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Die "Gaagk", "Gack" oder "Gacke" war im 16. und 17. Jahrhundert allen Alsfeldern ein Begriff - heute kennt die "Gaagk" fast niemand mehrDie „Gaagk“ diente zur Bestrafung von Übeltätern

ALSFELD (cdl). Lange bevor der Alsfelder Ludwigsplatz seinen Namen bekam, stand dort die „Gaagk“. Das Gerät zur Strafvollstreckung wurde auch „Gack“, „Gacke“ oder „Bäckergalgen“ genannt.

Im Mittelpunkt des damals noch unbebauten Platzes zwischen Frauenberg und dem Obertor stand ein Schnappgalgen, an dem ein Korb befestigt war. Darunter lag ein Teich. Wer im 16. und 17. Jahrhundert Schandtaten begangen hatte, konnte die Strafe „gacken“ erhalten. Je nach Schwere der Straftat wurde der Übeltäter im Korb mehrmals für längere Zeit unter Wasser getaucht.

Wenn der Betroffene wieder über Wasser gezogen wurde, musste er sich meist übergeben, um das Wasser aus der Lunge zu bekommen. Dabei entstand ein Würgegeräusch, das in Vogelsberger Mundart noch heute als „gaagksen“ „goacksen“ oder ähnlich ausgesprochen für das Aufstoßen verwendet wird. Wegen des entstehenden Geräusches erhielt „die Gaagk“ ihren Namen, erklärt Hans-Jürgen Stinder vom Alsfelder Stadtarchiv. In vielen anderen Städten im Mittelalter wurde das Gerät als Bäckergalgen bezeichnet. Denn ursprünglich war die Strafe Bäckern vorbehalten, die zu kleines Brot verkauften.

Die „Gaagk“ kam bereits bei geringen Vergehen zum Einsatz

In Alsfeld wurde die „Gaagk“ jedoch für allerlei Bestrafungen eingesetzt und war eine Alternative zum Pranger am Weinhaus. Aufgrund eines Brandes im Weinhaus im Januar 1912, bei dem dort archivierte Dokumente, den Flammen zum Opfer fielen, sind leider nur einige Fälle überliefert, bei der „die Gaagk“ zum Einsatz kam. Rechnungen aus dem Jahr 1582 belegen die Reparatur des Schnappgalgens, weil zwei Dirnen in die „Drenke geschnellet“ werden sollten. Im Jahr 1589 wurden viele Seile benötigt, um Heinrich Eckhardt „in dem Korpf zum Wasser“ zu befördern. Die letzte Aufzeichnung über eine Instandsetzung der „Gaagk“ findet sich 1677.

die Gaagk

An einem Haus in der Nähe der Rambach hat der Alsfelder Künstler Willi Weide das „Gaaken“ illustriert. Foto: cdl

In einer Chronik beschrieb Eberhard Happel einen Fall, der sich im Jahr 1638 zugetragen hatte. Zwei Gartendiebinnen sollten bestraft werden. Der Scharfrichter hatte das Gesinde in den Korb gesetzt und unter größter Anstrengung nach oben gezogen und das Gewicht einer Diebin beklagt. Weil er das Gewicht nicht halten konnte, fiel ihm der Korb auf den Kopf und eine der beiden Diebinnen ergriff die Flucht. Die andere konnte nach kurzer Reparatur rechtschaffen „gegackt“ werden. Die „Gaagk“ war jedoch eine vergleichsweise milde Strafe für geringere Vergehen. Bei größeren Vergehen landeten die Straftäter schnell am Galgenberg.

Dennoch konnte das „Gaagken“ tödlich enden. In Alsfeld ist allerdings kein Todesfall nach dem mehrmaligen Unterwassertauchen bekannt, berichtet Stinder. Dem Vernehmen nach bezeichnen die ältesten Alsfelder noch heute den Ludwigsplatz als „die Gaagk“. Darüber hinaus wird ein in der Nähe wohnender Bäcker im Volksmund „Gaagkebäcker“ genannt.

Die „Gack“ zu Romrod

Im benachbarten Romrod hatte man Gefallen an der Alsfelder Strafmethode gefunden und beschloss ebenfalls einen Schnappgalgen zu errichten. Auch hier sollten allerlei Übeltäter in einen Korb gesetzt und mehrmals unter Wasser getaucht werden. Im Jahr 1670 errichtete man dort eine eigene „Gack“, wie aus den Rechnungen für Zimmerleute und Korbflechter hervorgeht. Sie wurde am sogenannten „Weimer“ an einem Nebenarm der Antrift aufgestellt. Inwiefern die „Gack“ in Romrod zum Einsatz kam, ist in den Quellen nicht überliefert.

Alle Informationen aus dem Alsfelder Stadtarchiv
Der ehemalige Stadtarchivar Dr. Herbert Jäckel † hat umfangreich die Alsfelder Stadtgeschichte erforscht und viele Informationen gehen auf ihn zurück.

Der Alsfelder Ludwigsplatz, Seine Geschichte, Häuser und Bewohner, Teil I, in: Mitteilungen des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld, Band 16/17, 1998 – 2002.

Mitteilungen des Geschichts und Altertums-Veriens der Stadt Alsfeld, 1907 – 1910.

Mitteilungen des Geschichts und Altertums-Veriens der Stadt Alsfeld, 1910 – 1912.

Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Alsfeld, 1997.

 

 

 

 

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