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Abschied und Neuanfang in AlsfeldAndreas Kraus übernimmt das Ruder bei der Hessenhalle

ALSFELD (jal). Chefwechsel bei der Alsfelder Hessenhalle: Nach acht Jahren auf dem Posten hört Christian Schmidt. Sein Nachfolger Andreas Kraus wurde nun bei einer kleinen Feierstunde offiziell vorgestellt. Schmidt, der wieder als Konzertveranstalter arbeiten will, hat jedoch noch was vor in Alsfeld.

Eines möchte Christian Schmidt dann lieber doch nochmal mit einem leichten Lächeln klarstellen nach seiner Rede. Nein, die Amigos seien nicht schuld, dass er jetzt die Hessenhalle verlässt. Es sei nicht dieses eine Konzert der Vogelsberger Schlagerbarden im August gewesen, welches ihn nachdenklich gemacht habe – weil er beim Beobachten des Konzertveranstalters leise zu sich gesagt hat, „das warst mal du“.

Dieses Gefühl, diese Leidenschaft dafür, Musikveranstaltungen direkt zu managen, und nicht nur als Chef einer Location, habe ihn vielmehr nie wirklich losgelassen. Aber da im August, da hat er es eben besonders gespürt. „Wenn man mal für so etwas gebrannt hat, dann steckt das irgendwie so in einem drin“, sagt Schmidt. Und jetzt, mit 50, nach einer tollen Zeit in der Hessenhalle, wie er selbst sagt, hat Schmidt Lust, dem inneren Ruf zu folgen und wieder tiefer in die Eventbranche einzusteigen. Er hat nicht selbst gesucht. Aber ein Konzertveranstalter in Kassel kam auf ihn zu. Schmidt nahm das Angebot an, wird dort als Geschäftsführer anfangen.

Aus diesem Grund verabschiedete sich Schmidt am Mittwochvormittag mit einer kleinen Feierstunde bei rund 100 Gästen in der dezent weihnachtlich geschmückten Hessenhalle. Außerdem stellte er mit Andreas Kraus sogleich seinen Nachfolger als Hessenhallen-Chef vor.

Ein letztes Grußwort als Hessenhallen-Chef: Christian Schmidt

Aber zunächst nochmal zu Schmidt und seinem Wirken in Alsfeld. Wie das bei Abschieden so ist, gab es einige kurze Reden. Und bei einem Punkt waren sich alle, die ans Mikrofon traten, absolut einig: Mit Christian Schmidt verliert die Hessenhalle einen Pragmatiker als Chef. Einen Mann, der am Telefon genau so verbindlich ist, wie im persönlichen Gespräch. Eben jemand, der Probleme eher löst, als neue zu finden – und dabei stets einen freundlichen Ton wahrt. Schmidt, so also das allgemeine Credo, wird auf dem Chefsessel der Hessenhalle fehlen.

Den Anfang der Abschiedsworte machte Horst Kaisinger, Vorsitzender der Zucht- und Besamungsunion Hessen (ZBH) – und damit der Eigentümerin der Hessenhalle. Er wird vor allem Schmidts Menschlichkeit gut in Erinnerung behalten. „Wir haben keine Probleme gehabt in den Gremien mit Ihnen – umgekehrt auch nicht“, sagte Kaisinger.

Seit den 25 Jahren, in denen es die Hessenhalle gibt, laute das Motto, die Halle müsse sich selbst tragen und dürfe der Landwirtschaft, die in Form der ZBH dahintersteht, kein Geld kosten. Er sei zuversichtlich, dass dies auch weiterhin eingehalten werde. Schmidt hinterlasse ein „super Team, so Kaisinger.

