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NGG legt Rentenprognose vor: 14.000 Arbeitnehmer unter der Grundsicherung37 Prozent der Beschäftigten im Vogelsbergkreis drohen Mini-Renten

VOGELSBERG (ol). Dem Vogelsbergkreis droht Altersarmut – in einem größeren Ausmaß als bislang angenommen. Das befürchtet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Rund 14.000 Arbeitnehmer im Vogelsbergkreis würden – so, wie sie heute arbeiten – nur eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. Und das, wenn sie nach immerhin 45 Berufsjahren in den Ruhestand gingen. Das sind 37 Prozent aller Beschäftigten im Kreis.

Die Schwelle für „Alters-Hartz-IV“ liegt laut Pressemitteilung der NGG im Vogelsbergkreis bei aktuell 703 Euro im Monat. Dabei sind insbesondere die Kosten fürs Wohnen berücksichtigt. Das gehe aus einer Renten-Analyse des Pestel-Instituts hervor. Die Wissenschaftler aus Hannover haben dabei für die Gewerkschaft NGG amtliche Statistiken ausgewertet.

Demnach würde die Zahl armutsgefährdeter Rentner im Vogelsbergkreis künftig noch deutlich steigen können – nämlich dann, wenn die durchschnittliche Rente bis zum Jahr 2030 auf nur noch 43 Prozent des Einkommens abfallen sollte. Dann gäbe es mehr als 20.000 Menschen, die nach 45 Beitragsjahren bei einer Rente unterhalb der Grundsicherung landen, so das Pestel-Institut.

Es seien alarmierende Zahlen

Andreas Kampmann, Geschäftsführer der NGG-Region Nord-Mittelhessen, spricht von „alarmierenden Zahlen“. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, müsse später auch von seiner Rente leben können. „Am Ende steht hier das Vertrauen in die staatliche Altersvorsorge und damit der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel.“ Die Bundesregierung hat eine Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis lediglich 2025 vereinbart. „Das reicht nicht aus“, sagte Kampmann. Die Große Koalition müsse das Rentenniveau längerfristig stabilisieren und möglichst anheben.

Zugleich sieht die NGG die Arbeitgeber in der Pflicht. „Klar ist, dass aus Mini-Löhnen keine Spitzen-Renten werden“, betont Kampmann. Gerade in Branchen wie dem Gastgewerbe und Bäckerhandwerk müssten im Vogelsbergkreis viele Beschäftigte im Alter aufstocken. „Dabei haben Hoteliers, Gastronomen und Bäckermeister bei der Bezahlung durchaus Spielraum. Anstatt auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden zu setzen, sollten sie reguläre Vollzeitstellen schaffen – und zwar bezahlt nach Tarif“, sagte der Gewerkschafter.

Viele Beschäftigte hätten zwar das Glück, dass der Partner mehr verdiene und so die Haushaltskasse im Rentenalter aufbessere. Doch häufig sei das Geld selbst dann sehr knapp. Gerade wer nur einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbescheid“ einstellen. Frauen seien davon besonders häufig betroffen. Sogar unter Vollzeitbeschäftigten hat nach Berechnungen des Pestel-Instituts aktuell rund jeder Dritte im Vogelsbergkreis einen Rentenanspruch von weniger als 1.000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjahren.

Eine gute tarifliche Altersvorsorge könne zwar dabei helfen, dass im Alter etwas mehr übrig bliebe. „Aber Zusatzrenten sind nicht dafür da, ein immer geringeres Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen“, so Kampmann. Sein Fazit: „Der Staat muss die gesetzliche Rente sichern. Alle Beschäftigten sind auf sie angewiesen. Und die Arbeitgeber müssen bei Löhnen, Arbeitszeiten und Zusatzvorsorge viel mehr tun, damit die Menschen ihren Lebensabend genießen können.“

