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Abwasserleitung Im Grund mit Inliner-Verfahren saniertEine neue Haut für den alten Kanal

ALSFLD (jal). Vier Tonnen schwer und 80 Meter lang ist der weiße Glasfaserschlauch, den die Straße Im Grund in Alsfeld am Donnerstagvormittag verschlingt. Inliner heißt das Konstrukt in der Fachsprache. Es soll sich wie eine zweite Haut von innen an das Kanalrohr in der Straße anschmiegen und so die Abwasserleitung für mindestens 40 Jahre in Schuss halten. Der alte Kanal hat im Laufe der Zeit Risse bekommen und sich verformt. 

104 000 Euro kostet die Sanierung des Kanalabschnitts mit diesem speziellen Inliner-Verfahren, erklärt Diplomingenieur Rainer Merle, der technische Leiter der Alsfelder Stadtwerke. Gut das Doppelte würde der komplette Neubau der Abwasserleitung kosten. Allerdings sei die planerische Leistung bei der Sanierung mit dem Inliner wesentlich höher, sagt Merle. Es muss im Vorfeld viel mehr gemessen und ausgerechnet werden, bis der Glasfaserschlauch in den Kanal eingebracht werden kann.

Eine Roboter-Kamera hat das Rohr mit einem 80 Zentimeter Durchmesser untersucht. Dabei kam heraus: 15 Meter waren so stark beschädigt und verformt, dass eine Sanierung nur mit dem Inliner nicht mehr möglich war. Der Abschnitt wurde erneuert und nun zusätzlich mit dem Inliner überzogen.

Wie funktioniert das Im Grund eingesetzte Inliner-Verfahren eigentlich genau? Zunächst zieht eine Seilwinde den Schlauch in den Kanal. Eigentlich ist der Schlauch zu dem Zeitpunkt noch eine platte Wurst – vorne und hinten geschlossen. Druckluft bläst den Inliner anschließend auf, sodass er sich an das alte Kanalrohr anschmiegt. Dann kommt eine UV-Lampe mit 6000 Watt zum Einsatz, die ein in den Inliner eingearbeitetes Harz aushärten lässt. Wenn die Enden den Schlauchs entfernt sind, übernimmt ein Fräseroboter. Er schneidet die Hausanschlüsse in dem Kanal frei, die sonst ja durch den Schlauch verschlossen wären.

Damit's besser flutscht: Mit handelsüblichem Rapsöl helfen die Arbeiter dem Inliner nach.

Damit’s besser flutscht: Mit handelsüblichem Rapsöl helfen die Arbeiter dem Inliner nach.

Anders als die meisten Leute denken sei es übrigens nicht der Schwerlastverkehr, der die Rohre auf dem Gewissen habe, sagt Rainer Merle. Oftmals sei beim Bau des Kanals gepfuscht worden – so auch vermutlich bei der Straße Im Grund. Die schlechte Arbeit der Bauarbeiter vor knapp 40 Jahren führe nun dazu, dass jetzt der Druck der Erdschichten die Rohre zerquetscht.

Bis um 19 Uhr am Donnerstag soll die Straße Im Grund gesperrt sein. Aufs Klo gehen und Duschen ist für die Anwohner übrigens trotz der Arbeiten an dem Kanal möglich: Das Abwasser wird umgepumpt. Ein Neubau hätte gut zehn Wochen gedauert, sagt Merle.

Die Sanierung des Kanals sollte bereits am Tag vorher über die Bühne gehen, da gab es allerdings ein kleines Problem: Hartz war aus dem Inliner ausgelaufen. Die Herstellerfirma sagte zwar, das Produkt sei noch zu verwenden, schickte dennoch prompt Ersatz.

So sieht es in dem Kanal aus: Das Bild hat ein Kamera-Roboter aufgenommen. Man kann gut Erkennen: Das Rohr ist verformt und hat Risse. Foto: Stadtwerke Alsfeld

So sieht es in dem Kanal aus: Das Bild hat ein Kamera-Roboter aufgenommen. Man kann gut erkennen: Das Rohr ist verformt und hat Risse. Foto: Stadtwerke Alsfeld

2 Gedanken zu “Eine neue Haut für den alten Kanal

  1. Lieber EDE!
    Deine Feststellung „Billiger Unsinn mit dem Schlauch im Kanal“ ist nicht weiter besorgniserregend und kann nur aus dem Mund eines Laien kommen.
    Würde z. B. bei einem neuen 40t-LKW nur ein Rücklicht nicht brennen, ist doch nicht der gesamte LKW Schrott.
    Wenn es bei starkem Regen zu Rückstau in Höfe und Keller kommt, kann dies verschiedene Ursachen haben:
    1. Nach Einbau des Schlauches wurden die Anschlusspunkte der Hausanschlüsse nicht komplett ausgefräst, sodass es zu einer Einengung/ Abflusshindernis kommt. Das kann man jederzeit nachträglich korrigieren.
    2.Wenn der Regenabfluss höher ist, als die der Dimensionierung zu Grunde gelegt Regenmenge, kann dies kein Kanal der Welt abführen und es wird immer zu Rückstau kommen. Starkregen haben gerade in den letzten 10 Jahren erheblich zugenommen. Aber hierfür ist kein Kanalnetz ausgelegt und muss es auch nicht sein.
    3. Die Leistungsfähigkeit des Kanales mit Schlauch wird nicht gemindert, auch wenn dadurch der Durchmesser um 1-2cm verringert wird. Die glatten Innenflächen des Schlauches haben wesentlich geringeren Abflusswiderstand als das alte raue Kanalrohr ohne Schlauch.
    4.Die Schlauchsanierungen (Inliner) haben sich seit mehreren Jahrzehnten in der Praxis bewehrt, wurden immer weiter verbessert und verursachen im Mittel nur 1/3 der Neubaukosten eines Kanales. Kein Hauseigentümer käme auf die Idee wenn die Heizung und die Fenster zu erneuern wären und damit das Haus weitere 25 Jahre gut bewohn- und nutzbar wäre, das Haus abzureißen und neu zubauen
    5. Wenn es also genau nach einer Kanalsanierung mit Schlauch zu Rückstau kommt, den es zuvor nicht gab, dann muss dies andere Ursachen haben.
    6. Übrigens ist jeder Grundstückseigentümer verpflichtet, seine Grundstücksentwässerung nach den Regen der Technik zu errichten und zu betreiben. Dazu gehören auch Rückstausicherungen gem. DIN, die aber in der Regel niemand eingebaut hat, das Geld sparen möchte etc. und dann schreit, wenn es zu Rückstau kommt, der aber oft vermeidbar wäre.

  2. Diesen billigen Unsinn mit dem Schlauch im Kanal haben die bei uns im Ortsteil auch gemacht.
    Nun passen so gut wie keine Hausanschlüsse mehr am Kanal und die Hausbesitzer haben bei jedem stärkeren Regen die Keller und Höfe voll Wasser, was es die letzten 50 Jahre nie gab!

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