Gesundheit5

„Der Kreis hat über 10,6 Millionen Euro in den laufenden Betrieb investiert – auch in die Erhaltung der Geburtshilfe“Görig fordert „redliche Debatte“ über Geburtshilfe

VOGELSBERGKREIS (ol). „Die Kreispolitik hat sich seit meiner Amtsübernahme 2012 immer für den Bestand unseres Krankenhaus eingesetzt – und immer auch für die Weiterführung der Geburtshilfe“, stellt Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Görig in einer Presseerklärung heraus.

„Ich habe mich immer für den Erhalt der Geburtshilfe stark gemacht – vor allem auch in den Verhandlungen mit der Landesregierung“, erläuterte Landrat Görig. Die Landesregierung sei immer gegen die Geburtshilfe gewesen und habe ihre Abschaffung als Voraussetzung für Fördermittel genannt.

Der von Staatsminister Prof. Dr. Braun ins Spiel gebrachte mögliche Zuschlag nach dem Versorgungsstrukturgesetz (das eine bessere Versorgung für die Patienten und flexiblere Versorgungsstrukturen auf dem Land zum Ziel hat) sei, so Görig, bereits 2013 für die Geburtshilfe beantragt worden. Das Land Hessen habe damals in der Anhörung klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Antrag für die Geburtshilfe ablehne. Der Antrag sei 2014 um die Kategorie Notfallversorgung erweitert worden.

Nur für die Notfallversorgung sei der Zuschlag erteilt worden – allerdings mit keinem finanziellen Erfolg, weil die Krankenkassen AOK und Ersatzkassen gegen diesen Bescheid geklagt und – wegen Formfehlern der Landesregierung – Recht erhalten hatten, berichtete der Landrat.

An den Kosten habe es nicht gelegen, sondern an den Rahmenbedingungen

10,6 Millionen Euro direkter Kreiszuschuss seien seit 2013 für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs ins Vogelsberger Krankenhaus geflossen. Und für die Jahre 2016 bis 2020 habe die Kreispolitik jährlich zusätzlich 500.000 Euro für die Geburtshilfe in den Haushalt geschrieben, was den durchschnittlichen Verlusten dieser Abteilung entspreche. Noch vor drei Jahren habe das Haus „auf der Kippe“ gestanden. Jetzt sei der jährliche Verlust sehr gering und sogar eine schwarze Null in greifbarer Nähe.

Görig wiederholte seine Analyse: „Es sind von der Kreispolitik nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene einschließlich der Krankenkassenpolitik, die den kleinen Krankenhäusern auf dem Land das Leben schwer machen.“ Er wehre sich erneut gegen den Vorwurf der mangelnden Unterstützung für die Geburtshilfe- und Gynäkologie-Abteilung. Massiv sei er der Forderung des Landes entgegengetreten, erst die Geburtshilfe zu schließen, um dadurch dann eventuell Fördergelder zu erhalten. Bei allem Verständnis für die großen Emotionen, die das Thema Schließung nun auslöse, dürfe diese Wahrheit „nicht unter die Räder geraten“.

„Am höheren Zuschuss hat es nicht gelegen“, unterstreicht Görig. Auf 128.000 Euro solle die Haftpflicht steigen, hatten die drei Belegärzte dem Landrat im August mitgeteilt. Umgehend habe der Kreis als Eigentümer den Ärzten angekündigt, diesen – deutlich höheren – Betrag auch zu übernehmen. Die Ärzte hätten in ihrer am 14. September verbreiteten Stellungnahme ausdrücklich die „intensiven und konstruktiven Gespräche mit dem Landrat“ bestätigt. Aber auch das Angebot der Übernahme der höheren Kosten durch den Landkreis habe die Ärzte nicht mehr umstimmen können. Das Angebot wurde von den Ärzten ausdrücklich mit dem Hinweis abgelehnt, man wolle nicht mehr Geld, sondern die Rahmenbedingungen in Summe haben sie zu diesem Schritt bewogen, so Görig.

