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Krankenhausverband übt Kritik an Spiegel-Bericht über QualitätsstudieSchwalmstädter Klinik: Keine Gefahr für Schwangere

SCHWALMSTADT (akr). Ende 2016 hat die Geburtenstation in Alsfeld geschlossen, diese Nachricht hat viele Alsfelder geschockt. Auch in Lauterbach gibt es schon seit langer Zeit keine solche Einrichtung mehr. Wo sollen werdende Mütter aus der Region also hin, wenn es soweit ist? Das nächste Krankenhaus, in dem man Kinder zur Welt bringen kann, ist das Asklepios Klinikum in Schwalmstadt – doch eine Studie kam jetzt zu dem Ergebnis: Schwalmstadt weist im Bereich der Geburtshilfe „unzureichende Qualität“ auf. Ein Experte gibt gegenüber OL jedoch Entwarnung. 

Um was für eine Untersuchung handelt es sich? Der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Co, hat die Ergebnisse einer Studie zur Qualität von Krankenhäusern veröffentlicht. Bei 73 Krankenhäusern in Deutschland wurde eine „unzureichende Qualität“ vermerkt. Mit dabei ist auch das Asklepios Klinikum in Schwalmstadt, das im Bereich Geburtshilfe schlecht abschnitt.

Der Hintergrund dieser Studie ist der Wille der Großen Koalition, die Qualität der medizinischen Versorgung als Kriterium für die Krankenhausplanung einzubeziehen. Die Rede ist auch gerne vom „Klinik-TÜV“. Der Gemeinsame Bundesausschuss bekam die Aufgabe, Qualitätsindikatoren zu entwickeln, mit deren Hilfe die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen beurteilen können, ob ein Krankenhaus bezüglich einzelner Qualitätsindikatoren im Vergleich eine gute, durchschnittliche oder unzureichende Qualität aufweist.

Die ganzen Daten ausgewertet hat das Berliner Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, kurz IQTIG. Bei der Auswertung der Daten wurden unter anderem elf Qualitätsindikatoren untersucht: Drei Indikatoren stammen aus den Bereichen Mammachirurgie (die Behandlung von Patienten mit Brustkrebs) und gynäkologischen Eingriffen, fünf aus dem Bereich der Geburtshilfe. Ein Qualitätsindikator aus dem Bereich der Geburtshilfe war beispielsweise „EE-Zeit“, also die Zeit zwischen der Entscheidung zum Notfallkaiserschnitt und der Entbindung des Kindes – und bei diesem Qualitätsindikator wurde im Klinikum Schwalmstadt „unzureichende Qualität“ vermerkt.

Die Stellungnahme der Asklepios Klinik Schwalmstadt

Oberhessen-live hat beim Asklepios Klinikum nachgefragt, wie das Ergebnis zustande kam. „Im GBA-Qualitätsbericht hatte ein einziger Fall, bei dem der Zeitraum zwischen Entschluss zum Notfallkaiserschnitt und Geburt des Kindes, der knapp über 20 Minuten lag, zu einer Abweichung in diesem Bereich geführt“, heißt es in der Stellungnahme des Krankenhauses. Das Neugeborene, um das es damals ging, sowie dessen Mutter, seien aber zu keiner Zeit in Gefahr gewesen. Beide seien gesund und wohlbehalten aus dem Krankenhaus entlassen worden. Der Chefarzt der Abteilung, Dr. Heinz-Josef Kaum, sei besonders stolz darauf, dass es unter seiner Leitung in den letzten acht Jahren nicht zu einem einzigen schweren Schaden bei Mutter oder Kind gekommen sei, der vermeidbar gewesen wäre. „Damit das so bleibt, arbeiten wir hier im Team in Ziegenhain rund um die Uhr nach bestem Wissen und Gewissen“, sagt der Chefarzt.

Bei diesem EE-Zeit Indikator, handelt es sich um einen „Sentinel Event Indikator“, der zur Beschreibung von seltenen schwerwiegenden Ereignissen von besonderer Bedeutung ist. „Bei solchen Indikatoren führt jeder Einzelfall zu einer (statistischen) Auffälligkeit und, nach Prüfung auf Validität, auch zum Stellungnahmeverfahren mit dem IQTIG“, erklärt Rainer Greunke, Geschäftsführer der Hessischen Krankenhausgesellschaft. Werden die 20 Minuten nämlich überschritten, bestehe ein Risiko für Mutter und Kind. In Schwalmstadt lief, der Stellungnahme des Krankenhauses zufolge, allerdings alles gut. Außerdem werde das entsprechende Personal regelmäßig in unterschiedlichen Bereichen geschult.

Das klingt alles sehr technisch, heißt aber übersetzt: Dem Krankenhaus zufolge gab es einen Fall, bei dem etwas länger gedauert hat, als es sollte – und dennoch ist alles gut gegangen. Dennoch zerreißt der Einzelfall die sonst unauffällige Fehlerstatistik des Hauses. Ein Gesundheitsexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte, hat für Oberhessen-live die Aussage des Krankenhauses überprüft und sie für nachvollziehbar und plausibel erklärt.

Georg Baum, Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), kritisiert nicht die Studie selbst, wohl aber die Art, wie SPIEGEL ONLINE über die Auswertung berichtete. Die Seite hatte die Daten in einer interaktiven Karte dargestellt. „Von den 73 als auffällig bezeichneten Krankenhäusern sind bei 36 Kliniken ein einziger Behandlungsfall unterhalb der Norm und damit Grund für die Auffälligkeit“, heißt es in der Stellungnahme. Die interaktive Karte, die SPON veröffentlicht hat, würde Patienten verunsichern. „Die Darstellung ist nicht nur eine Verzerrung, sondern schlichtweg falsch“, heißt es sogar.

„Daraus eine Schlussfolgerung auf die medizinische Qualität zu ziehen, ist nicht zulässig“, sagt Baum. Das Ergebnis der Auswertung zeige deutlich, dass die Behandlungsqualität gut sei und kein Handlungsbedarf für die Krankenhausplanung bestehe. „Eine Unterschreitung in einem einzelnen Fall sagt letztendlich nichts über die Gesamtqualität einer Abteilung oder eines Krankenhauses aus“, betont der Geschäftsführer der DKG.

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