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Wegen BrandstiftungZwei Jahre und sechs Monate Haft für 21-Jährigen aus Ulrichstein

ULRICHSTEIN (akr). Anfang Juni vergangenen Jahres brannte im Ulrichsteiner Ortsteil Wohnfeld eine Lagerhalle mit rund 600 Strohballen. Verantwortlich dafür ist ein 21-Jähriger aus dem Dorf. Er wurde am Mittwoch wegen Brandstiftung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten vor dem Alsfelder Amtsgericht verurteilt.

Es war nicht sein erster Besuch vor Gericht, insgesamt sieben Mal musste sich der 21-Jährige aus Wohnfeld bereits vor Gericht verantworten, unter anderem wegen Bedrohung, Diebstahl, Sachbeschädigung, Einbruch oder Fahren ohne Fahrerlaubnis, um nur einige Beispiele zu nennen. An diesem Mittwoch erhielt er seine bislang höchste Strafe: Zwei Jahre und sechs Monate Haft, denn dieses Mal stand er als Erwachsener vor Gericht.

Zwei Anklagepunkte waren es, die ihm an diesem Tag von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt wurden. Zum einen war es eine versuchte schwere Brandstiftung. Ihm wurde vorgeworfen am 29. Oktober 2021 in Ulrichstein versucht zu haben, sein Wohnhaus in Brand zu setzen. Genauer gesagt wollte er sich das Leben nehmen, „weil ich echt viele Anklagen hatte“, erklärte der 21-Jährige. Er habe Angst vor dem Gefängnis gehabt.

Er hinterließ laut Staatsanwalt Alexander Hahn auf dem Küchentisch einen handgeschriebenen Abschiedsbrief, begab sich in den Waschkeller, legte auf einem Shisha-Kohlegrill Bettwäsche ab und schaltete ihn ein. Schnell kam es zu einer starken Rauchentwicklung und der Wohnfelder entschied, doch nicht sterben zu wollen und verließ das Haus.

Brand in Wohnfeld: 70 Feuerwehrkräfte im Einsatz

Als seine Mutter schließlich nach Hause kam, bemerkte sie den starken Rauch und alarmierte die Rettungskräfte. Der Angeklagte räumte die Tat ein, genauso, wie der Staatsanwaltschaft sie schilderte. Verletzt wurde dabei zum Glück niemand und auch ein Gebäudeschaden blieb aus. Es kam lediglich zu einer starken Rußbildung im Waschkeller.

Über die Hintergründe seines Suizidversuchs schwieg der Angeklagte. „Ich war halt einfach dumm“, sagte er. Weitere Angaben wollte er diesbezüglich nicht machen. Noch während der Verhandlung wurde dieser Anklagepunkt auf Antrag der Staatsanwaltschaft fallen gelassen. Es sei kein Schaden entstanden und die Mutter des Angeklagten, die als Zeugin geladen war, wollte ihn nicht belangen.

Lagerhalle mit rund 600 Strohballen in Brand gesetzt

Zum anderen wurde ihm an diesem Mittwoch auch eine weitere Brandstiftung vorgeworfen. Am 2. Juni 2022 soll er eine Lagerhalle mit 600 Strohballen vorsätzlich in Brand gesetzt haben. Dabei sei ein Sachschaden in Höhe von 180.000 Euro entstanden. In seiner Einlassung wollte der 21-Jährige zunächst nichts zu diesem Vorwurf sagen, doch nur einige Zeit später gab er die Tat dann doch noch vor Gericht zu.

Bei der Polizei im Oktober vergangenen Jahres hatte er das bereits getan, wie der Brandermittler, Zeuge Z., erzählte. „Der Beschuldigte rief mich an und bat um einen Vernehmungstermin“, berichtete Z. Dort habe er für beide Tatvorwürfe ein Geständnis abgelegt. Er habe „reinen Tisch“ machen wollen, weil er den Druck nicht mehr ausgehalten hätte, erzählte der Brandermittler. Einen Grund für die Tat nannte der 21-Jährige bei der Vernehmung, als auch vor Gericht nicht – es habe nämlich keinen gegeben. Er würde sich zwar gerne Feuer ansehen, das sei aber nicht sein Motiv gewesen. Der Angeklagte könne es sich selbst nicht erklären. „Weil ich dumm bin“, sagte er auch hier.

