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Henrieke Schäddel und Torsten Schneider über die „Project XX - Party“ auf dem Alsfelder Pfingstmarkt„Teil des Deals“

ALSFELD (ol). Ja, es ist vielen Abiturienten des vergangenen Jahres übel aufgestoßen, als sie im Programm des diesjährigen Pfingstmarktes eine Veranstaltung fanden, die ihnen – zumindest vom Titel her – sehr bekannt vorkam: „Project XX-Party“ heißt es dort am Sonntagabend in der Stadthalle, und „Project X“ sollte im vergangenen Jahr auch eine Party des damaligen Abi-Jahrgangs heißen. Darüber ärgerte sich die damalige Abiturienten und heutige Studentin Henrieke Schäddel in einem Leserbrief in der Oberhessichen-Zeitung. Ein Gespräch zwischen Henrieke Schäddel und Torsten Schneider über die „Project XX – Party“ auf dem Alsfelder Pfingstmarkt.

„Project X“ war der Name der Party des damaligen Abi-Jahrgangs. Allerdings ist der Name von der Party-Agentur Novus Booking GmbH als eingetragene Marke geschützt, und die Schülerinnen und Schüler mussten im Februar 2018 einen großen Teil, nämlich 2.950 Euro, ihres sauerverdienten Budgets für ihren geplanten Abi-Ball zur Nachlizenzierung an ebendiese Agentur zahlen und eine Unterlassungserklärung unterschreiben, um noch gravierendere Folgen ihres Regelverstoßes zu verhindern.

Im vergangenen Jahr schlug das hohe Wellen – zumal im Verlauf der Geschichte herauskam, dass der Alsfelder Abi-Jahrgang längst nicht der einzige war, der von der Agentur für die Nutzung des offenbar beliebten Party-Namens zur Kasse gebeten wurde. Rechtlich gesehen einwandfrei, moralisch betrachtet fraglich, da den Abiturienten zum einen nicht klar war, dass sie hier Markenrecht verletzten, und man zum anderen von Seiten der Agentur es auch mit einer kleineren Summe oder einer Verwarnung auf sich hätte beruhen lassen können, wie viele damals fanden.

All das wäre Schnee von gestern, wenn nicht nun wieder dieser Name aufgetaucht wäre, und das auch noch just in der Stadthalle, die auch damals als Veranstaltungsort involviert war. Schnell machte in den sozialen Netzen der damaligen Abiturienten die Nachricht die Runde, und Henrieke Schäddel, damals im Party-Team des Jahrgangs, machte ihrem Ärger mit einem Leserbrief an die Oberhessische Zeitung Luft: „Für mich erschien es wie der reinste Hohn, dass die Agentur von ‚Project X‘ und die Stadthalle sich nun wieder zusammentun, um hier zu feiern. Denn uns als Abi-Jahrgang hat die Zahlung damals echt wehgetan. Kurz vor den Abiturprüfungen mit so etwas konfrontiert zu werden und am Anfang noch gar nicht zu wissen, was da an Folgen auf uns zukommen würde, war gerade für die Verantwortlichen vom Party-Team eine große Belastung. Und die finanziellen Einbußen – die die Agentur später mit ‚Peanuts‘ bezeichnete – haben in unserer Kasse echt ein Riesenloch hinterlassen.“

Ein Gespräch hilft: Torsten Schneider und Henrieke Schäddel trafen sich, um Informationen auszutauschen und Unklarheiten zu beseitigen. Foto: Traudi Schlitt

Ein klärendes Gespräch kurz vor der Party

Alles verständlich, findet Torsten Schneider, Geschäftsführer der Stadthalle, der sich allerdings zu Unrecht mit Vorwürfen konfrontiert sieht, schließlich – und das belegt er mit einem Schreiben der Anwälte der Agentur – habe er mit einem Deal weiteren Schaden von den Abiturienten fernhalten wollen. „Dass mir das als Veranstalter der Project-X-Party nun auf die Füße fällt, ist nicht in Ordnung.“ Und so trafen sich Schäddel und Schneider kurz vor der Party zu einem klärenden Gespräch, bei dem das Schreiben der Anwälte vom Mai letzten Jahres auf dem Tisch lag. Darin fordern diese die Stadthalle als Veranstaltungsort der nach der Nachlizenzierung vom Abi-Jahrgang durchgeführten Projekt-X-Party auf, die Namen der Verantwortlichen des Jahrgangs zu nennen – zu welchem Zweck, geht aus dem Schreiben nicht hervor.