8 Gedanken zu “37 Prozent der Beschäftigten im Vogelsbergkreis drohen Mini-Renten

  1. Der Armutsbericht 2018 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (Download https://www.der-paritaetische.de/armutsbericht/) geht erstmals der Frage nach, wer die rund 13,7 Millionen Menschen, die in Deutschland in Armut leben, faktisch sind. Er räumt dabei mit klassischen Vorurteilen und Fehlannahmen auf. Ein Drittel der erwachsenen Armen in Deutschland sei erwerbstätig, jede*r vierte arme Erwachsene sei in Rente oder Pension und nur ein Fünftel sei arbeitslos. So lautet nur einer der vielen brisanten Befunde des aktuellen Berichts.
    Auch die gängige Formel, Bildung allein schütze vor Armut, treffe offensichtlich nicht zu: „Wie die Analyse des Paritätischen zeigt, weisen fast drei Viertel der ab 25-jährigen Armen ein mittleres oder sogar hohes Qualifikationsniveau auf.“
    Dies zeigt deutlich, dass die Diskussion um die Armutsrisiken in unserer Gesellschaft häufig in die falsche Richtung gehen und die Armutsbekämpfung endlich an den tatsächlichen Ursachen ansetzen muss!

  2. Toll isses, wenn Du genau soviel Rente bekommst, dass Du durch das sog. „Soziale Netz“ rutschst. Wohngeld kriegste nicht, weil „zuviel“ Rente ( liegt aber nur an der Einstufung des VB bei den zu berücksichtigten Mietstufen) und Grundsicherung knapp vorbei. Und dann stehste Da und guckst dumm aus der Wäsche. Hast immer gearbeitet, 2 Kinder zu produktiven Mitgliedern der Gesellschaft erzogen, und Deinem Partner geholfen, seine Selbständigkeit mit eigenem 1Mann-Betrieb zu erhalten.Als Dankeschön haste dann -gar nichts. So sieht’s heute schon aus und besser wird es nicht werden. Meine Enkelkinder tun mir leid, hoffentlich sagt denen einer frühzeitig, was sie erwartet. Wahrscheinlich aber nicht – leider!

    1. Genau das vergisst man immer, wenn man über die Benachteiligung der Hartz-IV-Empfänger und derjenigen diskutiert, die keine Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung geltend machen können und Grundsicherung beziehen. Zu diesen sind diejenigen zu zählen, die aus Scham oder wegen Überforderung durch die Bürokratie keine Sozialleistungen beantragen, obwohl sie ihnen zustünden. Und dann kommt noch eine statistisch gar nicht erfasste, aber ganz sicher zahlenmäßig bedeutende Gruppe, die trotz vielfach doppelter Berufstätigkeit gerade mal so „viel“ Einkommen haben, dass sie bei allen Sozialleistungen leer ausgehen. Diese haben dann im Endeffekt weniger im Portemonnaie als ein Hartz-IV oder ALG-2-Empfänger, denn sie zahlen die volle Wuchermiete selbst und sie müssen von dem vorhandenen Nettoeinkommen beliebig viele Kinder durchbringen (Kindergeld deckt nur einen Bruchteil der Kosten!), während die „Bedarfsgemeinschaft“ eines Beziehers von Sozialleistungen mit jedem Kind größer wird.
      Viele dieser Bürger an der GRENZE der Armut sind in Wahrheit ärmer als die, die man offiziell als „arm“ anerkennt. Die Statistik verschleiert dieses Problem nur. In Wirklichkeit geht es nicht allen immer besser, sondern immer mehr Bürgern immer schlechter. Und die soziale Situation derer, die noch relativ gut dastehen, wird immer unsicherer.
      Die Zuspitzung der sozialen Krise sorgt momentan für eine Politisierung. Das ist das einzig Gute daran. Die Leute gucken nicht länger „dumm aus der Wäsche“, sondern hauen so langsam auf den Putz, um zu ihrem Recht zu kommen. Deshalb verstehe ich Ihren letzten Satz nicht: „Meine Enkelkinder tun mir leid, hoffentlich sagt denen einer frühzeitig, was sie erwartet. Wahrscheinlich aber nicht – leider!“ Ihre Kinder und Enkelkinder werden hoffentlich nicht so dumm sein, dass sie nicht von selbst merken, was los ist. Und wenn doch, dann erzählen SIE ihnen doch, was faul ist im Staate D.!