Zudem sei er auch „ziemlich betrunken gewesen“, als er die Strohballen angezündet habe, wie er über seinen Verteidiger Klaus-Bernd Schaal verlauten ließ. Dass der Vater von drei Kindern ein schwieriges Verhältnis zum Alkohol hat, gab der Angeklagte selbst zu. „Ich trinke fast täglich“, sagte er. Als Alkoholiker würde er sich aber nicht bezeichnen, „sieben bis acht Bier am Tag, harter Alkohol nur am Wochenende.“

Mittlerweile sei das aber auch viel weniger geworden, wie seine Mutter berichtete. Wieso ihr Sohn immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommt, konnte sie sich nicht erklären. Ihrer Meinung nach habe ihr Sohn eine ganz normale Kindheit gehabt, ohne Auffälligkeiten. „Nachdem mein Mann uns verlassen hat, ist er in eine Richtung gerutscht, in die er nicht rutschen sollte“, erzählte sie. Die meisten Straftaten beging er allerdings schon davor.

Keine verminderte Schuld

Geladen war an diesem Tag auch ein Sachverständiger, der ein psychiatrisches Gutachten erstellt hatte. Eine psychologische Testung habe ergeben, dass der Angeklagte eine niedrige Intelligenz habe, sein IQ zwischen 69 und 79 liege. „Das ist unterer Bereich einer Lernbehinderung“, betonte er. Eine geistige Behinderung liege nicht vor. Darüber hinaus sei ihm auch die Impulsivität des Angeklagten aufgefallen.

Ein „Pyromane“ sei der 21-Jährige nicht, er würde diesbezüglich keine Merkmale wie beispielsweise starke Erregung aufweisen. Der Sachverständige erklärte abschließend, dass er bei dem Angeklagten keine verminderte Schuld feststellen könne und dass bei ihm die Gefahr, wieder etwas „mit Feuer anzustellen“, größer sei, als bei anderen Menschen.

Als letzter Zeuge nahm der Landwirt, dessen Halle und Strohballen brannten, im Zeugenstand Platz. Da der 21-Jährige die Tat einräumte, konnten die übrigen sieben geladenen Zeugen nach Hause geschickt werden, weil sie für die Beweisaufnahme nicht benötigt wurden.

Der Landwirt, der bei dem Brand einen Sachschaden von rund 180.000 Euro erlitt und sich seitdem im ständigen Hin und Her mit der Versicherung befindet, hat mit dem Folgen der Tat sichtlich zu kämpfen – sowohl finanziell, als auch psychisch belaste ihn das sehr. „Ich hänge in der Luft“, sagte er, ehe die Verhandlung kurze Zeit später unterbrochen werden musste, weil der Landwirt seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

Dieses schreckliche Erlebnis wiederholte sich nämlich Anfang des Jahres. Wieder standen 350 seiner Rundballen in Flammen. Auch hier wurde der Angeklagte von der Polizei befragt. Er habe gesagt, dass er „nicht so blöd sei und die Halle zwei Mal in Brand steckt“. Beweise, dass auch diese Tat auf seine Kappe gehen könnte, gibt es nicht.

Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafe, Verteidigung Bewährung

Staatsanwalt Hahn forderte für den Angeklagten eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Er bezeichnete die Tat nicht nur einmal als „völlig sinnfrei“. Zwar sei es zu seinen Gunsten, dass er die Tat gestanden hat, denn dadurch habe er eine gewisse Einsicht gezeigt, aber gegen ihn spreche unter anderem sein enormes Vorstrafenregister. „Ich will ihm nichts Böses, aber ich kann hier keine günstige Sozialprognose stellen“, erklärte Hahn und schlug vor, dass der Angeklagte im Gefängnis – auch wenn er Leute nicht gerne ins Gefängnis schicke – eine Ausbildung anfangen könnte. „Das Gefängnis könnte durchaus eine Chance sein.“

Sein Verteidiger Schaal plädierte hingegen auf Bewährungsstrafe. Er sei schon mal zur Bewährung verurteilt worden, was „wunderbar“ verlaufen sei. Darüber hinaus habe er auch ein zwei Monate altes Kind, das nicht ohne den Vater aufwachsen solle. „Das ist eine schwache Argumentation, das gebe ich zu“, sagte er. Auch Schaal konnte nach eigener Aussage nicht nachvollziehen, was seinen Mandaten zu dieser Tat bewogen hat.

Der Vorsitzende Richter Bernd Süß verurteilte den 21-Jährigen schließlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. In seinem Urteil hob der Richter nicht nur die „verheerenden finanziellen Folgen“ für den Landwirten hervor, sondern auch die psychischen, mit denen er zu kämpfen habe – was man auch an diesem Tag gesehen habe. „Für das Gericht ist es intellektuell nicht nachvollziehbar, warum sie die Tat begangen haben“, betonte Süß, für den diese Motivlosigkeit erschreckend sei. Auch wenn Süß ebenfalls nicht gerne Menschen ins Gefängnis schicke, entschied er sich dieses Mal aber dafür.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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