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Verabschiedung von Birgit Richtberg und Amtseinführung von Hauke Schmehl„Es ist mir nie schwergefallen, Bürgermeisterin zu sein“

ROMROD (akr). Viele Tagesordnungspunkte waren es nicht, die am Dienstagabend auf der Agenda der Romröder Stadtverordnetenversammlung standen. Doch sie waren von zentraler Bedeutung für die Schlossstadt, denn Birgit Richtberg wurde nach 18 Jahren als Rathauschefin von Romrod offiziell verabschiedet, während ihr Nachfolger Hauke Schmehl ins Amt eingeführt wurde.

Es waren nicht nur die Stadtverordneten und Mitglieder des Magistrats, die sich an diesem Dienstagabend zur Sitzung der Romröder Parlamentarier im Bürgerhaus in der Zeller Straße versammelten, sondern weit mehr als 100 Menschen, darunter auch viele Vogelsberger Bürgermeister und Politiker – sogar die Posaunenchöre aus Ober-Breidenbach und Angenrod waren da.

Kein Wunder, denn schließlich stand keine gewöhnliche Stadtverordnetenversammlung auf dem Programm. Die Sitzung stellte nämlich lediglich den formalen Rahmen für gleich zwei besondere Festakte: Die Verabschiedung von Bürgermeisterin Birgit Richtberg und die Amtseinführung und Vereidigung ihres Nachfolgers Hauke Schmehl.

Viele Reden gab es nicht. Das hatte sich die scheidende Bürgermeisterin gewünscht. Als Alternative zu den Ansprachen stand im Bürgerhaus eine Fotobox bereit, wo sich die Gäste mit einem Schnappschuss und ein paar Zeilen für die langjährige Rathauschefin verewigen konnten. Eine Laudatio durfte aber nicht fehlen – und die übernahm Richtbergs langjähriger Weggefährte, ihr ehemaliger erster Stadtrat Holger Schopbach, der wie er sagte mit großem Stolz erfüllt sei, weil er als „rotangehauchter“ diese Aufgabe übernehmen durfte.

Holger Schopbach übernahm an diesem Abend die Laudatio.

In seiner Laudatio ging Schopbach zunächst auf die „nackten Tatsachen“ ein, Richtbergs Kindheit, ihr Studium und beruflicher Werdegang – immer untermalt mit vielen privaten Schnappschüssen der Bürgermeisterin. Und dann natürlich auch auf die politischen Verhältnisse in Romrod, als die Schlossstadt „rot regiert“ wurde und auch im Stadtparlament die gleiche Farbe herrschte.

Eine zähe und harmoniebedürftige Frau

Doch die Bürgermeisterin, die 2018 in die CDU eintrat und die man damit „an die dunkle Seite der Macht verlor“, wie Schopbach scherzte, konnte sich in der SPD-Hochburg von damals beweisen, dabei habe ihr eine herausragende Eigenschaft geholfen: „Birgit ist zäh“, betonte er. Da sie darüber hinaus ein sehr harmoniebedürftiger Mensch sei, habe sie Wogen relativ schnell glätten können. „Dazu trug auch stets ihre offene Amtsführung bei, es gab keine Geheimnisse oder Mauscheleien hinter verschlossenen Türen.“

Auch die Projekte und Erfolge hob der Redner in seiner Laudatio hervor. Sei es das Mehrgenerationenhaus, die Aufnahme in die Zukunftswerkstatt, der Gemeindeverwaltungsverband oder aber auch das ehemalige „LuWia“, das manch einer schon als Bauruine im Zentrum und als finanzielles Desaster für Romrod gesehen hatte, als der potentielle Pächter kurzerhand per Fax abgesprungen war. Doch auch hier habe Richtbergs zähe Art und Ausdauer letztendlich dazu geführt, dass ein neuer, erfahrener Betreiber gefunden wurde.

Viele politische Weggefährten nahmen an der Verabschiedung und Amtseinführung teil.

„Das alles kann aber nicht ohne Nachwirkungen an einem Menschen vorbei gehen“, wurde Schopbach ernster. Richtberg habe nämlich feststellen müssen, dass ihr der kontinuierliche Stress mehr zugesetzt hatte, als erwartet. In diesem Zusammenhang betonte Schopbach, dass jeder gut beraten sei, den Warnruf des eigenen Körpers ernst zu nehmen.

In einem etwas lockereren Teil der Rede kam Schopbach dann auf einen „netten Plausch“ mit den „Mädels aus der Stadtverwaltung“ zu sprechen. Dabei seien einige Dinge zu Tage befördert worden. So habe zum Beispiel ein Satz der Bürgermeisterin bei den Mitarbeitern immer einen starken Fluchtreflex ausgelöst: „Ich hätte da noch eine schöne Idee.“ Einen ähnlichen Reflex habe es bei „Es müsste dann mal jemand … “ gegeben.