  3. „Gerade wer nur einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen ‚extrem mageren Rentenbescheid‘ einstellen.“
    Und genau diese Arbeitsverhältnisse werden von Landrat Görig als das Vogelsberger Jobwunder bejubelt. Nur weiß doch jeder in unserem Land inzwischen, dass diese ganze Lohndrückerei inkl. Teilzeit, Minijobs, Leiharbeit etc. nicht dem Wohl der arbeitenden Bevölkerung dienen, sondern Taschenspielertricks darstellen, mit denen die Arbeitslosenstatistik gefälscht wurde. Nicht wenn jeder irgendeinen Job hat, ist von einer Leistung der hart arbeitenden Politik auszugehen, sondern wenn jeder von diesem Job auch leben kann und im Alter angesichert ist!
    Und warum redet man uns die Notwendigkeit einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge ein? Damit etwas da ist, woran sich die Sozialbehörden vergreifen können, wenn sie im Alter die Minirenten mit Grundsicherung aufstocken müssen. Da sind dann nämlich die zusätzliche Lebensversicherung, die Betriebsrente, das Häuschen als angeblich beste Altersvorsorge und der Betrag futsch, den die Kinder eigentlich für die Ausbildung der Enkel und ihre eigene Altersvorsorge zurücklegen wollten.
    Leute, seid nicht blöd! Verprasst euer Geld, so lange es noch Spaß macht, und seht zu, dass ihr und eure Kinder bei Renteneintritt arm seid wie die Kirchenmäuse! Und dann zieht die gelben Westen an und haut so lange auf die Kochtöpfe oder noch besser auf die Politikerköpfe, bis die Grundsicherung und die Pflegeversicherung ein auskömmliches Leben ermöglichen. Bezahlt wird das von den Milliarden, die diese nichtsnutzigen Sesselfurzer während ihrer Amtszeit verschwendet oder privat beiseite geschafft haben. Bei grober Fahrlässigkeit wird grundsätzlich privat gehaftet. Gerade aus diesen „hart arbeitenden Leistungsträgern“ lässt sich noch viel heraus schütteln, wenn man sie mal so richtig auf den Kopf stellt! Mal sehen, wer dann noch mit dem Privatflugzeug um die Häuser streift.

  4. Mit schon verplanten 7.761 €/Mon. als Landtagsabgeordneter hat, wenn es denn klappt, die Zukunkft rosige Aussichten.
    Mit welcher Kleingkeit muss denn der Chef vom Kreis + Fahrer auskommen?

  5. „Sogar unter Vollzeitbeschäftigten hat nach Berechnungen des Pestel-Instituts aktuell rund jeder Dritte im Vogelsbergkreis einen Rentenanspruch von weniger als 1.000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjahren.“
    ___________

    Everything ready mit Freddy
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    So schön, schön war die Zeit,
    So schön, schön war die Zeit…
    Viele Jahre schwere Fron,
    harte Arbeit, Minilohn.
    Tagaus, tagein,
    Dann nur Harzvierilein
    Da reicht die Rente nicht weit.

  6. >> Dem Vogelsbergkreis droht Altersarmut – in einem größeren Ausmaß als bislang angenommen. <<
    Erzähl das doch mal einer Cyber-Landrat Manfred I. Görig und seinem Kreishonoratioren-Beirat der reichen Rentner und Pensionäre! Aber fragen Sie besser nicht, was denen zur Lösung dieses Problems bisher eingefallen ist – außer der Haut in bestimmten Körperregionen.

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