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Kochen für die Knochen: Kochkurs mit Dr. med. Elvira DeckerWenn die Ärztin gemeinsam mit ihren Patienten kocht

ALSFELD (ol). Zutaten für sieben Gänge und eine Dozentin in Kochschürze? An diesem Abend in der Küche der Alsfelder Volkshochschule geht es nicht um Chinesische Kalligrafie oder Spanisch für Einsteiger. Dr. med. Elvira Decker, Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie vom Medizinischen Versorgungszentrum Alsfeld, das am Kreiskrankenhaus Alsfeld angegliedert ist, möchte gemeinsam mit ihren Patienten kochen.

Die Zutaten für vegane Tajine, Lasagne mit Weißkohl, Ofenlachs vom Blech und Mangosalat liegen bereit, heißt es in der Pressemitteilung des Kreiskrankenhaus. Einige Teilnehmer rechnen vermutlich noch immer mit einem Vortrag mit Kochvorführung, doch nach einer kurzen Vorstellungsrunde geht es los. Die Rezepte werden aufgeteilt und das große Schnibbeln beginnt.

Das Thema Ernährung nimmt bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen einen großen Stellenwert ein. „Immer wieder kommen Patienten zu mir in die Praxis und fragen mich, was sie an ihrem Ernährungsstil verändern können – das war schließlich die Motivation, diese Veranstaltung anzubieten. Essen soll Spaß machen“, sagt die Doktorin. Viele Patienten, die unter rheumatischen Erkrankungen leiden, müssen auf ihre Ernährung achten. Da die Gelenke zu Entzündungen neigen, helfe vielen Patienten eine Gewichtsreduktion dabei, die Beschwerden zu lindern. „Diäten und strikte Essenspläne können frustrierend sein. Deswegen versuche ich meinen Patienten zu vermitteln, dass sie, wenn sie einige wenige Regeln beachten, schon viel bewirken können“, versichert Decker.

Wenig Schweinefleisch, viel Gemüse und Obst, sollten laut Pressemitteilung auf dem Speiseplan stehen. Denn rheumatische Erkrankungen werden neben vielen weiteren Faktoren auch vom Arachidonsäure-Gehalt beeinflusst. Diese Säure kann Entzündungen im Körper fördern und kommt in unterschiedlichen Mengen in tierischem Eiweiß vor. Sind Betroffene zum Beispiel bei Rheumatoider Arthritis sowieso schon von erhöhten Entzündungswerten im Körper betroffen, würde eine Ernährung mit viel Arachidonsäure noch mehr Entzündungsfaktoren in den Körper bringen.

Gesund, praktikabel und schmackhaft

„Ein Drittel Obst, zwei Drittel Gemüse ist eine gute Orientierung“, fasst die Rheumatologin zusammen. Reduziere man dabei noch das Fleisch oder steige auf Fisch um, seien auch kleine Sünden wie ein Glas Rotwein kein Problem. „Es geht nicht darum, ob das Öl zum Kochen kaltgepresst ist oder nicht, sondern dass es ein pflanzliches Öl ist. Man muss seine Ernährung nicht sezieren – gesund, praktikabel und schmackhaft soll es sein“, versichert die Medizinerin.

Immer wieder stehen die kleinen Gruppen an den Küchenzeilen zusammen und sind ins Gespräch vertieft. Manche genießen das Gespräch auf Augenhöhe, ohne die Krankheit erklären zu müssen. „Ich komme gerade aus einer mehrwöchigen Kur und versuche möglichst viel der Impulse mit in den Alltag zu nehmen“, erklärt ein Teilnehmer, der schon seit einigen Jahren Patient bei Rheumatologin Decker ist. Vorher habe er viel Sport gemacht, sei Marathon gelaufen aber „nach einigem Auf und Ab geht es nun aufwärts“, sagt er. Viele Medikamente mussten eingesetzt werden, bis endlich das individuell Richtige gefunden wurde.

Foto: Christian Lips

Viele Teilnehmer sagen, dass sie nach der Diagnose einer rheumatischen Erkrankung bewusster leben wollen. Verzweiflung und Schwermut bestimmen den Alltag, der sich plötzlich nur noch um die Erkrankung zu drehen scheint. „Zur psychischen Belastung, die die Erkrankung darstellt, kommen die Herausforderungen des Alltags. Stress, Kinder, Beruf, vielleicht pflegebedürftige Eltern – das alles ist sehr belastend“, beschreibt die Expertin die Probleme vieler Patienten.

Da große psychische Belastungen die Symptome rheumatischer Krankheiten verschlimmern können, müsse die Behandlung auch dort ansetzen. Neben Immunsuppressiva sei das eine wichtige Säule der Therapie. „Ich habe schon Fälle erlebt, wo Patienten nach einem Jobwechsel ihre Medikamentendosis halbieren konnten. Ruhe, zu sich selbst finden und zum Beispiel durch Umstellungen bei der Ernährung die Lebensqualität steigern, helfen ausgesprochen gut.“

Nach etwa drei Stunden gemeinsamen Kochens und sieben probierten Hauptgerichten, Vor- und Nachspeisen sowie vielen familiären Gesprächen mit neuen und alten Bekannten, machen sich die Teilnehmer auf den Heimweg. Zufrieden und vielleicht etwas müde vom vielen leckeren Essen.

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