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Lauterbacher "Gud Stubb" mit feierlicher Versammlung eröffnet„Der Weg und die Mühen haben sich gelohnt“

LAUTERBACH (tsz). Was dem Alsfelder die Raab’sche Villa ist, das ist dem Lauterbacher in vielerlei Hinsicht seine „Gud Stubb“. Die nach dem Sportpädagogen benannte Adolf Spieß Halle, die seit 2016 aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen war, wurde nun – vier Jahre später – mit einer feierlichen Versammlung der Stadtverordneten eingeweiht.

Schon die Suche nach einem Parkplatz in der Vogelsberg- und Mozartstraße gestaltete sich als beinahe unmöglich, denn groß war das Interesse und die Neugier darüber, wie es nun in der neu sanierten Adolf-Spieß-Halle aussehen würde. Etwa 160 Leute zog es im Rahmen einer feierlichen Stadtverordnetenversammlung in die Halle, die am Mittwochabend eröffnet wurde. Mit Reden zur Person Adolf Spieß‘, als auch zur Bauhistorie stand an diesem Abend das Gebäude im Mittelpunkt. Aber zunächst ein kleiner Rückblick.

Die Stadt vor einer großen Frage

Im Februar 2015 geschah in Lauterbach etwas Historisches. Der Turnverein gab sein Nutzungsrecht für die Adolf Spieß-Halle nach 52 Jahren an die Stadt zurück. Der Grund: Es musste gespart werden, der jährlichen Zuschuss in Höhe von 30.000 Euro wurde gestrichen. Dabei trauerte nicht nur der Turnverein seiner geliebten Halle nach, sondern auch die Stadt wurde vor eine neue Frage gestellt: Was tun mit der Halle? Zuerst begann die Suche nach einem mutigen Investor, doch dann zog die Stadt, wie Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller in seiner Rede bei der Eröffnung Revue passieren ließ, „einen Sechser im Lotto“: Im November 2017 konnte die Stadt Lauterbach etwas über zwei Millionen Euro Fördersumme als eines von nur vier hessischen Projekten aus dem Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ für sich gewinnen. Damit konnte man die damals angedachten Kosten in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro stemmen und mit der Sanierung der Halle beginnen.

Wer war eigentlich Adolf Spieß?

Im Rahmen der feierlichen Versammlung ergriff Dr. Philipp Geiß das Wort, um in seiner Festrede die Person Adolf Spieß, der schließlich Namensträger der Halle ist, kurz zu erklären. Denn, so erfuhr es Geiß in seinem damaligen Studium, kennen viele Leute besonders im sportpädagogischen Bereich diese wichtige Person nicht.

Der am 3. Februar 1810 in Lauterbach geborene Adolf Spieß fand bereits im frühen Kindesalter durch seinen Vater zum Turnsport. Auch während seinem Theologiestudium in Gießen blieb er diesem treu, emigrierte jedoch 1833 aufgrund der Demagogenverfolgung in die Schweiz. Dort führte er den ganzjährigen Turnunterricht ein und galt als Verfechter des Mädchenturnens. Zu dieser Zeit allerdings herrschte im Rahmen der Demagogenverfolgung ein Turnverbot in Deutschland. Als dieses 1842 aufgehoben wurde, reiste er zwei Mal nach Deutschland um seine turntheoretischen Konzepte dem Kulturminister vorzustellen. Durch das Schaffen von Adolf Spieß wurde schließlich 1852 die erste Schulturnhalle in Deutschland errichtet und das Turnen fand seinen Platz im Deutschen Schulsport.  

Die treibenden Kräfte hinter der Sanierung (v.l.n.r.): Architekt Stephan Mölig, Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller, Julia Hedtrich, Bauamtsleiter Jörg Saller und Architekt Christian Diegelmann.

„1650 Tage voller Emotionen und Leidenschaft liegen hinter uns“, erklärte der Projekt-Architekt Stephan Mölig bei der Eröffnung. 2016 begann sein Architekturbüro mit der Planung für die Sanierung der Halle. Nach der Bestandsaufnahme mit den ersten 17 Befunden schien man die Arbeiten noch gelassen zu sehen: Damals sollten die Sanierungsarbeiten planmäßig zum Ende 2017 abgeschlossen sein. „Wir haben klar schnell Gas gegeben, aber irgendwie ist es dann auch schwierig, wenn man dann Sachen wie diese Brandschutzthemen findet, was eigentlich alles nicht funktioniert“, erklärt Mölig die vielen Verzögerungen der Arbeiten. „Damals war der Titel noch ‚herzhafte Renovierung‘ unter uns, da ist dann ein bisschen mehr draus geworden“, scherzte sein Kollege Christian Diegelmann.

Vandalismus bremste die Arbeiten aus

Besonders wichtig bei der Sanierung des Gebäudes sei Mölig dabei die Verzahnung von Innen und Außen gewesen. Aus diesem Grund gibt es nun auch einen Balkon an der Seite des Gebäudes, der die Halle mit der Natur verknüpft. Aber auch die Außenfassade, die die Halle von außen zu einem „städtebaulich wichtigem Aushängeschild“, so Mölig, werden lässt, konnte noch gut nach dem Zeitplan fertiggestellt werden.

In den Farben der Stadt Lauterbach erstrahlte auch die Fasse der neuen Halle am Abend der Versammlung.

Zu Verzögerungen der Arbeiten kam es dabei in den letzten drei Jahren nicht nur aufgrund von Hochkonjunkturen in der Baubranche und Ergänzungen an dem Baukonzept wie zum Beispiel einen Fahrstuhl, sondern auch durch Vandalismus. „Etwa zwischen 15.000 und 17.000 Euro Schaden durch Leute, die meinten, wir bräuchten in der Halle mal eine neue Ordnung, mussten wir dann auch hinnehmen“, erklärt Diegelmann. Letzten Endes verschob sich die Fertigstellung der Bauarbeiten damit immer weiter. „Gegen die Elbphilharmonie konnten wir dann am Ende nicht mehr gewinnen, aber gegen den Berliner Flughafen haben wir das Wettrennen geschafft“, scherzte Mölig dann nochmal in der fertigen Adolf-Spieß Halle, die jetzt in neuem Glanz erstrahlte.

Ehrungen für ehrenamtliches Engagement

Aber es gab an diesem Abend noch mehr zu feiern, als nur die Fertigstellung eines Lauterbacher Aushängeschilds. Im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung wurden viele Akteure der Lauterbacher Kultur- und Politiklandschaft für ihre Zeit im Ehrenamt mit der silbernen Ehrennadel der Stadt und Landesehrenbriefen ausgezeichnet. „Ich freue mich, dass wir im Rahmen dieser Feierstunde heute einmal die Möglichkeit haben, diesen überaus verdienstvollen Persönlichkeiten einmal ausdrücklich zu würdigen“, erklärt Vollmöller, bevor er zusammen mit dem Landrat Manfred Görig und der Stadtverordnetenvorsteherin Marlene Aschenbach die Auszeichnungen übergab.

Am Ende appellierte Vollmöller nochmal an die Lauterbacher, stolz auf das zu sein, was hier geschaffen wurde. „Liebe Lauterbacher, darauf können wir alles stolz sein. Ich bin es auch“, sagte er voller Enthusiasmus. Danach wurde zum Umtrunk an der neuen Theke eingeladen, um die Einweihung der Halle gebürtig zu feiern.

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