunen“, ruft Mischak die Partei zur Geschlossenheit auf. Damit schade man nicht nur dem favorisierten Kandidaten, sondern auch der Partei. Man werde daher zum jetzigen Zeitpunkt keine Äußerungen in Richtung eines bestimmten Kandidaten abgeben, so Mischak.

„Für all diejenigen, die nun eine Mitgliederbefragung forderten, sei außerdem gesagt, dass der Parteitag dies im Dezember mit einer deutlichen Mehrheit von 80 Prozent abgelehnt habe“, steht am Ende der Erklärung.

Warnung vor einer „Partei des schamlosen Zeitgeist-Surfens“

Die wohl wenig vielversprechende Aufforderung, nicht in eine Personaldebatte auszubrechen, richtet die Vogelsberger CDU nicht nur über die Presse an ihre Mitglieder, sondern auch in einer internen Mail an Parteizugehörige. Dieses Schreiben liegt Oberhessen-live ebenfalls vor. Mischak sagt darin: „Die Lage ist alles andere als einfach, aber wir sollten uns davor hüten, nun überstürzt und in Eile, Dinge festzurren zu wollen, die vielleicht auch einmal ein paar Tage des Nachdenkens erfordern. Dies gilt im Besonderen für schnelle Rufe nach einer ganz bestimmten Person oder einem ganz bestimmten Namen für die Nachfolgen. Aus diesem Grunde haben wir uns auch dazu entschlossen, keinerlei Erklärung dahingehend abzugeben. Sollten Sie gefragt werden, bitte ich Sie herzlich, ebenso zu verfahren. Auch die potentiellen Kandidaten halten sich derzeit mit gutem Grunde zurück. Wer also einem bestimmten Favoriten gerne ‚helfen’ will, der sollte sich in den nächsten Tagen am besten zurückhalten.“

Der Erste Kreisbeigeordnete schreibt darin weiter über den Zustand seiner Partei: „Wir sollten sowieso als CDU auch einmal den Mut haben, uns nicht ständig von anderen Parteien oder Medien vorführen zu lassen, wenn wir den Anspruch haben, wieder die Partei des gesunden Menschenverstandes in einer populistischen Brandung zu sein und nicht eine Partei des schamlosen Zeitgeist-Surfens. Das Beispiel Thüringen passt in diesem Zusammenhang sehr gut. Wir brauchen keine Belehrungen von links und rechts und wir brauchen auch keine Warnungen vor Rechtsrucken, die jetzt angeblich drohen würden. Es gilt, dass wir uns klar zur AfD abgrenzen, dass wir uns aber ebenso klar von den Erben der SED-Diktatur distanzieren, auch wenn sie so bürgerlich daherkommen wie ein Ramelow.“

Zum Schluss versucht Mischak der aktuellen Debatte noch etwas positives abzugewinnen. In seiner Mail an die Parteimitglieder liest sich das so: „Wenn man dem heutigen Tage etwas positives abgewinnen will, dann ist es der Umstand, dass wir jetzt – rechtzeitig vor wichtigen Wahlen im Jahre 2021 – die Chance haben, uns endlich neu zu sortieren. Denn allen gegenteiligen Äußerungen zum Trotz ist eines klar: Unsere Position als CDU zwischen AfD und Grünen haben wir – auch unter AKK – in den letzten 14 Monaten noch nicht gefunden. Hätten wir sie gefunden, wäre so etwas wie in Thüringen nicht passiert. Ein Stück weit ist nämlich unklar, wo die CDU eigentlich steht und wo wir hin wollen. Das können wir, müssen wir jetzt aber auch schleunigst klären. Und wenn das auch heißt, dass Kanzlerschaft und Vorsitz in einer Hand liegen sollen, dann wären wir auch dort ein Stück weiter. Ich bitte Sie inständig, daran mitzuhelfen.“

Die CDU hatte erst Ende des vergangenen Jahres in einem aufwendigen Prozess mit Umfragen und Regionalkonferenzen Kramp-Karrenbauer zur neuen Vorsitzenden bestimmt. Die Vogelsberger CDU positionierte sich damals jedoch schon in einer Befragung hinter ihrem Herausforderer Friedrich Merz. Von etwa 850 angeschriebenen Mitgliedern nahmen 145 an einer entsprechenden Abstimmung teil. Das Ergebnis damals: Merz erhielt 101 Stimmen. Annegret Kramp-Karrenbauer erhielt 39, Jens Spahn 3 und Andreas Ritzenhoff 2. Mischak und Wiegel gaben später an, als Delegierte beim entscheidenden Parteitag in Hamburg tatsächlich auch für Merz gestimmt zu haben.

