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Goldene Anstecknadel und Wappenteller der Stadt für Günther Krämer nach 50 Jahren am Ortsgericht„Nach 50 Jahren wird es für mich Zeit zu gehen“

ALSFELD (ls). Seit 50 Jahren ist Günther Krämer beim Ortsgericht in Alsfeld, zuletzt sogar als stellvertretender Ortsgerichtsvorsteher. Für sein Engagement erhielt er nun die Goldene Anstecknadel und den Wappenteller der Stadt – und kündigte nach fünf Jahrzehnten sein Ausscheiden aus dem Ortsgericht an.

„Nach 50 Jahren wird es für mich Zeit zu gehen“, kündigte Günther Krämer am Ende seines Rückblicks auf die vergangene Zeit an – just an dem Tag, als er selbst für die fünf Jahrzehnte Engagement mit der Goldenen Anstecknadel und dem Wappenteller der Stadt geehrt wurde.

Auch wenn er selbst noch bis 2026 berufen sei, plant der stellvertretende Ortsgerichtsvorsteher seinen Rücktritt zur Jahresmitte, gemeinsam mit seinem Leuseler Nachbarn Dieter Haupt, der sich seit 20 Jahren im Ortsgericht engagiert. Nach 50 Jahren geht damit nun eine Ära zu Ende, die Krämer in seinen über 26 Jahren als stellvertretender Ortsgerichtsvorsteher maßgeblich prägte – und in denen er viel erlebte.

Im Rahmen einer kleinen Feierlichkeit im Sitzungssaal des Rathauses wurde Günther Krämer für 50 Jahre am Ortsgericht geehrt und mit der Goldenen Anstecknadel und dem Wappenteller der Stadt ausgezeichnet. Alle Fotos: ls

Ehrung für den „rasendste aller Reporter“ der Stadt

Über fünf Jahrzehnte habe Krämer das Leben der Stadt nun schon entschieden mitgeprägt, erklärte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule. Längst sei Krämer damit zu einem bekannten Alsfelder Gesicht geworden – mitunter durch seine Tätigkeit als der „rasendste aller Reporter“ in der Stadt. „Immer kundig, sich immer informierend“, beschrieb Paule ihn, wodurch Krämer in etwas Unbewegtes oftmals Bewegung bringe durch seine Berichterstattung.

Schon seit 1960 arbeitet Krämer als freier Mitarbeiter bei der Oberhessischen Zeitung, absolvierte vorab eine Lehre zum Schriftsetzer, war beim Gießener Anzeiger angestellt, besuchte die Maschinensetzerschule in Offenbach, wo er eine fußballerische Stippvisite bei den Kickers Offenbach machte, kam dann zurück in den Vogelsberg, von wo aus es ihn wieder nach Gießen in den Bereich der Zeitungsherstellung zog – nicht zu vergessen seine Bundeswehrzeit von Juli 1964 bis Dezember 1966 ebenfalls in Gießen, wo er sich fußballerisch jahrelang beim VfB Gießen engagierte.

Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule bei der Ehrung.

Letztendlich fand er aber mit 27 Jahren den Weg in den öffentlichen Dienst bei der Stadt Alsfeld. „Es war eine ganz andere zeit, eine Zeit des Aufbruchs in der Stadtverwaltung“, erzählte er. Kurz zuvor, in 1972, wurde die Stadt um 15 Stadtteile erweitert – Altenburg war bereits seit 1970 durch die Kamax-Ansiedlung eingegliedert. Dadurch wuchs auch die Verwaltung und es folgten personelle Wechsel – mitunter wurde der SPD-Politiker Hans-Ulrich Lipphardt zum Bürgermeister gewählt.

Krämers Ziehvater Helmut Jörg wurde durch den Bürgermeister zum Verwaltungschef aufgebaut. Jörg war es dann auch, der Günther Krämer vor 50 Jahren ermutigte, Schöffe zu werden – der Beginn seiner Tätigkeit am Ortsgericht.

Dass diese Zeit nun so schnell vorbei ist, damit hatte vor allem Klaus Schwaderlapp, der Direktor des Alsfelder Amtsgerichts, nicht gerechnet und erinnerte an eine Ehrung in Kirtorf vor mittlerweile viereinhalb Jahren. Damals habe Krämer bereits angedeutet, dass er auch bald „fällig“ sei. Zunächst habe er selbst gedacht, dass das noch dauert, aber jetzt merke Schwaderlapp, wie schnell die Zeit doch vergeht. „50 Jahre – da kann man ziemlich stolz drauf sein“, lobte der Direktor des Amtsgerichts. Das sei nicht selbstverständlich, dass jemand so lange Zeit auf eine ehrenamtliche Tätigkeit aufwende.

Die Urkunde wurde verlesen, die Anstecknadel angesteckt.

Abschied nach 50 Jahren

„Das Ortsgericht von damals ist mit dem heutigen Ortsgericht kaum vergleichbar“, erinnert sich Krämer zurück. Zwar seien die Aufgabenstellungen gleichen, aber zwischen den Arbeitsweisen würden „Welten“ liegen. „Stenoblock und Kugelschreiber – und vor allem Kaffee – beherrschten die Sitzungen“, sagte er. Einige Stunden hätten solche Sitzungen schon einmal gedauert, wenn nicht sogar Tage – besonders dann, wenn es um Schätzungen ging. Damals nämlich habe es keinen einheitlichen Berechnungsstil gegeben, oft wurde darüber diskutiert, wie viel man selbst für ein Objekt ausgeben würde. Heutzutage sei das kaum noch vorstellbar.

Zwischenzeitlich gab es einige personelle Wechsel im Ortsgericht, ehe mit Ingeborg Beckmann-Launer 2008 die erste Frau den Posten des Ortsgerichtsvorstands übernahm. Zehn Jahre habe Krämer mit ihr „Stuhl an Stuhl“ gearbeitet, mit ihrem Ausscheiden übernahm Dietmar Köllner.

Der Direktor des Amtsgerichts Klaus Schwaderlapp überreichte im Namen von Ministerpräsident Volker Bouffier ebenfalls eine Urkunde.

Nun steht der nächste Wechsel an, denn nach 50 Jahren hat sich Günther Krämer entschieden dem Ortsgericht den Rücken zu kehren. Die Nachfolge als Stellvertreterin wird Elke Keller übernehmen, die seit 2017 Schöffin ist. Ihre Einarbeitung sei für einen nahtlosen Übergang bereits erfolgt. „Das Ortsgericht bleibt gut und bürgernah aufgestellt – auch wenn die Corona-Pandemie nicht spurlos vorbeigezogen ist“, erklärte er, ehe er langjährigen Wegbegleitern dankte.

Einer dieser Wegbegleiter war Dietmar Köllner, der derzeitige Ortsgerichtsvorsteher, der nochmals darauf aufmerksam machte, dass das Ehrenamt für Krämer immer ein großes Anliegen gewesen sei. Mitunter war Krämer lange Jahre für verschiedene Fußballvereine aktiv, war in der Sportkommission Vogelsberg, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Verkehrsvereins und für die SPD acht Jahre im Kreistag.

Ein Präsent übergab Dietmar Köllner im Namen des Ortsgerichts an Günther Krämer.

„Ich hatte vor über 25 Jahren das erste Mal mit dir zu tun“, sagte Köllner, der damals junger Vorsitzender eines Sportvereins war, während Krämer der Vorsitzende des Sportkreises Alsfeld war. Danach habe es immer wider Begegnungen gegeben, zuletzt im Ortsgericht, wo Krämer nun sein letztes Jahr sein wird.

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