Blick in die Feierrunde

Landrat Manfred Görig hob die Bedeutung der Hessenhalle für den Landkreis hervor. Was die Messe für Frankfurt sei, sei wirtschaftlich betrachtet die Hessenhalle für den Vogelsberg. Dass der Landrat, wenn er nicht im Kreishaus weilt, seine Zeit gern auf Hochsitzen verbringt, ist kein Geheimnis. Deswegen überraschte es auch nicht, als Görig erzählte, dass die Jagdmesse zu seinen Lieblingsveranstaltungen in der Hessenhalle zählt.

Wirtschaftstreffen sind das eine. Doch besonders in den vergangenen Jahren war die Hessenhalle viel mehr für den Vogelsberg. „Wer vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ein Landkreis mal ein Impfzentrum aufbauen muss, dem hätte ich nicht geglaubt“, sagte Görig mit Blick auf die Corona-Pandemie. Bis heute wird bei der Hessenhalle noch gegen das Virus geimpft, wenn auch in geringerem Umfang als vor gut zwei Jahren.

Die Hessenhalle war nicht nur Impfzentrum, sondern auch Flüchtlingsunterkunft. In beiden Fällen brachte das für die Mannschaft vor Ort sowie die eingebundenen Helfer und Behörden große Herausforderungen mit sich. Erster Kreisbeigeordneter Jens Mischak lobte den Pragmatismus, den Schmidt und sein Team dabei an den Tag gelegt hätten. So sei es gelungen, sagte Mischak mit Verweis auf eine beliebte Formulierung des Landrats, „viel PS“ beim Lösen der Probleme auf die Straße zu bekommen.

Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule dankte Schmidt für seine „persönliche Prägung“, die er bei seiner Arbeit mitgebracht habe. Der Posten des Hessenhallen-Chefs sei für Alsfeld von besonderer Bedeutung, sagte Paule, der Schmidt zum Abschied eine Festschrift zur 800-Jahr-Feier der Stadt überreichte – und den Gästen noch mit auf den Weg gab, dass seine persönliche Lieblingsveranstaltung die Hessische Landwirtschaftsmesse sei; wegen den glänzenden Augen von Großvätern und Enkeln, wenn sie sich die großen Maschinen anschauen.

Schließlich trat Schmidt selbst ans Rednerpult. Er dankte seiner Familie für die Unterstützung, eher er sichtlich bewegt seine in Reihe aufgestellten Mitarbeiter einzeln verabschiedete und jedem für die gemeinsame Zeit dankte.

Aufgereiht zum Abschiednehmen: Schmidt bedankt sich bei seinen Mitarbeitern

Und schließlich holte Schmidt seinen Nachfolger auf die Bühne. Andreas Kraus, 44, gebürtiger Alsfelder, wird vom kommenden Jahr an die Geschicke der Halle lenken. Schmidt suchte mit einer simplen Stellenanzeige nach einem Ersatz für sich. Bei ihm habe es „ziemlich schnell gerattert“, als er die Anzeige gesehen habe, sagte Kraus.

Der verheiratete Familienvater kommt aus der Finanzbranche, hat bislang bei der VR-Bank und Schwäbisch-Hall gearbeitet. Angst vor dem Schritt in die Veranstaltungswelt hat er nicht. Es gehe in beiden Fällen darum, ein Produkt zu verkaufen. Er kenne die Hessenhalle als Alsfelder gut, habe selbst dort Messen oder früher Konzerte besucht. Große Umbrüche zur bisherigen Ausrichtung der Halle soll es nicht geben, auch wenn er schauen möchte, ob man das ein oder andere vielleicht doch anders machen kann, so Kraus.

Am Ende der kleinen Feier hat Schmidt dann noch eine Botschaft parat. Er sei nicht aus der Welt, als Konzertveranstalter in Kassel gebe es immer Möglichkeiten, auch etwas in Alsfeld zu machen. Und mindestens „ein Ding“ habe er noch. Seine Idee: Ein Open-Air-Konzert auf dem ehemaligen Reitplatz, da sei er heiß drauf. Als er das sagt, funkelt in seinen Augen das Feuer eines Konzertveranstalters, das nie so richtig erloschen war.

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