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Der Blick über den Tellerrand lohnt sichRegierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht die Gemeinde Grebenhain zum offenen Austausch und spricht sich für interkommunale Zusammenarbeit aus

GIEßEN/GREBENHAIN (ol). Der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich lobt das interkommunale Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Grebenhain und betont die Bedeutung der interkommunalen Zusammenarbeit. Er bestätigt, dass der Austausch von Best-Practice-Lösungen über Gemeindegrenzen hinweg von großer Bedeutung ist.

Der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich besucht regelmäßig die Städte und Gemeinden in Mittelhessen, auch um mit den Entscheidungsträgern vor Ort ins Gespräch zu kommen. In der Gemeinde Grebenhain besuchte RP Ullrich laut einer Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Gießen gemeinsam mit Bürgermeister Sebastian Stang das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Vogelsberg, dem ersten interkommunalen seiner Art in Hessen, gegründet und betrieben vom Vogelsbergkreis sowie den Gemeinden Freiensteinau und Grebenhain. Dr. Ullrich ist sich sicher, dass Kommunen viel voneinander lernen können, wenn es um Best-Practice-Lösungen geht: „Der Blick über den Tellerrand lohnt sich.“

Ein Großteil der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung finde im ambulanten Sektor statt. Ambulante Gesundheitseinrichtungen wie Praxen von niedergelassenen Haus- und Fachärztinnen und -ärzten oder auch Apotheken seien unerlässlich für jeden. „In der wohnortnahen medizinischen Versorgung steht der ländliche Raum – und so auch der hohe Vogelsberg – vor großen Herausforderungen“, sagt Regierungspräsident Ullrich. „Ärztinnen und Ärzte sind heute auch zunehmend in Teilzeit tätig und wollen nicht zwingend selbstständig eine Praxis betreiben. Zuallererst wollen die Menschen eine Anlaufstelle haben, in der sie sich vertrauensvoll behandelt fühlen.“ Oft sei es für die Menschen dabei nicht von Bedeutung, wer die medizinische Versorgung sicherstellt. Entscheidend ist, dass sie sichergestellt wird.

Nachdem es verschiedentlich im Bereich des hohen Vogelsbergs Ruhestandseintritte von Medizinern gab und keine Nachfolger für die Praxisübernahme bereitstanden, gründeten die Gemeinden Grebenhain und Freiensteinau gemeinsam mit dem Vogelsbergkreis ein Medizinisches Versorgungszentrum, das mittlerweile sieben Ärztinnen und Ärzte in Voll- und Teilzeit sowie eine Ärztin in Weiterbildung an den Standorten Grebenhain und Freiensteinau beschäftigt. 15 Medizinische Fachangestellte unterstützen die Medizinerinnen und Mediziner bei der Versorgung von rund 4.000 Patienten pro Quartal. „Problematisch ist für uns das gegenwärtige Vergütungssystem, da wir im MVZ überdurchschnittlich viele alte und kranke Patienten haben. Dadurch sind bei uns viel mehr Patient-Arztkontakte notwendig, die wir dann aber nicht voll vergütet bekommen“, erklärt MVZ-Geschäftsführer Ulf Werner. „Wir stecken aber nicht den Kopf in den Sand, wir sind kreativ und gehen auch neue Wege, indem wir Kräfte einsetzen, die anstelle des Arztes tätig werden können, ohne dabei Abstriche bei der Qualität der Versorgung machen zu müssen.“ Das Honorarsystem der Kassenärztlichen Vereinigung benachteiligt nach Darstellung Werners reine Versorgerpraxen des ländlichen Raums, weil viele Leistungen beziehungsweise mehrfache Praxisbesuche nicht ausreichend vergütet werden.

Bürgermeister Sebastian Stang, der durch sein Amt einer der Gesellschafter des MVZ ist, ergänzt: „Träger der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum benötigen für eine langfristige Aufgabenerfüllung neben den derzeitigen Honorarvergütungen weitere finanzielle Zuschüsse, um den Geschäftsbetrieb dauerhaft aufrecht zu erhalten. Es ist den Bewohnern Grebenhains nur schwer zu vermitteln, dass die Gemeinde aus ihrem Steueraufkommen einen sechsstelligen Betrag im Jahr aufbringen muss, um den Hausarzt am Ort sicherstellen zu können.“

Regierungspräsident Ullrich ist bei allen Herausforderungen beeindruckt vom Engagement der Grebenhainer Kommunalpolitik, die ärztliche Versorgung im hohen Vogelsberg sicherzustellen: „Ich bin ein großer Freund der interkommunalen Zusammenarbeit. Getreu dem Motto gemeinsam geht’s besser, müssen Städte und Gemeinden kreativ sein, um trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten das Beste für die Menschen vor Ort rauszuholen. Gerne werde ich die Herausforderungen für das MVZ nach Wiesbaden transportieren.“

Aber nicht nur die medizinische Versorgung war Thema der Gemeindebereisung in Grebenhain, auch das Thema der Ausbau Erneuerbarer Energien – hier speziell Photovoltaik und Windkraft – wurden besprochen. Beim Treffen mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Gemeindegremien kam alles zur Sprache, was die Kommunalpolitik Grebenhains derzeit bewegt. „Es muss nicht immer das namhafte ortansässige Unternehmen oder der Hidden-Champion sein, den wir bei den Gemeindebereisungen besuchen. Manchmal geht es auch einfach um kreative oder innovative Ideen, die die Daseinsvorsorge in der Kommune sichern oder das Zusammenleben in der Gemeinschaft stärken“, berichtet Christoph Ullrich abschließend. „Entscheidend für mich ist, stets zu wissen, wo der Schuh in der Kommunalpolitik drückt.“

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