Der Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei aber herzlich gewesen. „Du bist schlimmer als eine Schmeißfliege“ seien dabei noch die freundlicheren Worte gewesen, scherzte Schopbach. Man habe viel miteinander gelacht und geflucht, Richtberg war laut ihren Kolleginnen stets ein „Quell unerschöpflicher Ideen“ und hob sich durch ihr strategisches Denken und ihre persönliche Ebene hervor.

Ein Blick in die Runde.

„Birgit Richtberg hinterlässt trotz Schuhgröße 39 große Fußabdrücke für ihren Nachfolger Hauke Schmehl. Wir alle haben ihr viel zu danken und werden sie in ihrem Amt als Bürgermeisterin vermissen“, betonte der Laudator zum Abschluss, ehe der derzeitige erste Stadt Thilo Naujok Richtberg die Urkunde überreichte.

Richtberg bedankte sich herzlich, auch für die Laudatio ihres langjährigen Weggefährten. Sie habe es nicht gern, wenn man viel über sie spricht, das falle ihr schwer. „Aber es ist mir nie schwergefallen, Bürgermeisterin zu sein“, lächelte sie. Sie war es immer wieder gerne, weil es ihr die Menschen wert waren, sagte sie. „Es war immer mein Antrieb dafür zu sorgen, dass es für die Menschen in Romrod gut läuft“, betonte sie – dafür habe sie sich gerne eingesetzt.

Ein Abschied nach 18 Jahren

Ehrenbürgermeisterin der Stadt Romrod

Eigentlich sollte im Anschluss die Amtsübergabe stattfinden, doch die Stadtverordneten und Stadträte hatten noch eine Überraschung für die scheidende Rathauschefin – und zwar einen Antrag, und das obwohl sie eigentlich versprochen hatten, keine einzubringen.  Es handelte sich aber um einen Vorgang, den Richtberg vom Herzen verdient habe: Die Auszeichnung zur Ehrenbürgermeisterin der Stadt Romrod.

Aus der scheidenden Bürgermeisterin wurde die Ehrenbürgermeisterin von Romrod.

„Das ist das, was du verdient hast“, sagte CDU/FWG-Fraktionsvorsitzender Kai Habermann stellvertretend für alle Stadtverordneten und Magistratsmitglieder. „Wehe es redet mich einer mit Frau Ehrenbürgermeisterin an“, lachte sie – dann würde sie nämlich bestimmt rot werden. „Ich bedanke mich ganz herzlich für die Auszeichnung“, damit habe sie nicht gerechnet. Jetzt müsse sie so langsam aufpassen, dass sie die Fassung bewahre, betonte Richtberg sichtlich gerührt.

Nach der Ehrung ging es zugleich zum zweiten feierlichen Akt über: Christdemokrat Hauke Schmehl, der sich am 28. November vergangenen Jahres mit 65,13 Prozent im ersten Wahlgang gegen seine Mitbewerber Ingo Schwalm und Holger Feick durchsetzen konnte, wurde durch Stadtverordnetenvorsteherin Christiane Schlitt offiziell in das Amt des neuen Romröder Bürgermeisters eingeführt. Schlitt wünschte Schmehl in seinem neuen Amt ab dem 1. April Inspiration, Mut, Weitsicht und Visionen. „Ich bin überzeugt davon, dass sie alle erforderlichen Eigenschaften mitbringen, um ihr Amt erfolgreich und zum Wohle unserer Stadt auszufüllen“, betonte die Stadtverordnetenvorsteherin.

Hauke Schmehl während des Amtseides.

Schmehl: „Für mich beginnt ein neues Leben“

So feierlich dieser Abend auch war, das Leid in der Ukraine blieb nicht vergessen: „Unsere Gedanken sind bei denen, die auf der Flucht sind, um die Freiheit zu erreichen, die wir als selbstverständlich erachten“, betonte Schmehl zu Beginn seiner Rede. Ihm persönlich sei es ein besonderes Anliegen, den Geflüchteten zu helfen und auch Romrod werde einen großen Teil dazu beitragen. Er bat auch weiterhin um die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger, die derzeit schon groß sei, was ihn sehr stolz mache.

Der neue Bürgermeister bedankte sich schließlich bei seiner Familie, seinen Freunden und Wegbegleitern für die Unterstützung. Sein Dank galt auch dem Land Hessen. 25 Jahre habe er bei der Polizei gearbeitet und mit Stolz den hessischen Löwen auf dem Ärmel getragen. Den hessischen Löwen nehme er nun zum Glück mit, denn im Stadtwappen von Romrod findet sich dieser wieder, was ihm, so Schmehl, weiteren Halt in der Zukunft gebe.

Die Stadtverordneten.