10 Gedanken zu “Das sagen lokale CDU-Vertreter zum AKK-Rückzug

  1. Deutschland wird seit Jahren nicht mehr regiert.
    Nur noch politische „Spielchen“ innerhalb.
    Posten werden geschaffen oder verschoben.
    Fehler oder Bereicherung wird vertuscht, oder man schiebt die Personen in die EU.
    Wahlen (Demokratie) werden annulliert, sobald das Ergebnis nicht stimmt.
    Korruption ist ein Fremdwort, sobald es um Deutschland geht.
    Man sollte erst mal die riesigen Gehälter/Pensionen abschaffen, um dann noch zu sehen, wer sich wirklich für dieses Land, und sein schaffenden Bürger einsetzt.

    Die Sowjetunion ist ein gutes Beispiel, da weiß man das manipuliert wird.

  2. Frau Merkel hat in der Vergangenheit alle, bei denen Führungsstärke erkennbar war, aus Angst vor möglicher Konkurrenz zu ihr ins politische Abseits gejagt. Zuletzt holte sie für die Parteiführung eine Politikerin aus der unteren Mittelmäßigkeit, deren Demokratieverständnis nicht nur von der thüringer CDU angezweifelt wird. Gut, dass sie sich nicht durchgesetzt hat. Sonst würde sich die Frage stellen, wozu brauchen wir Landesparlamente, wenn doch alles aus Berlin entschieden wird. Demokratie ist der Wille des Volkes, wer das nicht akzeptiert hat in der Politik nichts zu suchen.

  3. Was ist in der BRD los, wo ist das Demokratische Land von 1980 hingekommen.? Es wird zu einem neuen Aufbruch nötig ohne einer Diktatur Merkel. Wenn dieses nich geschieht wird der Schaden groß und die Bürger werden den Schaden davontragen.

  4. „Wir brauchen keine Belehrungen von links und rechts“. Stimmt, aber wie wärs denn mal mit Nachdenken? Optimismus ist nicht die Lösung für alle Probleme dieser Welt. Auch dieses ständige hetzen gegen Menschen mit einer anderen Meinung bringt nicht weiter.
    In Thüringen haben sich alle anderen Parteien von der AfD vorführen lassen, sie haben vor lauter Machtgier vergessen nachzudenken. Der Ministerpräsident der FDP war aber wenigstens bei der Landtagswahl als Abgeordneter demokratisch gewählt worden.
    Anders bei der letzten Europawahl, dort ist mit Hilfe der Bundeskanzlerin eine Dame ins Präsidentenamt gehievt worden die von keinem Wähler gewählt wurde und die auf keiner Liste stand. Was soll ich als Wähler denn von sowas halten?
    Was soll das, eigene Leute „abzuschiessen“ weil sie die Wahrheit gesagt haben (Chemnitz), oder weil sie jemandem gratuliert haben (Thüringen) ?
    Da wäre doch vielleicht etwas mehr Pessimismus angesagt.
    Ein Pessimist ist ein Optimist der nachgedacht hat.

  5. „‚Die CDU ist die Partei der wirtschaftlichen Vernunft, die Partei der innenpolitischen Sicherheit und die Partei der außenpolitischen Stabilität‘, sagt Paule in der Erklärung.“
    Und das sind genau die Sprechblasen, die dem Bürger am Allerwertesten vorbei gehen. Insbesondere wenn die Realität solchen Beschwörungsformeln offensichtlich ein Schnippchen schlägt. Jeder weiß, dass die internationale Finanzwelt, die globale Wirtschaft und Wirtschaftsriesen wie die USA, China, Indien oder Russland
    sich einen Dreck darum scheren, was die CDU für wirtschaftlich vernünftig hält.
    Und was heißt schon innenpolitische Sicherheit, wenn finstere Neonazi-Banden, Islamisten oder sonstige Geisteskranke zu jeder Stund und an jedem beliebigen Ort Anschläge auf wehrlose Bürger verüben können? Und „außenpolitische Stabilität“ ist angesichts einer aus den Fugen geratenen Welt mit ihren unlösbar scheinenden Kriegs-, Handels- und Flüchtlingskonflikten ja wohl der Witz des Jahrhunderts.
    Sich „klar auf ihre eigenen Stärken besinnen“, „nicht den Themen anderer Parteien hinterherlaufen“ usw. sind bestenfalls Rezepte für eine erfolgreiche Beschäftigung der CDU mit sich selbst. Da ist nicht ein Thema benannt und keine Lösung vorgestellt, die den Erwartungen der Bürger an eine bessere Zukunft auch nur einen Schritt näher kommen. Also viel Spaß auf dem Weg in die erfolgreiche Verzwergung!

