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Streit um Waldbrandgefahr und AutobahnausbauA49: Wie die Feuerwehr darum kämpft, nicht zwischen die Fronten zu geraten

DANNENROD (jal). Die Deges und die Besetzer im Dannenröder Wald streiten sich um das Thema Brandschutz. Unabhängig davon wer Recht hat: Wenn es ernst wird, dann muss die Feuerwehr ran. Doch für die freiwilligen, unparteiischen Helfer ist ihr Platz zwischen den politischen Fronten äußerst unangenehm.

Die Deges als Unternehmen, welches im Auftrag des Bundes die A49 plant und die Waldbesetzer, die den Bau der Trasse durch den Dannenröder Wald verhindern wollen, beschuldigen sich gegenseitig – mal dies, mal das. Vor einigen Tagen ging die Deges nun mit einer Mitteilung an die Öffentlichkeit, in der sie den Besetzern vorwarf, gegen Brandschutzauflagen im Wald zu verstoßen. Die Besetzer wiegelten ab, man sei sensibilisiert und achte sehr darauf, den Brandschutz einzuhalten.

Unabhängig davon, wer in dieser Argumentation objektiv gesehen Recht hat: Für die freiwilligen Feuerwehren in der Region um die geplante Baustelle ist die Lage sehr kompliziert. Nicht nur ganz praktisch, weil sich das mögliche Einsatzgebiet im Falle eines Brandes über mehrere Kommunen und Landkreisgrenzen hinweg erstreckt – sondern auch wegen der Gemengelage. Als Hilfsorganisation fühlen sich die Feuerwehren zur Neutralität verpflichtet. Ihr ehrenamtlicher Job ist das Retten von Menschenleben – und nicht die Politik. Wer mit den Helfern spricht, der hört schnell, dass sie am Liebsten so wenig wie möglich mit dem gesamten Thema zu tun hätten.

Streit um Brandschutz und Security im Dannenröder Wald

Offene Feuerstellen oder dergleichen, wie die Deges den Waldbesetzern vorwirft, können weder Thomas Stein, Stadtbrandinspektor von Homberg (Ohm), noch sein Kollege Heino Becker aus Kirtorf bestätigen – aus dem einfachen Grund, weil beide eigener Aussage nach noch nie im Camp der Aktivisten waren. Stein sagt nur ganz allgemein, dass auch ungefährlich wirkende Gegenstände wie Spiegel oder ähnliches bei starker Trockenheit sehr gefährlich sein können, wenn sie sich im Wald befinden.

Der Kirtorfer Feuerwehrchef Becker hatte zumindest schon mal mit einem Vertreter der Aktivisten Kontakt, wie er sagt. Es ging um die Barrikaden, die die Zufahrts- und Rettungswege im Wald blockierten. Becker erzählt, er habe in einem sachlichen Ton mit dem Aktivisten gesprochen und ihm erklärt, welche Gefahr die Barrikaden für den Wald und auch die Besetzer selbst darstellen würden, würde es brennen und die Feuerwehr so nicht zum Brand vordringen können.

Beckers Ansprache, so sagt er, hatte Erfolg. Kurze Zeit später seien die Barrikaden verschwunden gewesen. Kameraden von ihm sei es ähnlich ergangen: Nach einem Gespräch mit den Besetzern seien Hindernisse auf möglichen Rettungswegen durch den Wald beseitigt worden.

„Wir sind nicht die Staatsmacht, die die vertreiben will“, sagt Becker mit Blick auf die Baumbesetzer. Das Spannungsfeld, welches sich für die freiwilligen Helfer in dieser politisch brisanten Situation ergibt, ist nicht zu unterschätzen. Becker betont mehrfach, dass die Feuerwehr fürs Löschen von Bränden zuständig sei, für nichts weiter. „Wir sind neutral“, sagt er – schiebt aber auch nach, dass er selbst kein Freund davon sei, „Bäume einfach zu fällen“. Doch wenn das höchste Gericht in der Angelegenheit ein Urteil spreche, dann sei die Sache halt erledigt. „Irgendwann muss der Widerstand dann ein Ende haben“, sagt er.