„Ganz ehrlich, für mich beginnt heute ein neues Leben. Ein altes ist beendet, ich fange aber nicht bei Null an“, hob Schmehl hervor und ging auf sein ehrenamtliches und kommunalpolitisches Wirken in der Schlossstadt ein. Dass er seit einigen Jahren das politische Leben mitgestalten durfte, sei ihm so wichtig gewesen, dass er dies hauptberuflich machen wollte – und das wird er ab dem 1. April auch. Er betonte, dass er in seinem Leben viel Glück gehabt habe und dieses Glück nun als Bürgermeister von Romrod zurückgeben möchte. „Ich brenne drauf, jetzt geht es endlich los, das Warten hat ein Ende, ich bin bereit“, freute sich Schmehl darauf, gemeinsam mit den Romrödern die nächsten sechs Jahre zu gestalten.

Abschied, von einem ganz wichtigen Teil ihres Lebens

„Es geht mir das Herz auf, wenn ich sehe, wie viele heute Abend gekommen sind. Das ist ein ganz großes Geschenk für mich“, freute und bedankte sich die scheidende Bürgermeisterin in ihrem Schlusswort. Das alles, was sie erlebt habe, sei nämlich ohne die ganzen Menschen, die an diesem Abend erschienen sind, nicht möglich gewesen. Sie stehe nun hier mit schwerem Herzen. Schwer, weil es ein Abschied sei von einem ganz, ganz wichtigen Teil in ihrem Leben. „Schwer aber auch, weil es so voll ist, mein Herz. Erfüllt von allem, was heute Abend geschehen ist: von den guten Worten, dem Lob und der völlig unerwarteten Ehrung.“

Eine kleine Geste als Zeichen ihrer Dankbarkeit.

Sie platze vor Erinnerungen an 18 Jahren Bürgermeisterin-Leben, sagte sie und gab natürlich auch einen Einblick in das, was sie in all den Jahren so erlebt hat. Von den Romröder Verhältnissen zu Beginn ihrer Amtszeit und wie man es gemeinsam geschafft habe, die kleine Stadt voranzubringen, immer fair und mit einem ganz besonderen Miteinander. „Gemeinsam haben wir viele Dinge verwirklicht, von denen wir überzeugt waren“, betonte Richtberg, die sich für all das ehrenamtliche Engagement der Stadtverordneten und Stadträte herzlich bedankte.

Auch Worte über die Alltagshelden, also die lieben Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung mit allen Abteilungen, des Gemeindeverwaltungsverbandes und des städtischen Bauhofs, durften bei Richtberg nicht fehlen. „Ich danke euch vom ganzen Herzen. Ich konnte euch immer und vorbehaltlos vertrauen. Es gab bei uns wirklich keine verschlossenen Türen und keine Geheimnisse – und dafür war ich total dankbar.“ Sie ist sich sicher, dass ihre Mitarbeiter es nicht immer leicht mit ihr hatten, weswegen sie es umso mehr zu schätzen wisse.

„Mit keinem anderen Team hätte ich lieber arbeiten wollen und ihr wart ein guter Grund, dass ich fast jeden Tag gerne zur Arbeit gekommen bin und aus mal geplanten sechs Jahren dann doch 18 Jahre als Bürgermeisterin geworden sind“, betonte sie. Diese 18 Jahre seien aber nur dank ihrer Familie möglich gewesen, die dieses „Abenteuer“ mitgemacht habe. Dazu zählt auch ihr „unvergleichlicher, bester aller Ehemänner“, der schon lange zu ihr halte, auch wenn sie nicht immer einer Meinung seien.

Richtberg wünschte ihrem Nachfolger alles Gute für die Zukunft.

Die Berufung Bürgermeisterin sei nie ein Acht-Stunden-Job für sie gewesen, dennoch habe sie es nicht missen wollen. „Alles war möglich, weil ich privat und im Bürgermeisteramt Menschen an meiner Seite hatte, von denen ich wusste, dass wir das gleiche Ziel haben, Menschen, die mir den Rücken freihalten und dafür sorgen, dass ich nicht den Boden unter den Füßen verliere.“ Dieses Vertrauen, diese Unterstützung sei für sie von unschätzbarem Wert, sie habe immer auf dieses „Wir“ vertrauen können. Für sie sei das Amt ein großes Glück gewesen, zu diesem habe sie sich zutiefst berufen gefühlt und dafür gebrannt. „Ich möchte keine Zeit mit euch missen.“

Richtberg hatte aber auch noch eine Message an ihren Nachfolger im Gepäck – ebenso wie ein kleines Survival-Paket. Sie gratulierte ihm herzlich und wünschte ihm alles Gute in seinem Amt als Stadtoberhaupt von Romrod. „Übe dein Amt mit Behutsamkeit und Gradlinigkeit aus. Wachse in deine neue Rolle als Bürgermeister so richtig hinein, damit du zum Wohle der Menschen hier in Romrod tätig werden kannst, so wie du es versprochen hast.“ Denn es seien tolle Menschen, die es einfach Wert seien – und genau mit diesen Menschen ließen die beiden dann noch den besonderen Abend ausklingen.

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