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Lauterbachs Stadtparlament verabschiedet Resolution gegen Biogasanlage in WallenrodGegen Biogas, und was kommt dann?

LAUTERBACH/WALLENROD (aep). Der Tagesordnungspunkt war in wenigen Minuten abgehandelt, es gab keine Gegenstimmen – und somit schien der Beschluss eindeutig. Ist es aber nicht, was Lauterbachs Stadtverordnete am Mittwochabend einstimmig mit zwei Enthaltungen beschlossen: eine Resolution zur Abwehr der geplanten Biogas-Anlage bei Wallenrod. Denn während Konsens herrschte, dass dieses Projekt speziell für Wallenrod nicht geeignet sei, kamen grundsätzliche Fragen auf: Was für Betriebe könnte man noch ansiedeln, ohne Gegenwehr in der Bevölkerung zu provozieren? „Sind wir grundsätzlich gegen alles?“, fragte der SPD-Fraktionssprecher Berthold Habermehl.

Die CDU-Fraktion hatte die Resolution per Antrag auf die Tagesordnung des Stadtparlaments gebracht, nachdem die Wallenröder Bürgerinitiative gegen die geplante „Monster-Biogasanlage“ sich mehrfach deutlich zu Wort gemeldet hatte. In der Resolution heißt es unter anderem: „Die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Lauterbach unterstützt die Bürgerinitiative ‚Keine Biogasanlage in Wallenrod und Umgebung‘ in ihrer Zielsetzung, eine entsprechende Anlage am Standort Wallenrod und in der Umgebung zu verhindern.“ In ihrer Abwägung komme die Stadtverordnetenversammlung zu dem Ergebnis, dass sich der Standort Wallenrod unter anderem aus Gründen der Anlagengröße, der Verkehrsbelastung und der Konkurrenzsituation für die heimische Landwirtschaft nicht eigne.

„Wir haben dort ein ausgewiesenes Industriegebiet!“

Dieses Bekenntnis schien nur Sekunden bis zur Abstimmung zu brauchen, als der Stadtverordnetenvorsteher Lothar Pietsch um Wortmeldung und sich zunächst nur der CDU-Fraktionssprecher Dr. Jens Mischak mit der Feststellung meldete, dass s dazu nichts zu sagen gebe: „Irgendwann ist alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt!“

Das fand der SPD-Sprecher Berthold Habermehl allerdings nicht – und stieß dann mit „selbstkritischen“ Anmerkungen doch eine Diskussion an. Bei der SPD habe man „speziell für diese Anlage erhebliche Bedenken“, ob sie an dem Standort richtig ist – vor allem wegen der zu erwartenden Verkehrsbelastung. Alle fünf Minuten ein Lastwagen sei zu viel. Aber: „Wir haben dort ein ausgewiesenes Industriegebiet!“ Die Fraktionen müssten sich Gedanken machen, was sie damit eigentlich vorhaben. Denn es könnte wieder ein anderer Investor kommen – sollte die Biogas-Anlage tatsächlich nicht kommen – der naturgemäß ebenfalls mehr Verkehrsbelastung mitbringt.

OL-BiogasResolution1-3004

„Zumindest eine solche Industrie wollen wir dort nicht haben.“ Dr. Jens Mischak begründet den CDU-Antrag.

„Wenn wir uns grundsätzlich gegen jede Art von Verkehrsbelastung wehren, brauchen wir gar nichts mehr anzusiedeln!“, meinte Habermehl. Er erinnerte an den Weggang der STI-Pappenfabrik nach Alsfeld. „Was haben wir diesen Weggang bedauert!“ Man sollte sich vielleicht entscheiden: „Wollen wir was nach Lauterbach holen oder sind wir grundsätzlich gegen alles?“ Für den Fall regte er an, Industriegebiete in Wohngebiete umzuwidmen.

Er äußerte auch Zweifel, ob die Ablehnung der Biogas-Anlage durch eine Reihe von  Landwirten tatsächlich eine kluge Entscheidung ist. Andere Bauern hätten ihm nämlich erklärt, dass sie in der Anlage durchaus eine Chance sähen. „Vielleicht sehen wir das in fünf Jahren anders und bedauern dann, das wir eine Chance verpasst haben.“

„Zumindest eine solche Industrie wollen wir dort nicht haben.“

Während Jutta Jawansky-Dyroff (Grüne) dazu empfahl, endlich auch einmal den lange versprochenen Gleisanschluss für das Holzunternehmen Pfeiffer durchzusetzen, um die Verkehrsbelastung zu senken, meldete sich der CDU-Fraktionssprecher Michak doch noch mit der Feststellung zu Wort, dass es seiner Fraktion konkret um die Biogas-Anlage in dem Industriegebiet gehe. „Zumindest eine solche Industrie wollen wir dort nicht haben.“ Es müsse etwas sein, dass „die vorhandene Struktur nicht gefährdet“.

Ob das möglich ist, darüber äußerte Gerhard Herchenröder als Sprecher der Grünen Zweifel. Grundsätzlich halte seine Fraktion Biogas-Anlagen für eine gute Art, Energie zu erzeugen – allerdings eher „irgendwo im Vogelsberg“ als in Wallenrod, wo sie wohl nicht so angebracht sei. Es sollte tatsächlich grundsätzlich überlegt werden, was mit dem Industriegebiet geschieht, denn nur am Verkehrslärm könne die Ablehnung nicht liegen. Die Wallenröder hätten ja auch schon gegen ein geplante Photovoltaik-Anlage an gleicher Stelle protestiert. „Da war ja nicht so viel Verkehr zu erwarten.“ Seine Empfehlung: „Wir sollten dieses Industriegebiet aufgeben!“

Bei der anschließenden Abstimmung votierten alle Stadtverordneten für die Resolution – mit Ausnahme von Dirk Kurzawa und Thomas Müller. Sie enthielten sich der Stimme.

Eine entscheidende Einschränkung für die Wirksamkeit der Resolution betont die CDU auch in ihrem Antrag: Die Entscheidung fällt nach dem Emissionsschutzgesetz das Regierungspräsidium in Gießen.

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