Becker (Mitte) im Gespräch mit zwei Atemschutzträgern. Foto:Weitzel/Archiv

Doch selbst wenn es nicht brennt, rechnet Becker damit, dass er und seine Kameraden in den Konflikt hineingezogen werden könnten – wenn sie in zweiter Reihe hinter den Polizisten stehen, zum Schutz der Beamten und der Bewohner, wie er sagt. Und dann, so hört man aus seinen Schilderungen heraus, würde es mit der Neutralität bei allem guten Willen langsam schwer werden. „Ich bin nun mal Chef einer Feuerwehr“, sagt er. „Sicherlich wird mein Herz irgendwann,  wenn es da wie auch immer zu einer Eskalation kommt, etwas mehr für die Polizei schlagen, logischerweise.“

Becker kommen diese Worte nicht leicht über die Lippen. Er wägt genau ab, was er sagt; hat Angst, von den Besetzern falsch verstanden zu werden. Es sei die Angst um die eigenen Leute, die ihn zu dieser Aussage bewege. Für den Feuerwehrmann bedeutet die Nähe zur Polizei Schutz vor möglichen Angriffen – aber eben auch die Gefahr, überhaupt erst angegriffen zu werden. „Ich betone nochmals: In der Sache sind wir neutral, wir sind nicht die Feinde der Besetzer und halten zu keiner Seite in dem Konflikt und machen uns in der Sache mit niemandem gemein. Unser einziger Feind ist das Feuer.“ Er erwähnt erneut seine Begegnung mit den Aktivisten, das sachliche Gespräch und die Einsicht in Sachen Brandschutz, die die Autobahngegner zeigten. „Dies ist das Verhältnis, welches ich mir weiterhin wünsche“, sagt er.

Becker hatte Kontakt zu Feuerwehrleuten in der Umgebung des Hambacher Forsts in NRW, der damals von Gegnern des Kohleabbaus besetzt war und geräumt wurde. Was die Helfer von dort berichtet hätten, wie die Besetzer mit der Polizei umgegangen seien, sei heftig gewesen, erzählt er. Mit Blick auf die begrenzten Kapazitäten seiner Truppe aus Freiwilligen Helfern ist Becker sich nicht sicher, wie so ein Einsatz gelingen soll. Die Kirtorfer wollen mit anderen Wehren in der Umgebung über mögliche Hilfe sprechen. „Am Liebsten wäre es mir, wenn wir damit nichts zu tun haben und die Staatsmacht und die Besetzer das unter sich austragen. Aber das ist ein Wunschgedanke, der denke ich mal nicht stattfinden wird“, sagt Becker.

In nächster Zeit sollen die lokalen Wehren sich bei einem Treffen auch mit dem Kreis über das Thema austauschen. Der Kreis selbst, so berichtet Becker, habe bei einem Termin zum Thema Brandschutz schon Kontakt zu den Autobahngegnern gehabt. In Lauterbach bestätigt man dieses Treffen, an dem Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland teilnahm, auf Anfrage von OL. „In dem Gespräch wurde sich sachlich ausgetauscht und die Ausführungen der Behördenvertreter wurden seitens der Vertreter der Besetzer zur Kenntnis genommen. Hierbei wurde insbesondere auf die Wichtigkeit der hindernisfreien Befahrbarkeit der Forst- und Rettungsweg hingewiesen und deutlich an die Besetzer appelliert, die Wege nicht zu verbarrikadieren“, heißt es in der Antwort aus dem Kreishaus.

Fraktion der Homberger Grünen steht zu 100 Prozent hinter Stadträtin Barbara Schlemmer

Was die Befürchtung der Wehren angeht, im Gerangel der Räumung buchstäblich zwischen die Fronten zu geraten, beschwichtigt der Kreis. „Im Falle einer Räumung werden die Einheiten des Brandschutzes gemäß gesetzlicher Vorgabe nur zu Rettungseinsätzen beziehungsweise zur Brandbekämpfung herangezogen. Dies setzt voraus, dass die Einsatzstelle für die Einsatzkräfte hinreichend sicher ist.“ Je nachdem wie groß der Einsatz sei, könnten den vorliegenden Plänen entsprechend dann auch andere Wehren als die lokalen nachalarmiert werden.

