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Verein Stadtbild Deutschland fordert weitere SicherungsmaßnahmenKirchplatz 10: Kreis will schiefen Schornstein abtragen lassen

ALSFELD (ls). Zehn Maßnahmen sind es, die Jan-Patrick Wismar fordert, um das Haus am Alsfelder Kirchplatz vor dem Verfall zu retten – vom Eigentümer und zur Not auch vom Kreisbauamt. Das kündigt mit dem Abtrag des schiefen Schornsteins eine weitere Maßnahme an, sieht darüber hinaus aber aktuell keinen weiteren Handlungsbedarf.

Alsfelds Problemhaus am Kirchplatz 10 sorgt weiterhin für Verärgerung – jedenfalls bei Jan-Patrick Wismar, dem Vorsitzenden des mittelhessischen Regionalverbandes vom Verein Stadtbild Deutschland. In einem Brief am das Kreisbauamt macht er nochmal auf den desolaten Zustand des Gebäudes aufmerksam. „Eine Gefährdung des Denkmals ist offensichtlich“, erklärt er darin. Eine Sanierung seitens des Eigentümers sei seiner Meinung nach weder absehbar noch geplant, stattdessen komme dieser seiner Instandhaltspflicht nicht nach. In einem weiteren Zeitverzug, so Wismar, sehe er nicht nur immense Kosten, sondern auch eine weitere Schädigung der Gebäude-Substanz.

„Wir sollten nun zügig geschlossen miteinander arbeiten. Ich sehe seitens des Eigentümers weder eine psychische noch eine finanzielle Zumutbarkeit der Gebäudesanierung. Auch eine Einigung durch Verhandlung oder Dialog ist hier nicht mehr gegeben“, erklärt er.

Wismar appelliert an das Kreisbauamt zehn Maßnahmen „gemäß dem Gutachten des Amtsgerichts Alsfeld“ anzuordnen, um das Gebäude zu retten – und das binnen einer Quartalsfrist. Auch fordert er im weiteren Verlauf des Schreibens eine Enteignung zu prüfen.

Neben der Abdichtung aller Fenster durch Spanplatten bzw. Folie, der Abdeckung jeglicher, im Fachwerkgerüst offenliegender Stellen durch Schutzfolie und der Abdeckung des Daches, soll die Standsicherheit des Gebäudes geprüft werden sowie die Stützbalken zum Kirchplatz hin, brüchige Fassadenteile sollen durch Netze gesichert werden, der Schornstein abgebaut, Standsicherheit zur Kaplaneigasse geprüft, das Haus vor dem Eindringen von Ungeziefer geschützt werden und Dachrinnen und Fallrohren sollen angebracht werden, um weiteres Eindringen von Wasser in das Gebäude zu verhindern. So jedenfalls, wenn es nach Wismar geht. Das Kreisbauamt sieht das allerdings ein bisschen anders.

Kreisbauamt sieht aktuell keine Gefährdungssituation

„Die Forderungen wurden inhaltlich und rechtlich geprüft“, heißt es aus der Kreisverwaltung auf Anfrage von OL. Einer Forderung komme das Kreisbauamt nach: der schief stehende Schornstein wird im Rahmen einer bauaufsichtlichen Ersatzvornahme in den nächsten Tagen zurückgebaut. Die Fachfirma habe hierzu bereits einen Auftrag von der Kreisverwaltung erhalten und werde die Arbeiten umgehend, also sobald es die Witterungslage zulässt, durchführen. Die hierbei entstehenden Kosten werden dem Eigentümer in Rechnung gestellt. „Aktuell besteht darüber hinaus keine Gefährdungssituation, die weitere bauaufsichtliche Maßnahmen erfordert“, erklärt der Kreis.

Ordnungsbehördliches Handeln sei an verwaltungsrechtliche Vorschriften gebunden und habe sowohl die Pflichten des Eigentümers als auch dessen Rechte zu berücksichtigen. Das betreffe auch die Art und den Umfang der anzuordnenden Maßnahmen als auch die Fristen. Hierbei seien stets die gültigen Rechtsgrundlagen, aktuelle Gefährdungslage sowie die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu berücksichtigen und zu dokumentieren. Die denkmalschutzrechtlichen Ersatzvornahmen setzen eine „unmittelbare Gefahr für den Bestand des Denkmals“ voraus. Das sei aktuell nicht gegeben, heißt es weiter. Das liege mitunter an den bereits getroffenen bauaufsichtlichen Sicherungen, die am Gebäude bereits getätigt wurden.