  6. Herr Ruhl plappert hier nur das nach, was AKK bereits in ihrer Erklärung gesagt hat.
    Stellen Sie doch mal die Opferzahlen von 40 Jahren DDR den Opferzahlen von 12 Jahren Faschismus gegenüber. Merkste was?!
    Die CDU hat sich in Thüringen von den Höcke-Faschisten als Steigbügelhalter missbrauchen lassen! Herr Ramelow hat Ihnen nichts getan.

    Das Thema hat aber nebenbei bemerkt auf einer regionalen Plattform rein gar nichts zu suchen. Soweit mir bekannt das erste Mal, dass hier Bundespolitik auf Oberhessen-Live aufgegriffen wird.

    1. Lieber „Leser“,
      das ist nicht ganz richtig. Wir haben Bundespolitik bereits bei vielen anderen Themen aufgegriffen, das Thema allerdings auf die Region bezogen. Ein Beispiel wäre hier der Rücktritt von Frau Merkel: https://www.oberhessen-live.de/2018/10/29/die-kanzlerin-geht-das-sagt-die-heimische-cdu/ oder aber auch der SPD-Führungswechsel: https://www.oberhessen-live.de/2019/06/02/krug-nahles-ruecktritt-war-unumgaenglich/ oder das Thema der Organspende: https://www.oberhessen-live.de/2020/01/15/automatisch-organspender-sein-das-sagen-die-alsfelder-dazu/. Es ist richtig, dass man nicht die pure bundespolitische Nachricht bei uns findet, allerdings wird auch die Bundespolitik auf OL immer wieder aufgegriffen und auf die Region bezogen.

  7. Hört einfach mal auf das, was die Bevölkerung bedrückt. Dann kommen auch diese Protestwahlen nicht zustande. Dann würde es die AfD erst gar nicht geben. Aber nein, Ihr habt aus den letzten Wahlergebnissen nichts dazugelernt. Macht nur weiter so. Die Kommunalwahl 2021 kommt. Es wird noch schlimmer. Die Zeiten der Volksparteien scheint vorbei.

    1. „Scheint die Sonne noch so schön, einmal muss sie untergehn.“ Und wenn die Sonne untergeht, wird es auch Zeit für Annegret. Da geben die CDU-Kreisgrößen vor lauter Schreck schon gar keine persönlichen Stellungnahmen zu den Entwicklungen in ihrer Partei mehr ab, sondern verschicken Rudel-Botschaften mit irgendwelchen Gemeinplätzen. Da kann das Volk auf den „Umbau zur modernen Volkspartei“ aber lange warten. Noch vor kurzem lachte man sich schlapp über den Niedergang der SPD. Jetzt sieht die CDU genau so alt aus.
      Von extremen Parteien will man sich distanzieren, was auch nicht weiter schaden kann, wenn deren Extremismus sich in Rückwärtsgewandtheit äußert. Doch mindestens genau so schlimm ist der Mangel an Modernität, der in den „Parteien der Mitte“ vorherrscht. Wer aus den Reihen der ausgerechnet von der mega-altbackenen AfD als „Altparteien“ verhöhnten politischen Gruppierungen bzw. ihres Führungspersonals vermittelt denn den Eindruck, dass er von den teilweise revolutionären Veränderungen in der jüngsten Gegenwart und deren Auswirkungen für die Zukunft auch nur irgend etwas begriffen hätte?
      „In Gefahr und höchster Not / bringt der Mittelweg den Tod!“ Es ist doch offensichtlich, dass unsere Gesellschaft unter einem Reformstau leidet. Über Jahrzehnte ist den Herrschaften nur Kaputtsparen der Infrastruktur und Sozialabbau eingefallen. Und jetzt werden die Zeiten stürmisch, nicht nur wegen Sabine, und die Leute merken, dass ihnen die maroden Strukturen um die Ohren fliegen. „Mitte“ und „Mittelmäßigkeit“ als hervorstechende Eigenschaft der Mitte-Fans bringen jetzt gar nichts mehr. Jetzt helfen nur noch tiefgreifende Umbauten in Wirtschaft und Gesellschaft, die einerseits den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht werden, aber auch Verlässlichkeit und soziale Sicherheit vermitteln, ohne die unsere bürgerliche Welt in ein unvorstellbares Chaos stürzen wird.

  8. Die CDU war eine Volkspartei!.Es gilt ,sich klar zur AfD abzugrenzen ?.Die CDU war seid 1949 ein Sammelbecken der Nazis , dies läßt sich belegen.Die Namen sind Bekannt, und die vom rechten Rand noch Leben sind in der AfD. Sie sind in einem Dilemma.

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