„Populistische Schlammschlacht“ wird Komplexität der Problemlage nicht gerecht

Die Gynäkologische Abteilung als Belegabteilung im Kreiskrankenhaus weiterzuführen, das sei klare Absicht des Landrats; und die drei Belegärzte „haben dazu öffentlich ihre Bereitschaft erklärt“. Der Landrat zitiert aus dem Schreiben der Ärzte: „Die gynäkologische Versorgung im Vogelsbergkreis wird nicht beeinträchtigt. Wir werden darauf hinwirken, weiterhin die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung am Kreiskrankenhaus Alsfeld durch unsere Gemeinschaftspraxis aufrechtzuerhalten.“ Der Landrat habe keine Veranlassung, an dieser Zusage zu zweifeln.

Die größte Steigerung bei den Geburten in Hessen gerade im Vogelsbergkreis (plus 15 Prozent) erfreue den Landrat natürlich sehr. Gleichzeitig sei festzuhalten, dass von den rund 770 Geburten im Jahr nur ein Drittel, nämlich rund 260 Vogelsberger Mütter zur Entbindung nach Alsfeld gingen. Andersherum: bereits jetzt gingen über 500 Mütter aus dem Vogelsbergkreis in Geburtshilfestationen der Nachbarkreise. Das könne man beklagen. Aber schließlich gelte wie bei allen anderen Facharztbesuchen auch hier die Freizügigkeit. Die Nachricht von der bevorstehenden Schließung führe verständlicherweise zu Enttäuschungen und kritischen Fragen. Görig fordert dennoch eine „redliche Debatte“. Eine „populistische Schlammschlacht“ werde der Komplexität der Problemlage nicht gerecht, so Görig.

Durch die Fortführung der Belegabteilung Gynäkologie sei keine Mutter im Vogelsbergkreis während ihrer Schwangerschaft unversorgt. Überdies habe der Landrat natürlich die Interessenlage der übrigen Beschäftigten im Kreiskrankenhaus über die Ärzte hinaus im Blick – auch in dieser Abteilung.

5 Gedanken zu “Görig fordert „redliche Debatte“ über Geburtshilfe

  1. @pablo: Der Hessische Demografiepreis wird seit 2010 verliehen. Er ging noch nie an ein Flüchtlingsprojekt, auch in diesem Jahr ist kein solches nominiert.

  2. Was soll man von einer Politik halten, die einerseits für das Ansiedeln von Menschen aus völlig anderen Kulturkreisen den hessischen Demografiepreis verleiht, andererseits in einem ländlich geprägten Landkreis keine Geburtshilfestation für nötig erachtet?

  3. Wenn zugelassen wird, dass aus dem Vogelsberg ein solches Signal gesendet wird, kann man sich die vom Landrat sooft angesprochene Imageverbesserung auch gleich schenken.
    Nichts hat eine stärkere Signalwirkung, als die letzte Möglichkeit, Kinder im Vogelsberg gebären zu können, abzuschaffen.

    Und wer dabei für was gekämpft hat, lieber Herr Görig, ist am Ende des Tages egal. Das darf schlicht unter keinen Umständen zugelassen werden.

    Wo ein Wille, da ein Weg!

  4. Mein Kommentar bei: CDU-Mitgliederversammlung 19.09.2016
    Mal sehen wer sich von unsere noch so bestürzten nichtsahnenden, immer kämpfenden, falsch verstandenen, fürsorglichen, vorausdenkenden, aber nichts zustande bringende Politiker den Orden der Rettung der Geburtsstation Alsfeld anheften wird. Meine Herrn die Arena ist eröffnet. Das inszenierte Spektakel kann los gehen.
    Ja: Jetzt kommt Herr Görig SPD (Landrat) in den Ring. Was wollt ihr ich habe doch alles getan!“ Wenn dann gehört der Orden mir.“
    Mal sehen wer als nächstes kommt.

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren