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Zusammenfassung der Talkrunde "Demokratie hautnah" zum Thema Ehrenamt„Ohne Ehrenamt wird unsere Gesellschaft zusammenbrechen“

ALSFELD (akr). Was wäre, wenn es im Brandschutz keine Ehrenamtlichen gebe? Wie kann man das Ehrenamt aufwerten? Wie sind Vereine durch die Corona-Krise gekommen und wie sieht es in Sachen Nachwuchsgewinnung aus? Das sind nur einige Fragen, die in der fünften „Demokratie hautnah“-Talkrunde besprochen wurden. Hier gibt es die Zusammenfassung.

Die Moderation der fünften Talkrunde hat dieses Mal CDU-Landtagsmitglied Michael Ruhl übernommen. Zu Gast waren Sven Holland, Kreisbrandinspektor des Vogelsbergkreises, Werner Eifert, der Vorsitzende des Sportkreises, Timo Schneider vom DRK Kreisverband Alsfeld und Edgar Merle, Ortsvorsteher von Eudorf und Vorsitzender des Männergesangsverein in dem Alsfelder Stadtteil. Er übernahm spontan an dem Tag den Platz von Silvia Völker, die als Vertreterin der Landfrauen Stadt-Land-Schloss geladen war.

Zunächst stellte Ruhl jedem Teilnehmer eine individuelle Frage, um mehr über ihre Arbeit und das Ehrenamt zu erfahren. So wollte Ruhl von Timo Schneider beispielsweise wissen, wie denn überhaupt das DRK im Vogelsberg funktioniere und welche Aufgaben es übernehme.

Timo Schneider erklärte, dass sich gerade beim DRK oftmals ganze Familien engagieren. Sprich: Wenn die Eltern Mitglied sind, dann seien es die Kinder auch oft.

Schneider erklärte, dass man zum einen den hauptamtlichen Rettungsdienst habe sowie die Kreisgeschäftsstelle, die die Seniorenresidenz betreut und zum anderen gibt es die Ehrenamtlichen, die im Katastrophenschutz tätig sind und in den einzelnen Ortschaften die Erste Hilfe und die Versorgung gewährleisten, sollte etwas passieren. Nicht zu vergessen die zwei Züge im Altkreis Alsfeld: den Sanitäts- und den Betreuungszug.

Was würde passieren, wenn es im Brandschutz keine Ehrenamtlichen gebe? Diese Frage richtete Ruhl an den Kreisbrandinspektor Sven Holland. Ein erster Mechanismus sei die sogenannte „Pflichtfeuerwehr“. Sprich: gebe es nicht genügend Ehrenamtliche, müsse man schauen, wie der Brandschutz sichergestellt werden kann und dann gegebenenfalls Ehrenamtliche verpflichten. Sollte auch das nicht funktionieren, müsse man die Feuerwehr in hauptamtliche Strukturen überführen – so wie es beispielsweise in größeren Städten der Fall ist. Davon sei man im Vogelsberg aber noch weit weg, so Holland.

Mehr Anerkennung und Wertschätzung

Werner Eifert erklärte, dass das Ehrenamt mehr Anerkennung erfahren und mehr wertgeschätzt werden müsse. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren sei zwar nach wie vor vorhanden, aber „ohne das Ehrenamt wird unsere Gesellschaft zusammenbrechen“, betonte Eifert. Schneider ist zudem der Meinung, dass die Ehrenamtlichen selbst auch mehr in die Öffentlichkeit gehen sollten, um zu zeigen, wie wichtig ihre Arbeit ist. Holland betonte, dass die Attraktivität des Ehrenamtes weiterentwickelt werden und neue Anreize geschaffen werden müsste. „Man darf nicht aufhören sich über neue Wege Gedanken zu machen“, betonte Holland.

Werner Eifert erklärte, dass umgerechnet fast jeder 2. im Vogelsbergkreis Mitglied in einem Sportverein ist, denn im Kreis gebe es 230 Sportvereine mit über 45.000 Mitgliedern.

Gerade die vergangenen zwei Jahre waren für das Ehrenamt keineswegs leicht – „Es war eine schwierige Zeit“, betonte Ruhl. Edgar Merle erinnerte sich daran, wie man beim Männergesangsverein keine „direkte“ Pause eingelegt habe, denn er habe trotz Pandemie alle 14 Tage zu einer Zusammenkunft eingeladen. „Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre der Verein auseinandergefallen“, erklärte Merle – und die Mitglieder hätten ihm Recht gegeben, dass diese Treffen gut getan hätten, so habe der Verein diese schwierige Zeit überlebt.

Auch für die Feuerwehren seien es ungewöhnliche Umstände gewesen, wie Holland erzählte. Die Ausbildung in Präsenz musste eingestellt werden, vieles fand online statt. Nicht zu vergessen die Ängste, sich bei einem Einsatz mit dem Virus anzustecken und es dann vielleicht in die Familie zu bringen. „Feuerwehr und Ehrenamt lebt auch von Kameradschaft und Zusammenkünften“, betonte Holland – deshalb sei es auch sehr wichtig gewesen, dass das wieder stattfinden konnte.

Edgar Merle betonte, dass Vereine auch für Geselligkeit stehen und gegen Einsamkeit helfen – und zwar für kleines Geld.

Über Mitgliederzahlen und Nachwuchsgewinnung

Beim DRK verlief ebenfalls vieles online und die Kräfte seien im Dauereinsatz gewesen – gerade jetzt auch in der Flüchtlingskrise seien die Ehrenamtlichen wieder sehr gefordert. Hier im Kreis habe das DRK aber keine Ehrenamtlichen verloren. Bei den Sportvereinen im Vogelsberg sei die Mitgliederzahl ebenfalls sehr stabil geblieben, wie Eifert erklärte. Auf dem Land herrsche nämlich eher das Motto „Einmal Verein, immer Verein.“

Stabil seien auch die Mitgliederzahlen bei der Feuerwehr, hier hätten sich laut Holland statistisch keine gravierenden Änderungen bemerkbar gemacht. „Wir verzeichnen auch weiter guten Zuwachs bei den Kinderfeuerwehren“, freute sich Holland – denn gerade der Nachwuchs sei im Ehrenamt sehr wichtig.

Kreisbrandinspektor Sven Holland erklärte, dass sich im Vogelsbergkreis 4.500 Menschen ehrenamtlich bei der Feuerwehr engagieren.

Dass sich das mit der Nachwuchsgewinnung nicht überall einfach gestaltet, weiß auch der Männergesangsverein-Vorsitzende Edgar Merle. „Wenn ich was haben will, muss ich auf den Kunden zugehen“, weiß er aus seiner 35-jährigen Erfahrung im Verkauf. Deshalb scheut sich Merle auch nicht, Eigeninitiative zu ergreifen und neue Leute direkt anzusprechen. Schneider erzählte, dass auch das DRK zwei Bereitschaften habe, die beim Thema Nachwuchsgewinnung sehr aktiv seien und auch der Blaulichtkanal trage mit seinen interessanten Videos dazu bei, dass das Ehrenamt aufgewertet werde.

Die Nachwuchsgewinnung sei auch bei der Feuerwehr sehr vielschichtig, erklärte der Kreisbrandinspektor und nannte einige Beispiele, unter anderem verschiedene Kampagnen oder das Wahlpflichtfach „Feuerwehr“, das nun an der Oberwaldschule in Grebenhain angeboten wird. Es gehe über Interesse, Attraktivität und Kontakte, betonte Holland. „Es gibt nicht das eine Mittel, das für die Nachwuchsgewinnung wichtig ist, es ist ein ganz buntes Mosaik das greifen muss, um junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern“, so der Kreisbrandinspektor.

„Ehrenamt ist unbezahlbar, in ganz vielen Facetten. Es hält unsere Gesellschaft zusammen“, hieß es unter anderem in Ruhls Fazit. Das Ehrenamt stehe zwar vor Herausforderungen, aber es sei um das Ehrenamt in unserer Gesellschaft nicht schlecht bestellt. Laut dem Moderator und Landtagsabgeordneten könne man positiv in die Zukunft schauen und habe gerade hier im Vogelsberg ein gutes ehrenamtliches Engagement.

Über Herausforderungen für das Ehrenamt und Wege sie zu meistern

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