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Vogelsberger Haushaltsplanentwurf 2023Vogelsberger Haushalt 2023 – Krise und kein Ende?

VOGELSBERG (akr). Im letzten Jahr hatte Erster Kreisbeigeordneter und Finanzdezernent Jens Mischak seine Haushaltsrede unter die Überschrift „die fetten Jahre sind vorbei“ gestellt – und damit behielt er auch für 2023 Recht. Ergebnis- und Finanzhaushalt weisen Fehlbeträge auf, es herrschen schwierige finanzielle Rahmenbedingungen und nicht planbare Herausforderungen werden auf den Kreis zukommen. Investiert werden soll im nächsten Jahr aber dennoch.

Gerne hätte sich Erster Kreisbeigeordneter und Finanzdezernent Jens Mischak getäuscht, als er im vergangenen Jahr die Haushaltsrede unter die Überschrift „die fetten Jahre sind vorbei“ stellte – doch dem ist nicht so. „Heute haben wir seit einem dreiviertel Jahr Krieg in Europa, etwas, das sich vor einem Jahr wohl niemand hier im Raum hätte vorstellen können“, erklärte Mischak bei der Einbringung des Etatentwurfs 2023 in der Kreistagssitzung im Wartenberger Oval.

Mit allen daraus resultierenden Belastungen und Verwerfungen sei zum derzeitigen Stand davon auszugehen, dass das Jahresergebnis schlechter werde – wenn auch dank wirksamer Hilfen von Bund und Land zunächst nur moderat. Dennoch Ergebnis- und Finanzhaushalt weisen Fehlbeträge auf, betonte der Finanzdezernent, weshalb er den Haushalt dieses Mal unter die Überschrift „Krise und kein Ende?“ stellte. Mischak ist sich sicher, dass sich die sehr schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Jahren fortsetzen werden.

„Daher bringe ich auch heute keinen Doppelhaushalt ein, es ist schon anspruchsvoll genug, belastbare Prognosen für ein ganzes Jahr zu treffen“, betonte er. Dennoch wollte Mischak mit seiner Rede verdeutlichen, dass die Kernaufgabenbereiche wie Schule, Gesundheit, Wirtschaft und Soziales, weiterhin kraftvoll wahrgenommen würden und der Kreis auch die Digitalisierung und den Klimaschutz weiter voranbringen wolle.

Ergebnishaushalt und Finanzhaushalt könnten in 2023 nicht mehr jahresbezogen ausgeglichen werden, „die mittelfristige Finanzplanung zum vorjährigen Haushalt hatte uns auf dieses Szenario vorbereitet“, erklärte er. Ein Fehlbedarf im Ergebnishaushalt von 3,6 Millionen Euro könne aus Rücklagen durch Überschüsse der Vorjahre kompensiert werden.

Keine Erhöhung der Kreisumlage

Problematisch sei, dass diese nur im geringfügigen Umfang mit liquiden Mittel hinterlegt seien und der Kreis für die Deckung des Defizits im Finanzhaushalt in Höhe von 2,7 Millionen Euro darauf vertrauen müssen, dass er dieses Geld im laufenden Haushaltsjahr erwirtschafte. „Aktuell scheint das gerade so aufzugehen, sodass wir, soviel will ich vorwegnehmen, wenigstens auf eine Erhöhung der Kreisumlage verzichten können“, betonte Mischak.

Dies gehe aber auch nur deswegen, weil der Kreis im Haushalt damit plane, eine Zahlung an die Hessenkasse in Höhe von 2,68 Millionen Euro auszusetzen. Obwohl man also in beiden Haushaltsteilen – Ergebnishaushalt und Finanzhaushalt – einen Fehlbedarf ausweise, bleibe dem Kreis ein qualifiziertes Haushaltssicherungskonzept erspart, weil der Finanzplanungserlass die schwierige Haushaltssituation der Kommunen erkenne und die Pflicht dazu etwas lockere.

Der Kreis stehe im kommenden Jahr, so wie auch Privathaushalte, vor großen Herausforderungen – insbesondere die des Krieges: Energieknappheit, Lieferengpässe und Inflation. „Aufgrund unserer Zuständigkeit für Flüchtlinge fordert uns der Ukrainekrieg natürlich ganz besonders“, so Mischak.

Nicht nur die Unterbringung und Versorgung der aus der Ukraine flüchtenden Menschen, auch die wieder deutlich ansteigenden Fluchtbewegungen vor allem aus anderen Regionen der Welt bringen den Kreis inzwischen an seine organisatorischen, personellen und finanziellen Grenzen.

In seiner Rede ging Mischak auch auf die derzeitige Flüchtlingssituation ein – unter anderem auf das erst kürzlich errichtete Container-Dorf in Alsfeld. „Die dort entstandene Kapazität dürfte in wenigen Wochen erschöpft sein. Die Finanzierung dieser bundes- und landesgesetzlich geregelten Pflichtaufgabe ist indes bis dato nicht annähernd hinreichend geregelt“, betonte er.

