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Bericht aus der Arbeit des KreisausschussesWeniger Ukraine-Flüchtlinge im Vogelsberg

VOGELSBERG (ls). Der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine in den Vogelsberg ist nicht mehr so hoch. Dafür aber bekommt der Kreis mehr Flüchtlinge aus anderen Ländern zugewiesen. Ende Oktober sollen die Kapazitäten in der Gemeinschaftsunterkunft erschöpft sein.

Das teilt Landrat Manfred Görig den Kreistagsmitgliedern im Bericht aus der Arbeit des Kreisausschusses mit. „Der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine ist aktuell nicht mehr so hoch und lässt sich bewältigen“, erklärt Görig darin. Allerdings rechne der Kreis in den nächsten Monaten wieder mit einem größeren Zustrom von „Kälteflüchtlingen“.

Insgesamt wurden bislang 1.505 Flüchtlinge aus der Ukraine bei der Ausländerbehörde angemeldet. Von diesen Personen sind 1.020 privat untergebracht, 485 wurden dem Vogelsbergkreis über die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen. Alle Menschen aus der Ukraine – bis auf 33 Personen – wurden in einem „personellen Kraftakt“ registriert.

Zwischenzeitlich habe das Regierungspräsidium Gießen (RP) außerdem noch die Zuweisungen von anderen Flüchtlinge deutlich erhöht. „Aktuell gehen wir von Zuweisungszahlen von 20 bis 30 Personen pro Woche aus“, erklärt der Landrat weiter. Neben dem Personal, das für diese Menschen zusätzlich benötigt wird, sei der Flaschenhals aktuell die Unterbringung. In den vorhandenen Gemeinschaftsunterkünften sind die Kapazitäten Ende Oktober erschöpft.

Mit Beginn des Rechtskreiswechsels zum 1. Juli 2022 durchliefen mit Stand zum 27. September insgesamt 1.022 Flüchtlinge aus der Ukraine das Antragsverfahren im SGB II. Im aktuellen passiven Leistungsbezug befinden sich 958 Personen; davon führt der Kreis prognostisch 683 Personen als sogenannte Aktivierungskunden (Personen über 15 Jahren) ohne Prüfung Erwerbsfähigkeit beziehungsweise Bezug von Altersrente.

Der Aufwand für die Bearbeitung der SGB II-Anträge der aus der Ukraine geflüchteten Menschen sei sehr hoch und es bestehe eine hohe Nachfrage nach persönlicher Beratung. Entsprechend besteht in diesem Bereich auch ein hoher Personalbedarf.

Geplantes Chancen-Aufenthaltsrecht sorgt für weitere Probleme

Dafür sorgt im Übrigen auch das durch die Bundesregierung geplante Chancen-Aufenthaltsrecht. Demnach soll einem geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt und nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen Straftat verurteilt wurde.

Die Aufenthaltserlaubnis soll versagt werden, wenn der Mensch wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht und dadurch seine Abschiebung verhindert hat. Für die erstmalige Erteilung ist kein Nationalpass beziehungsweise keine Klärung der Identität nötig.

Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll für ein Jahr erteilt werden. In diesem Jahr sollen von den Betroffenen die übrigen Voraussetzungen insbesondere Lebensunterhaltssicherung, Sprachkenntnisse und Identitätsnachweise für ein Bleiberecht vorgelegt werden. Das bedeutet, dass im Laufe des Jahres 2024 (je nach Datum der Ersterteilung) die Prüfung ansteht, ob aus dem Chancen-Aufenthaltsrecht ein Bleiberecht entsteht. Sofern die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt werden können, müssen Ablehnungsbescheide werden und eventuelle Klageverfahren bestritten werden.

Im Vogelsbergkreis gibt es derzeit rund 120 Personen mit einer Duldung und einem mehr als fünf-jährigen Aufenthalt. Diese Personen könnten zusammen mit den Familienangehörigen, die noch keine fünf Jahre Aufenthalt haben, also beispielsweise nachgeborene Kinder, unter das Chancen-Aufenthaltsrecht fallen und müssten hinsichtlich einer Ermessensduldung geprüft werden.

Zusätzlich gibt es noch rund 230 Personen mit einem mehr als fünf-jährigen Aufenthalt plus Familienangehörige, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind. Diese fallen zwar nicht unter das geplante Chancen-Aufenthaltsrecht, aber aus der Erfahrung hinsichtlich früherer Altfallregelungen ist damit zu rechnen, dass Personen, die eine schlechte Asylprognose haben, eventuell ihren Asylantrag zurücknehmen, um unter die Regelung des Chancen-Aufenthaltsrecht zu fallen.

Bei all diesen Personen ist zum Ablauf der Chancen-Aufenthaltserlaubnis zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Anschluss-Aufenthaltserlaubnis vorgelegt wurden. Ebenfalls am 4. März 2024 enden alle Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG der UKR Kriegsflüchtlinge – nach Stand heute über 1.200 Personen. Das stellt die Ausländerbehörde „sowohl kurzfristig, als auch langfristig vor enorme Probleme“, wie Görig sagte.

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