Bislang erfolgten die als Ersatzvornahme in 2018 durchgeführten statischen Sicherungsmaßnahmen der Fachwerkkonstruktion bauaufsichtlich. Diese seien auf die Dauer von acht bis zehn Jahren ausgelegt. In dieser Woche wurde vom Eigentümer der Nachweis über die Standsicherheit der Sicherung ordnungsbehördlich angefordert. So sind beispielsweise alle Bolzen und Klötze auf einen festen Sitz zu überprüfen. „Sollte der Eigentümer diesen Nachweis nicht fristgerecht vorlegen, wird die Vorlage baurechtlich mit der Androhung einer Ersatzvornahme (d. h. von der Unteren Bauaufsichtsbehörde beauftragten Prüfung durch eine nachweisberechtigte Person) verfügt“, erklärt das Bauamt.

Auch wenn eine Enteignung denkmalrechtlich zugunsten des Landes Hessens, des Vogelsbergkreises oder der Stadt Alsfeld auf Antragstellung des Denkmalfachamtes möglich sei, sei sie das letzte Mittel. Das heißt: Zunächst müssen alle anderen Möglichkeiten erfolglos durchgeführt werden. Hierzu zählt auch das städtebauliche Instandsetzungsgebot. Diese Möglichkeit hat die Stadt Alsfeld zum Erhalt einer „baulichen Anlage aufgrund geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung“, wenn Mängel durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinflüsse oder Einwirkungen Dritter besteht.

Außerdem, so heißt es in der Stellungnahme, hat die Kreisverwaltung Kontakt mit der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Köthen in Sachsen-Anhalt aufgenommen, wo der Eigentümer von Kirchplatz 10 vergleichbare Objekte besitzt. „Die dortige Einschätzung und Vorgehensweise ist identisch“, erklärt der Kreis. Mit Jan-Patrick Wismar soll es nun ein gemeinsames persönliches Gespräch geben.

3 Gedanken zu “Kirchplatz 10: Kreis will schiefen Schornstein abtragen lassen

  1. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus. Herr Wismar hat in der OZ vom 25.01. unter anderem gefordert das Gebäude abzutragen und irgendwo einzulagern bis Klarheit besteht wer das Gebäude neu aufbaut.

    Der Vorschlag diese Ruine abzutragen und einzulagern ist eine Frechheit gegenüber dem Steuerzahler der für diese Irsinnskosten aufkommen müsste.

    Das in diesem Artikel genannte angebliche Gespräch mit der zuständigen Ministerin Frau Dorn nutzt er nun dazu die Stadt Alsfeld unter Druck zu setzen. Natürlich musste das Bauamt dafür Sorge tragen, dass diese Ruine gesichert ist und niemand zu Schaden kommt. Das ist ja auch gut und verantwortungsvoll umgesetzt worden.
     
    Herr Wismar, nutzen sie ihr Hirn nicht mal nur dazu um über Denkmäler nachzudenken, sondern machen sie sich auch mal Gedanken darüber welche Kosten Städte wie Alsfeld und deren Bürger in diesen Zeiten sowieso schon stemmen müssen.
    Sollte es dazu kommen, dass auch nur ein Euro Steuergeld in diese Ruine investiert werden soll, dann hoffe ich dass sich die Alsfelder Bürger dagegen wehren. Ich wäre dabei.

    Ach noch was:
    Herr Wismar, sie haben überhaupt nichts zu fordern oder die Stadt Alsfeld in der Presse unter Druck zu setzen. Sie können höchstens mal höflich einen vernünftigen Vorschlag machen.

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    1. Bert, was tun Sie für den Erhalt des Hauses? Mal Butter bei die Fische, als nur andere kritisieren.

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      1. Das kann ich ihnen sagen: Ich tue gar nichts für den Erhalt. Denkmalschutz ist am richtigen Platz gut und richtig. Aber wenn ein Gebäude so baufällig ist wie dieses gehört es schlichtweg abgerissen. Ich kann ein Gebäude seitens der Stadt nicht wieder aufbauen wenn die Kosten so unverhältnismäßig hoch sind wie hier.
        Sollte sich ein Privatinvestor finden der diesen Irrsinn bezahlt, bitte schön. Nochmal: Dieses Projekt darf nicht durch den Steuerzahler finanziert werden. Das Geld wird woanders dringender gebraucht. Nur darum geht es mir.

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