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Abschluss Gipfel Kabarett: Michael Frowin alias "der Kanzlerchauffeur" packte ausMutti möchte nicht auf dem Stöpsel sitzen

ALSFELD (jal). Michael Frowin lenkt Deutschand. Naja, zumindest lenkt er den Wagen der Frau, die Deutschland lenkt. In seiner Rolle als Kanzlerchauffeur plauderte der Kabarettist aus dem Nähkästchen. Merkel hautnah, sozusagen. Dabei schwankte Frowin zwischen bekannten Gags über Hosenanzüge und allumfassender Gesellschaftskritik. Der Auftritt am Donnerstagabend in der Aula der ASS war der Abschluss der Saison des Vogelsberger Gipfel Kabaretts, das von der Sparkasse Oberhessen gesponsert wird. 

Wo bewahrt die mächtigste Frau der Welt ihre geheimsten Geheimnisse auf? Klaro, in einem quietschpinken Tagebuch mit Vorhängeschloss natürlich. Wie alle Mädchen eben. Das Telefon klingelt, Kanzleramtschef Altmaier ist dran. Natürlich werde er Frau Merkel das Tagebuch zurück geben, welches sie leider in seinem Wagen verloren hat, versichert Frowin. Reinschauen? Niemals! Das versteht sich von selbst. Sagt’s und macht sich an dem kleinen Schloss zu schaffen.

Mit diebischer Freude zitiert er die Briefe an das „liebe Tagebuch“. So erfährt der gemeine Bürger, dass der freche Gysi am Anfang der Ukraine-Krise der Angela doch glatt eine Falsche Krim Sekt hat zu kommen lassen. Welch eine Provokation! Der Berlusconi sei ja noch recht nett gewesen, auch wenn er sie mal Fettarsch genannt hat. Der „Sakotzi“ ging gar nicht – und bei seinem Nachfolger fühlt sich Merkel irgendwie immer an Spargel erinnert. Und ja, der Putin sei beliebt. Doch wie ihm beikommen? Sie könne doch nicht „auf einem Wildpferd mit nacktem Oberkörper durch die Uckermark reiten“.

Voller Geheimnisse: Das Tagebuch der Kanzlerin

Voller Geheimnisse: Das Tagebuch der Kanzlerin

Doch es geht auch noch privater. Oder hätten sie gewusst, dass Frau Merkel zum Entspannen gerne mit ihrem „Ehe-Joachim“ in die Badewanne steigt, sich ihr Haupthaar massieren lässt und vorher per Schnick-Schnack-Schnuck entscheidet, wer auf dem Stöpsel sitzen muss?

Frowin spielt mit den bekannten Klischees, die sich nach zehn Jahren Merkel-Martyrium in die Köpfe der Deutschen eingebrannt haben. Ihr unbeholfenes Klatschen bei WM-Toren, die modischen drei-Knopf Hosenanzüge, die „Raute der Macht“, die Merkel auf absolut jedem Foto mit ihren beiden Händen formt – wobei sich die Raute in jüngster Zeit eher zu einem Schiffchen entwickelt habe. Auf keinen Fall zu vergessen ihre Ziellosigkeit, wechsle die Kanzlerin ihre Meinungen doch schneller „als eine Bordsteinschwalbe die Lümmeltüten.“ Nicht jeder Merkel-Gag zieht, doch die niedlich naive Art, wie Frowin in Merkel-Mädchen-Duktus aus dem Tagebuch zitiert, bügelt das wieder aus.

Merkel war der rote Faden

Die Erlebnisse von und mit „Mutti“, wie Merkel gerne genannt wird, sind der rote Faden, der sich durch das Programm zieht. Doch Frowin schlüpft immer wieder in andere Rollen und holt zu einem Rundumschlag in Sachen Gesellschaftskritik aus. Den Pegida-Demonstrant ruft er entgegen. „Angst vor dem Islam müssen wir erst haben, wenn Alice Schwarzer zwangsverheiratet und Helene Fischer gesteinigt wird“. Dabei könne er sich mit beiden Dingen eigentlich anfreunden, sagt Frowin. Superreiche kriegen ebenso eins auf den Deckel wie umweltvernichtende Ölkonzerne und Firmen wie LIDL oder KICK, die ihre Angestellten ausbeuten.

Das Bemühen unseres Finanzministers um ein Steuerabkommen mit der Schweiz quittiert Frowin mit dem Satz „wenn Heuchelei Rollstuhl fahren könnte, müsste Schäuble Berg auf bremsen“. Auch Bundespräsident Gauck bekommt was ab. Nicht nur, dass er dem „Armeepfarrer“ mehr oder weniger direkt Kriegstreiberei vorwirft, auch Gaucks Liebe zu seinem Lieblingswort brachte Frowin auf die Palme. Er appellierte an das Publikum, sich doch eine Rede des Staatsoberhauptes anzusehen und jedes Mal, wenn das Wort „Freiheit“ falle, einen kleinen Feigling zu zu trinken. „Glauben Sie mir: Ich habe noch keine Rede unter zweieinhalb Promille geschafft“.

Doch auch das normale Volk musste sich den Spiegel vorhalten lassen. Merkel habe uns eingelullt, uns fehle der Mut, etwas zu verändern. „Eine deutsche Revolution begänne heute im Baumarkt  – mit dem Preisvergleich von Wurfgeschossen“ ruft Frowin dem Publikum entgegen. Nachdenklich stimmte zudem sein angejazzter Song, in dem Frowin die Gleichgültigkeit und den Zynismus der Leute beschreibt, die Albträume bekommen, wenn sie vorher nicht Mord und Totschlag, Krieg und Hunger, Niedertracht und Inzest im Fernsehen gesehen haben. Und was ist eigentlich mit Veganern? Dürfen die beim Liebe machen eigentlich auch „vögeln“ oder heißt dass bei denen dann „dinkeln?“

Zufriedene Gesichter: Dem Publikum gefiel der letzte Abend des Gipfel Kabarett.

Zufriedene Gesichter: Dem Publikum gefiel der letzte Abend des Gipfel Kabarett.

Die meisten Lacher brachte es allerdings, als Frowin gegen die Political Correctness aufbegehrte. Viele Witze könne man im politischen Berlin ja gar nicht mehr erzählen. Die Frage, was auf dem Rollstuhl eines gehbehinderten Moslems stünde, zum Beispiel. Antwort: „Is-lahm“. Noch ein wenig besser wurde es, als Frowin fragte, warum es in Polen so viele Kreisverkehre geben würde. Trommelwirbel: Weil die Lenkradschlösser der Autos noch eingeastet sein.

Dem Publikum hat die Mischung aus Merkel-Witzen, Gesellschaftskritik und Schenkelklopfern jedenfalls gefallen. „Hat er gut gemacht“, „ganz klasse“, „hat mir gefallen“, tuschelte es in den ersten Sekunden nach dem Ende der Show durch die Aula der ASS.

 

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