Wie auch die lokalen Wehren, so scheint auch der Kreis keine genauen Kenntnisse über die Strukturen im Aktivistencamp zu haben. „Die Situation im Camp ist dauerhaften Veränderungen unterworfen. Eine Begehung wäre demnach nur eine Momentaufnahme. Im Falle eines Einsatzes ist die konkret vorliegende Situation umfangreich zu erkunden“, heißt es auf eine entsprechende Frage. Was die Bestätigung oder Dementierung einzelner Vorwürfe der Deges an die Besetzer in Sachen Brandschutz angeht, hält man sich in Lauterbach zurück. Auf eine detaillierte Frage nach bekannten Verstößen heißt es lediglich: „Wir sind im ständigen Austausch mit allen beteiligten Behörden, daher haben wir Kenntnis von möglichen Gefahrenquellen.“ Die Vorschriften zum Brandschutz im Wald ergeben sich demnach aus unterschiedlichen Rechtsquellen, unter anderem dem Sonderschutzplan zur Waldbrandbekämpfung in Hessen.

Mit welchen Gefahren und Bedingungen die Helfer zu tun haben werden, wenn bald die Räumung des Waldes beginnt, kann zurzeit niemand seriös sagen. Aber was die aktuelle Lage angeht, so dürften alle Beteiligten zumindest bei dieser Nachricht durchatmen: Nach Auskunft des Kreises vom Freitag herrscht aktuell für den Bereich Dannenröder Forst nur eine geringe Waldbrandgefahr.

7 Gedanken zu “A49: Wie die Feuerwehr darum kämpft, nicht zwischen die Fronten zu geraten

  1. Die feuerwehr sollte sich nicht zum prellbock politischer (fehl)-entscheidungen machen und nur ihre ordinären aufgaben wahrnehmen. es reicht schon, wenn sich der deutsche feuerwehrverband wegen vermutlich politischer gründe gegenseitig zerfleischt, diese vorgehensweise muss nicht – auf anderen ebenen – auf die lokalen feuerwehren durchschlagen. Politik in die feuerwehr zu ziehen zerstört in einer idiotischen zeit alles. die feuerwehren sollten intern zusammenhalten und auch keine politischen statements für die eine oder andere seite abgeben. der heilige florian dreht sich schon jetzt im grabe um, lassen wir ihn wieder sanft ruhen!

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  2. Als Stadträtin in Homberg ist Frau Schlemmer auch für die Sicherheit der Feuerwehr Homberg verantwortlich !! Sie sollte, anstatt den illegalen vermummten Besetzern beizustehen und buchstäblich weiter „Öl ins Feuer zu gießen“ endlich mit dem von ihr veranstalteten Zirkus aufhören und sich zurückziehen bevor im Dannenröder Forst noch ein Unglück geschieht. Es ist eine Schande, wie die ehrenamtliche Feuerwehr, die Tag und Nacht ein Garant für die Sicherheit der Bevölkerung ist, unter ihr ungewollt zwischen die Fronten geraten kann. Es wird höchste Zeit das generell etwas passiert und die illegal im Wald hausenden Besetzer diesen verlassen damit wieder Ruhe und Frieden in der Region Einzug hält.

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    1. Der liebe Troll „Feuerwehrmann Sam“ möchte hier den Eindruck erzeugen, er sei Feuerwehrmann. Sam, Du bist ein ganz billiger CDU-Troll, der schön hetzen will. Die Feuerwehr ist neutral und das wissen die Kameradinnen und Kameraden. Sie fragen auch nicht, ob die hilfsbedürftige Person zu recht oder zu unrecht Hilfe bekommt.
      Ich finde es erschreckend wie hier CDU Leute unter dem Deckmäntelchen der Feuerwehr für eine politische Sache missbrauchen.
      Der KBI sagt es deutlich, was viele nicht wahr haben wollen: „Wir…SACHLICH…mögliche Gefahrenquellen…!

