Gesellschaft1

Lauterbacher Gedenken der Opfer der Reichspogromnacht von 1938Eine notwendige Mauer für die Demokratie bilden

LAUTERBACH (tsz). Es war ein schreckliches Ereignis aus einem noch schrecklicheren Abschnitt der deutschen Geschichte – auch in Lauterbach wurde, anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht, der Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen gedacht.

„Es war ein furchtbares Feuer. Ich habe in meiner Jugend noch nie so eine Glut aus einem Haus kommen sehen, sodass die Feuerwehr geholt werden musste, um die nachbarlichen Häuser zu schützen“, erinnert sich der Lauterbacher Ehrenbürger Professor Karl-August Helfenbein am Platz der ehemaligen Synagoge von Lauterbach. Auch diese wurde vor 81 Jahren, am 10. November 1938, einen Tag nach der Reichspogromnacht, von den Nationalsozialsten niedergebrannt.

Zur Gedenkstunde dieses dunklen Kapitels hatten sich viele Lauterbacher trotz starken Regens am Platz der ehemaligen Synagoge eingefunden, um zusammen ein Zeichen zu setzen. „Es gibt das Feuer der physischen Vernichtung von Menschen, von Sachen, von Tieren. Aber was wir hier entgegensetzen wollen ist das Feuer der Liebe, der Menschenachtung“, unterstreicht Helfenbein die Sinnhaftigkeit des Zusammenkommens und des gemeinsamen Gedenkens. An der Reichspogromnacht selbst war Helfenbein neun Jahre alt, doch bleiben ihm die Erinnerungen bis heute klar und deutlich von dem zurückblickendem Auge.

Die silberne Ehrennadel für das Engagement zum Gedenken

Neben ihm war noch eine Zeitzeugin der damaligen Verbrechen anwesend: Elfriede Roth. Als Dreizehnjährige erlebte sie 1938 die Novemberpogrome in Lauterbach mit, danach musste sie Lauterbach verlassen und absolvierte in der Uckermark ihr Pflichtjahr. Danach kehrte sie nach Lauterbach zurück und engagierte sich aufgrund dieser Erlebnisse in späteren Jahren stark für das Erinnern. Außerdem setzt sie sich seit Jahren mit ihrer Wegbegleiterin Marion Schneider dafür ein, dass Kontakt zu jüdischen Mitgliedern der Lauterbacher Gemeinde aus früherer Zeit aufgebaut und gepflegt wird. Dafür erhielt sie von der Stadt Lauterbach die silberne Edelnadel.

Trotz starken Regens gedachten viele Lauterbacher den jüdischen Opfern der Nationalsozialisten Verbrechen. Fotos: tsz

Auch der Leiter der Stadtjugendpflege Andreas Goldberg richtete einige Worte an die Versammelten, von denen sich der ein oder andere fragte, wieso man die Gedenkstunde nicht an einem anderen Ort unter Dach abhalten könne: „Wie gedenken Menschen, die zum Teil drei, vier Jahre in Lager gesessen hatten. Vielleicht sogar das Pech hatten 1944 oder 1945 auf den sogenannten Todesmärschen in andere Lager unterwegs gewesen zu sein. Ich sage das jetzt einfach mal so: Die hatten es nicht so komfortabel wie wir hier mit warmen Fleecejacken. Es ist schön, dass sie da sind und es ist schön, dass sie dabei sind“. Worte, die bei den Besuchern nicht nur auf Anerkennung und Respekt stoßen, sondern auch zum Nachdenken und Reflektieren anregen.

Antisemitismus so aktuell wie damals

„Was stellen wir aber heute fest? Auch in diesem Jahr: Juden werden beleidigt, bespuckt, attackiert, bedroht. Wegen ihres Glaubens“, sagt Stadtrat Lothar Pietsch in seiner kurzen Rede an die Versammelten. Immer wieder komme es in Deutschland zu antisemitischen und rassistischen Anfeindungen, Provokationen und Verbrechen. „Nachrichtentexte aus verschiedenen Texten zeigen die Unsinnigkeit des gutgemeinten Aufrufes ‚Nie wieder!‘. Es ist längst wieder soweit“, beschreibt er die antisemitische Stimmung in Deutschland und unterstreicht seine Aussage mit Überschriften von Nachrichtenbeiträgen über Gewalt und Hass gegen Juden.

Um dennoch ein Zeichen für Solidarität und Gemeinschaft zu setzen, hatte sich das Stadtjugendparlament von Lauterbach eine besondere Aktion ausgedacht. Zu Beginn der Gedenkstunde erhielten die Anwesenden einen Stein, eingewickelt in ein Stück Papier mit dem Namen einer der 54 jüdischen Mitbürger Lauterbachs. Diese wurden von den Jugendparlamentariern verlesen und anschließend die Steine auf die Mauer, die früher das Fundament der Synagoge bildete, aufgelegt.

Eine Mauer wieder aufbauen und verstärken, die durch Hass niedergebrannt wurde, dieses Zeichen wollen die Lauterbacher Anwohner, Parlamentarier und Jugendlichen am Gedenktag der Progromnacht setzen. Ein Zeichen setzen für Solidarität gegenüber jüdischen Mitbürgern und erinnern daran, dass ein solches Verbrechen wie in der NS-Zeit nie wieder von deutschem Boden ausgehen darf.

Ein Gedanke zu “Eine notwendige Mauer für die Demokratie bilden

  1. Als die Afrikaner zu uns kamen, war das ein gefundenes Fressen für die allten Nazis bei uns,einige zogen in die Ehemalige DDR um Hass zu verbreiten so auch gegen Juden.

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren