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Gruppe mit über 50 jungen Menschen verlebt eine Woche in Taizé„Eine Tankstelle für die Seele“

VOGELSBERG (ol). Wer einmal nach Taizé gereist ist, kommt verändert zurück. Positiv berührt, inspiriert von vielen Gesprächen, beeindruckt von tiefen Beziehungen, getröstet und bestärkt von den Liedern und Gebeten, die den Tagesablauf in der Gemeinschaft von Menschen aus aller Welt bestimmen. Und wer dies einmal kennengelernt hat, möchte gerne wieder an diesen Ort des Friedens und der Ruhe. Genau dahin reiste eine ganze Gruppe junger Menschen aus dem Dekanat Vogelsberg.

Aus diesem Grund, und natürlich auch, um wieder anderen Menschen die Möglichkeit zu geben, diesen außergewöhnlichen Ort im französischen Burgund kennenzulernen, steht eine Reise nach Taizé schon seit vielen Jahren auf dem Veranstaltungskalender der Jugendarbeit des Evangelischen und des Katholischen Dekanats Alsfeld. Es ist die ökumenische Fahrt des Jahres, die von einem langjährigen gemeinsamen Team der beiden Dekanate organisiert und angeboten wird.

Alljährlich macht sich kurz nach Ostern eine große Reisegruppe mit überwiegend jungen Menschen auf den Weg – geleitet von dem Wunsch, ihrer Spiritualität nachzugehen, in der Gemeinschaft das Besondere zu finden und eine Zeit zu verleben, in der weder Hektik noch Konsum noch Leistung oder Druck eine Rolle spielen.

Spirituelles Erlebnis: die gemeinsamen Gottesdienste in Taizé. Foto: Jutta Marth-Steckenreuter

Abstand vom Alltag gewinnen

„Ein Aufenthalt in Taizé kann helfen, Abstand zu gewinnen vom Alltag, ganz verschiedene Menschen kennenzulernen und über ein Engagement in Kirche und Gesellschaft nachzudenken“, skizziert die evangelische Dekanatsjugendreferentin Jutta Marth-Steckenreuter weitere Aspekte der Reise. Die Rückmeldung der jungen Leute geben ihr recht: „Es war ein wunderschönes Erlebnis mit so vielen Leuten, die man kennenlernen konnte. Komplett anders als zuhause, aber im positiven Sinn“, heißt es in dem kleinen Reisetagebuch, in dem sich alle verewigen durften.

Besonders die Multi-Nationalität der Gemeinschaft, das vielsprachige, und dennoch unkomplizierte Miteinander hat es vielen Teilnehmenden angetan, berichten die Betreuer der Fahrt im Anschluss.„Hier entstehen Herzensbindungen“; hinterlässt eine Mitreisende im Büchlein. „Das Besondere ist, immer wieder festzustellen, wie viel sich in dieser Woche in jedem wandelt“, betont Kathrin Landwehr, die Dekanatsbeauftragte in der Jugendarbeit von katholischer Seite: „Wer sonst mehr in sich gekehrt ist, beginnt auf einmal wie aufzublühen, aus sich herauszugehen mit einem Lächeln im Gesicht. Sorgen werden irgendwie klein und wen innere Fragen bewegen, der findet dort eine Antwort.“

Ein Leben, jenseits des Überflusses

Mit dabei war auch Joshy John. Der junge weltwärts-Praktikant aus Indien war erstmals in Taizé. Seine Begeisterung und auch den tiefen emotionalen Eindruck kann er kaum ausdrücken: „Taizé ist Liebe und Fürsorge, in einem Wort: Taizé ist Frieden“, so sein Resümee. Spürbar wird, wie sehr offenbar gerade junge Menschen sich nach ein wenig Abstand und Ruhe sehnen, und diese auch zulassen können: „Die Ruhe hat mir meine Kraft zurückgebracht“, schreibt ein junges Mädchen.

Das bestätigt auch Teamer Markus Wagner. „Es ist schon besonders, dass man trotz so vieler Leute hier zur Ruhe finden kann.“ Ihn bewegen auch die Offenheit und der friedliche Umgang, die Vielfalt und Intensität von gelebter Ökumene. „Es tut gut, sich dazu jedes Jahr wieder aufzumachen, Alltagswege zu verlassen und dann beschenkt nach Hause zu kommen. Die Jugendlichen selbst sind sich einig: Auch die Kargheit in den Unterkunftsbaracken ist gar nicht so schlimm. „Man lernt sich zu freuen, wenn man nach einem großen Regen von einer nassen in eine trockene Baracke wechseln darf“, so ein Eintrag im diesjährigen Taizébuch – ein Eindruck, den die Teamer unterstreichen: „In Taizé lernt man tatsächlich, mit den elementaren Dingen zu improvisieren. Man lebt jenseits des Überflusses, an den man sich in Europa längst viel zu sehr gewöhnt hat, man erlebt die Naturgewalten in den kargen Behausungen viel intensiver. Das heißt auch: Man ist näher bei sich selbst!“

Eine Gruppe, die gemeinsam viel erlebt hat: die Taizé-Reisenden 2019. Foto: Jutta Marth-Steckenreuter

Wilma Well fügt an: „Und da geschieht so viel. Durch den Tagesablauf, die Gottesdienste, die Gesprächsgruppen und Begegnungen, kommt in jedem ein Nachdenken über das eigene Leben und Gott in Gang, und irgendwo im Herzen wird spürbar, wirklich geliebt und angenommen zu sein. Da wächst Glauben und Vertrauen.“ Sie erinnert sich an ein Zusammenkommen der Gruppe gegen Ende der Woche, als eine Jugendliche über ihre Erfahrungen berichtete und ermutigte: „Hey, geht einfach mal nur ganz für Euch selbst in die Kirche und bleibt da eine Zeit. Das hilft wirklich. Ich hab´ da wirklich Antworten für mich gefunden, beten hilft.“

Ein Tag wie in Taizé im katholischen Pfarrzentrum

Viele gemeinsame Erlebnisse brachte die 60-köpfige Reisegruppe nach einer Woche von Taizé mit nachhause, aber auch viele ganz private persönliche Eindrücke. Die vielleicht prägnanteste Beschreibung ihrer sieben Tage hat die sechzehnjährige Jana gefunden: „Taizé“, so schrieb sie, „ist eine Tankstelle für die Seele.“

Diese „Tankstelle“ hat auch im Vogelsberg geöffnet: Einmal im Monat findet an jeweils einem anderen Ort in den Katholischen und Evangelischen Dekanaten ein Taizé-Gebet statt, das nächste am 16. Juni um 19 Uhr auf dem Totenköppel in Meiches. Einen ganzen Taizé-Tag kann man am 15. September erleben. „Ein Tag wie in Taizé“ findet dann ab 12.20 Uhr im Katholischen Pfarrzentrum in Alsfeld statt.

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