„Angesichts der schon erwähnten, nicht planbaren Herausforderungen kann man mit dem bisherigen Verlauf des Haushaltsvollzugs durchaus zufrieden sein. Nachdem wir in 2021 bereits eine Ergebnisverschlechterung von rund eine Million Euro verbuchen mussten, erwarten die Budgetverantwortlichen für das zu Ende gehende Haushaltsjahr eine zusätzliche Belastung von etwa 1,4 Millionen Euro“, erklärte der Finanzdezernent.

Die Zahlen des Entwurfs 2023

Der Ergebnishaushalt weist bei geplanten Erträgen von rund 236 Millionen Euro und Aufwendungen von 239, 5 Millionen Euro einen Fehlbedarf von 3,6 Millionen Euro aus. Im Finanzhaushalt summieren sich die Einzahlungen für Verwaltungstätigkeit, Investitionen und Kredite jeweils auf rund 243,6 Millionen Euro bei Auszahlungen von 246,3 Millionen, der Liquiditätsbestand nimmt demnach um knapp 2,7 Millionen ab.

Auch auf die Inhalte dieser Zahlen ging Mischak kurz ein. Im Aufgabenspektrum „Jugendhilfe und soziale Sicherung“ wendet der Kreis im kommenden Jahr etwas mehr als 158 Millionen Euro und damit unverändert genau zwei Drittel des Gesamtvolumens auf. Im zweiten großen Aufgabenblock schulische Aufgaben will der Kreis für laufende Kosten im kommenden Jahr 58,8 Millionen Euro in die Hand nehmen, das sind rund 25 Prozent aller geplanten Aufwendungen.

„Allein für Sachaufwand müssen wir fast sieben Millionen Euro mehr als im Vorjahr einplanen. Ursächlich sind vor allem die explodierten Energiekosten und gestiegen Kosten für die Unterhaltung der Schulgebäude“, erklärte er. Die Energieversorgungsaufwendungen würden von 2,7 Millionen Euro auf rund sieben Millionen Euro steigen.

Auch die Gesundheitsdienste kosten Geld. Der Jahresaufwand liegt hier, so Mischak, bei 10 Millionen Euro, das negative Jahresergebnis bei 9,8 – und zwar mit dem Schwerpunkt Sicherung der Krankenhausversorgung in Alsfeld. „Eine hohe finanzielle Belastung für unsere Finanzen bleibt das Kreiskrankenhaus in Alsfeld, das aber – ich will das ausdrücklich betonen – dennoch unverzichtbar für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im nordwestlichen Teil unseres weiträumigen Landkreises ist. Wir gleichen als Alleingesellschafter seit Jahren die im Betrieb entstandenen Fehlbeträge mit zweijähriger Verzögerung aus“, erklärte der Erste Kreisbeigeordnete.

Die Bereiche „öffentliche Sicherheit und Ordnung“, „Bauen, Wohnen und Verkehr“ „Natur- und Landschaftspflege“, „Landwirtschaft, Wirtschaft und Tourismus“ sowie „Kultur, Erwachsenenbildung und Sport“ werden ebenfalls finanziell berücksichtig. Welche konkreten Aufgaben jeweils in diesen Bereichen erledigt  und wofür die veranschlagten Mittel eingesetzt werden, darauf ging Mischak aus zeitlichen Gründen nicht ein.

Investitionen

Dafür nannte der Finanzdezernent aber ein paar Investitionen, die der Kreis tätigen wird.  „Wir beenden in 2023 wie im Investitionsprogramm vorgesehen die Baumaßnahme Neubau Gesamtschule Schlitz mit der Fertigstellung der Außenanlage“, erklärte er. Ebenso soll der erste Bauabschnitt in der Oberwaldschule in Grebenhain fertiggestellt werden und die Vorbereitungen für die weiteren Bauabschnitte beginnen. An der Vogelsbergschule in Lauterbach werde unterdessen die Sanierung des Bereichs Metalltechnik aus Eigenmitteln fortgesetzt, damit die Maßnahme im kommenden Jahr abgeschlossen werden kann.

Darüber hinaus soll aber nicht nur weiter in die Schulen investiert werden, sondern auch in das Kreisstraßennetz. Darunter fällt beispielsweise der Ausbau der Ortsdurchfahrt von Büßfeld, aber auch für weitere Kreisstraßen liegen bereits die Bewilligungsbescheide vor. Investitionen sind auch im Bereich der allgemeinen Verwaltung geplant – hierzu zählen unter anderem die Fortführung der Digitalisierung sowie die Umsetzung ihres Auftrags, den Fuhrpark auf Elektroantrieb umzurüsten.

„Wenn ich die vorgesehenen Investitionen stets unter der Prämisse des für uns Leistbaren betrachte, geht es mir darum, eine weitere Nettoneuverschuldung zu vermeiden“, betonte Mischak, der abschließend noch der Verwaltung dankte und festhielt, dass der Haushaltentwurf 2023 folgende Signale sende: „wir können Krise, wir schauen nach vorne und wenn es nötig ist, packen wir an.“

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