      Das Gelaber vom Kameraden Heino, der erst erzählt die Feuerwehr ist neutral und dann erzählt es wird schwer neutral zu bleiben, braucht niemand. Was soll das Heino? Es ist noch gar nichts passiert und Du sagst jetzt schon es wird schwer neutral zu bleiben??? Was ist denn, wenn es richtig heiß wird? Hast Du jemals deine Kameraden beauftragt den Brandstifter zu fangen, statt Brandbekämpfung zu veranlassen? Was Du erzählst ist echter Müll.
      Wenn Du nicht sachlich mit der Sache umgehen kannst, weil Du persönlich so betroffen bist, dass Du NICHT NEUTRAL bleiben kannst, DANN BRINGST DU DEINE KAMERADEN IN GEFAHR! Du wirst falsche Entscheidungen treffen, weil Du nicht sachlich an die Sache rangehst. Und dann ist unnötigen Gefahren und Belastungen Tür und Tor geöffnet.

      Und an die schwarzen Trollos, nein ich bin kein Ausbaugegner und nicht grünlinks versifft – ich bin Kamerad mit Herz und Hirn für jeden MENSCHEN.

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      1. Hallo ich sage mal was Du ( Feuerwehrkameraden sind ja per Du ) da schreibst kann ich nicht nachvollziehen . In Sachen ggf Neutral bleiben geht es Herrn Becker wohl nicht um pro oder gegen A49. Sondern darum das etliche Kameraden da zum Einsatz kommen , und dort wie die Kameraden der Polizei wohl ein schweres Los haben. Und dann möchte ich Dich erleben wenn Deine Kameraden , Freunde ggf Verwandte bei der Feuerwehr dort mit Fäkalien beschmutzt , bedroht ggf Verletzt werden wie neutral und sachlich Du da bleibst . Egal ob man für oder gegen die A49 ist was da im Wald durch die Besetzer abgeht ist eine illegale Frechheit sondergleichen die unsere armen Hilfsorganisationen ausbaden sollen. Ganz zu schweigen was es jeden Steuerzahler kosten wird , wenn die Städte der Feuerwehren die Kosten auf die Steuerzahler umlegen. Aber das müssen auch beide Seiten pro und contra tragen. Und auch die armen Feuerwehrleute. Ich hoffe das jeder Kamerad gesund zurückkehrt und nein wenn es dort los geht kann ich nicht mehr neutral bleiben sorry

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      2. Lieber neutraler Heino,

        scheinbar siehst Du jetzt gar nichts mehr durch Deine dunkle Sonnenbrille. Ich bin kein CDU-Mitglied sondern ein langjähriges Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr in der Region. Und war sogar lange Jahre in der Führung tätig, soll heißen ich kenne das Feuerwehrgeschäft. Im Gegensatz zu Dir der offensichtlich wenig Ahnung hat von der Materie.

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  3. Ich dachte immer die Freiwilligen Feuerwehren seien eine kommunale Behörde? Jetzt sollen sie eine Hilfsorganisation sein oder doch nur ein gemeinnütziger Verein? Die Wischi-Waschi-Aussagen des Kreisbrandinspektors sind wie immer bedauerlich. Man liest heraus, dass die Stadtbrandinspektoren von Homberg und Kirtorf auf sich alleine gestellt sind. Wie ihre übrigen 17 Amtsvetter im Kreisgebiet bei anderen Themen. Vergleicht man das Kreisamt für Brandschutz im Vogelsbergkreis mit umliegenden Landkreisen, fallen augenscheinliche Defizite auf. Appel an Landrat Görig: Guckmal in Sachen Feuerwehr über den Kreistellerrand

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    1. Nur alles schlecht reden und keine Ahnung haben.
      Die Freiwillige Feuerwehr ist eine Einrichtung der Gemeinde!
      Die Mitglieder sind aber ehrenamtlich Tätig!

      Ab diesem Absatz “ Was die Befürchtung der Wehren angeht….. beschreibt der Kreis genau um was es geht! Eigentlich ist das Standardwissen für einen Leiter einer Feuerwehr.

      Die Feuerwehren dürfen die Staatsmacht bei der Räumung des Waldes „nicht“ unterstützen, dass ist überhaupt nicht zulässig!
      §52 HBKG
      Feuerwehren sowie Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes dürfen militärischen Dienststellen oder Polizeibehörden nicht zugeteilt oder unterstellt werden. Die Heranziehung zur Bekämpfung von politischen Unruhen……………….etc.

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