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Lauterbacher Haushaltsdilemma: Sitzung nur der Anfang eines (Spar)-DenkprozessesViele Fragen, aber eine Lösung nicht in Sicht

LAUTERBACH (aep). Wo kann noch gespart werden? Vor dieser Frage stehen die Lauterbacher Stadtverordneten, seit das Regierungspräsdium dem Etat für 2014 die Genehmigung verweigerte – aber die eigens diesem Dilemma gewidmete Sitzung am Mittwochabend brachte die Stadt einer Lösung nicht wirklich näher. Denn es handelte sich um eine Informationsveranstaltung, die vor allem aufzeigte: Vorbereitet haben die Fraktionen noch nichts, manches Mitglied hat von dem Abend offenbar so wenig erwartet, dass es gar keinen Haushaltsplan mitnahm. Hüben wie drüben gab es keine Vorschläge – nur Fragen. Nach diesem „Blätter-Termin“ soll nun mit dem Spardenken begonnen werden.

Drei Stunden lang blätterte man sich durch die einzelnen Haushaltspositionen, diskutierte Positionen von wenigen Tausend Euro Umfang. Da ging es auch um so Fragen wie der Notwendigkeit von Feuerwehrfahrzeugen mit oder ohne Anhängerkupplung, ob Gebühren für Dorfgemeinschaftshäuser oder den Bücherausleih angehoben werden können – mit der Sorge, dass dann weniger Nutzer kommen könnten. Es sollte ein „Blättertermin“ sein, wie der Stadtverordnetenvorsteher Lothar Pietsch (CDU) eingangs feststellte – einer wie er üblicherweise schon bei der normalen Haushaltsdiskussion stattfindet. Heike Habermehl, Leiterin der Finanzabteiliung im Rathaus, stellte die Haushaltspositionen via Beamerleinwand vor. Und die Stadtverordneten äußerten viele Detailfragen nach Inhalten – auch danach, wem denn die Eishalle eigentlich gehört.

Als Grundlage hatte Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller eingangs ein Papier verteilen lassen, auf dem die aktuellen Posten des abgelehnten Haushaltsplans aufgelistet sind – und dazu die jeweiligen Vorgaben aus dem Vertrag für den Schutzschirm vom Land. „Das ist die raue Wirklichkeit“, stellte Vollmöller fest. „Um die eine oder andere Konsolidierungsmaßnahme kommen wir nicht herum.“

Kurzawa: falsche Orientierungswerte, ungültiger Vertrag

Dabei hatte der SPD-Sprecher Dirk Theodor Kurzawa anfangs sogar die Bedingungen des Regierungspräsidiums infrage gestellt. Denn bei der Erstellung des Haushaltsplans habe man sich an Werten der Landesregierung orientiert – und wenn die sich als falsch erwiesen, dann sei der Vertrag nicht mehr gültig. Ob die Verwaltung in die Richtung beim RP vorgefühlt hab, fragte er. Doch Vollmöller winkte ab: Das Ministerium beharre „in jedem Fall“ auf einer Einhaltung des Schutzschirm-Vertrags. Immerhin habe die Stadt 14,8 Millionen Euro erhalten – andere verschuldete Kommunen nicht.

Dieser Abend solle nur der Auftakt zum Sparprozess sein, stellte am Ende Lothar Pietsch fest und warnte die Fraktionen davor, auf Vorgaben aus der Verwaltung zu warten: „Die Aufgabe liegt jetzt beim Parlament!“

OL-HaushaltPlan-1903

„Blättertermin“: Wohl dem, der einen Haushaltsplan dabei hatte. Das waren längst nicht alle Stadtverordneten.

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Kommentar: vielleicht doch eine externe Hilfe?

Man muss weder Prophet sein noch es böse meinen, wenn man nach diesem Informationsabend voraussagt: Das Lauterbacher Parlament wird kaum in der Lage sein, den gordischen Knoten von 1,5 Millionen Euro Defizit „zu viel“ zu lösen – jedenfalls nicht in einem überschaubaren Zeitrahmen. Der Abend hinterlässt vielmehr den Eindruck: Damit sind die ehrenamtlichen Volksvertreter schlicht überfordert. Und sie sind ja nicht die Ersten, denen es so geht.

Die Stadtverordneten sollen jetzt ruckartig Einrichtungen und Infrastruktur in großem Stil beschneiden, die sie selbst mit beschlossen haben – und sich dann dafür bei der Einwohnerschaft rechtfertigen. Dafür müssten Parlamentarier schon über einen langen Schatten springen – das klappt nach aller Erfahrung eher selten bis gar nicht. An der Stelle wäre eigentlich professionelle Hilfe von außen gefragt: ein Finanzunternehmen, dass ein realistisches Konzept zum Defizitabbau erstellt.

Der unverstellte Blick von außen: Das ist der eigentliche Grund, warum überschuldete Kommunen sich professionelle Hilfe bei der Konsolidierung holen – damit Fraktionen sich nicht über Kleinigkeiten wie Anhängerkupplungen und Büchereigebühren streiten, um den großen, unpopulären, möglicherweise notwendigen Schnitt zu meiden. Siehe Alsfeld. Als dort daraufhin der „Kahlschlag“ drohte, wurden auch nicht alle vorgeschlagenen Sparmaßnahmen umgesetzt – aber doch auch schwierige Maßnahmen angegangen.

Mittwoch diskutierte man im Lauternacher Rathaus stundenlang über Posten von 7000 Euro hier und 15.000 Euro dort. Mal schnell gerechnet: Das Parlament müsste sich in der Größenordnung also auf ungefähr 150 geänderte Positionen einigen, um auf 1,5 Millionen zu kommen. Wie lange mag das dauern? Ist das realistisch? Selbst, wenn man es bei der Hälfte belässt und auf Entgegenkommen der Behörde hofft?

Dass die Fraktionen völlig unvorbereitet in die Sitzung gingen, dass viele Abgeordnete gar keinen Haushalt mitgenommen hatten, spricht nicht für die Kraft zum Schattensprung. Und da mag der Ball bei den Fraktionen liegen, Hilfe brauchen sie allemal.      Axel Pries

 

Ein Gedanke zu “Viele Fragen, aber eine Lösung nicht in Sicht

  1. Das Kreisdorf Lauterbach hat schon am Ortsschild Probleme – nennen die sich doch tatsächlich KREIS-STADT – ha ha ha.
    Und was heißt hier Haushaltsdefizit. Wer über Jahre mehr ausgibt als einnimmt, muß logischerweise damit rechnen.
    Und dann diese unnötigen Scheinprivatisierungen die nur einigen wenigen gutes Geld bringen aber der Stadt Zuschüsse abverlangen um künstlich erhalten und vor der Öffentlichkeit als Spar-Idee verkauft werden.
    In der wesentlich kleineren Nachbargemeinde Wartenberg scheints wohl besser zu laufen. Liegt wohl auch daran, daß die Wartenberger Parlamentarier weniger ihre eigenen Pfründe pflegen und eher das Gemeinwohl im Auge haben.
    Liebe Grüße Bodo Infos

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