„Ich war ja die ganze Zeit schon in den Ärger involviert und dachte nur, jetzt geht das schon wieder los“, berichtet Schneider. „Also rief ich bei den Anwälten und später auch bei der Agentur an, um zu klären, wie wir dieses Thema nun endgültig vom Tisch bekommen würden. Als Angebot schlug ich vor, dass die Agentur doch einmal eine Veranstaltung mit der Stadthalle machen könnte – zum ganz regulären Preis, den sie für die Party immer nimmt. Dafür sollte sie dann aber auch den Fall mit dem Abi-Jahrgang auf sich beruhen lassen.“ Die Agentur ließ sich offensichtlich darauf ein und hat, so Schneider, das Geld für die Party am Sonntag längst bekommen. „Den Ärger der Abiturienten kann ich zwar verstehen“, sagt Schneider, „ein Boykott der Veranstaltung würde aber nicht die Agentur, sondern uns von der Stadthalle treffen.“

Da nun aber klar scheint, dass die Veranstaltung hier ein weiterer Teil des Deals mit der Agentur ist, von dem die Abiturienten bisher gar nichts wussten, räumt auch Henrieke Schäddel ein, dass das nicht das Ziel ihres Leserbriefs war. „Wir dachten, der Fall sei mit unserer Zahlung abgeschlossen und können uns auch nicht vorstellen, was da jetzt noch hätte kommen sollen. Wenn aber Torsten Schneider mit diesem Deal in der Phase unserer mündlichen Prüfungen uns weiteren Ärger erspart hat, dann soll die Stadthalle als Veranstalter jetzt auf jeden Fall nicht darunter leiden“, findet auch sie, deren Ärger über die Agentur auch ein Jahr danach noch nicht verraucht ist.

Ein fader Beigeschmack bleibt für sie bei der Erinnerung an diesen Tiefschlag in den Abiturvorbereitungen, und in ihrer Abneigung gegen die Agentur bleibt Henrieke Schäddel auch klar. Dennoch: Dem Partyvolk am Pfingstmontag sollte der Ärger aus dem letzten Jahr nun nicht mehr nachhängen. Die Party möge beginnen!

 

Offenlegung: Torsten Schneider ist nicht nur Betreiber der Stadthalle, sondern auch der Verleger von Oberhessen-live.

Ein Gedanke zu “„Teil des Deals“

  1. Ja, da nimmt man sich eine aus dem Ruder gelaufene Film-Party (Teenie-Kommödie Projekt X) zum Namens-Vorbild und landet prompt im falschen Film. Schadenfreude gegenüber dem involvierten Abi-Jahrgang ist völlig fehl am Platze. Denn dank Internet haben Abmahn-Betrüger leichtes Spiel, die sich ein veraltetes Urheber- und Abmahn-Recht zu Nutze machen, um naive oder leichtsinnige Zeitgenossen mit überhöhten Regressansprüchen abzuzocken. Der Trick: Man lässt sich oft benutzte Gags oder Symbolbilder schützen und wartet ein Weilchen, bis genügend Unbedarfte in die Falle tappen. Was lizenzfrei ist, lässt sich von urheberrechtlich geschütztem Material oft nur unterscheiden, indem man das „Kleingedruckte“ von AGB penibel durcharbeitet. Was niemand macht, wie man durch Umfragen bereits oft genug nachwiesen hat. Der Gesetzgeber hätte gegen eine bestimmte, Verbrauchergewohnheiten ausnutzende Abmahnpraxis einschlägiger Kanzleien längst einschreiten und die Grenzen des Urheberrechts enger ziehen können. Aber was hat dieser Gesetzgeber jemals so hingekriegt, dass man dies „rechtzeitig“ oder gar „vorausschauend“ hätte nennen können.
    Junge Menschen, die sich in die Härten des Geschäftslebens erst eingewöhnen müssen, erleiden angesichts rüder Methoden der Abmahner und Abzocker oft ein regelrechtes Trauma. Deshalb ist die Reaktion auf die Neuauflage des „Events“ verständlich und das – sicherlich gut gemeinte – Angebot der Stadthalle an den Veranstalter bleibt problematisch. Denn hier wird ja nicht nur eine im Umgang mit ihrer Zielgruppe (jugendliche Partygänger) extrem rüde Event-Agentur mit einem Folgegeschäft belohnt. Erstens hat die Nachahmung der „Projekt X“-Filmgeschichte durch Facebook-Spaßvögel oder bösartige Internet-Partisanen auch im realen Leben bereits manche harmlose Hausparty total außer Kontrolle geraten lassen (https://youtu.be/lAijqG1luj0?t=30). Und zweitens hat es ein übles Geschmäckle, wenn man sich – natürlich aus urheberrechtlichen Gründen – durch ein „XX“ gegen die Rechte-Inhaber in den USA schützt, bei den Schüler-Events ohne zweites „X“ dann aber unter Berufung auf Namensähnlichkeit und Verwechslungsgefahr in zumindest moralisch bedenklicher Weise hohe Lizenzgebühren einzutreiben versucht.

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