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Kein Beruf, sondern BerufungFachkräftecamp bietet Einblick in Pflegeberufe im Haus Stephanus

ALSFELD (ol). Im Rahmen des hessischen Fachkräftecamps besuchten Jugendliche das Haus Stephanus, um mehr über die Pflegeberufe zu erfahren. Durch Betriebsrundgänge und praktische Einblicke konnten die Teilnehmer verschiedene Berufe kennenlernen und direkt mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt treten. Das positive Feedback der Jugendlichen zeigte, dass ihnen der Besuch eine neue Perspektive auf die Pflegeberufe eröffnete und sie diesen als Berufung betrachten könnten.

Welcher Beruf passt zu mir? Wo liegen meine Talente? Wohin und an wen kann ich mich wenden? Junge Leute, die vor der Berufswahl-Entscheidung stehen, haben die Qual der Wahl. 324 anerkannte Ausbildungsberufe führt das Verzeichnis des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Hinzu kommen bundesweit inzwischen über 21.000 Studiengänge.

Mit dem Ziel, jungen Leuten ohne unnötige Umwege, Abbrüche oder Warteschleifen den ersten Schritt auf der Karriereleiter zu ermöglichen, initiierte das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft laut einer Pressemitteilung des Alsfelder Alten- und Pflegeheims Haus Stephanus in diesem Jahr erstmals eine neue Plattform – die „hessischen Fachkräftecamps“. Mit ihnen werde die hessenweite Strategie „Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule-Beruf“ noch greif- und erlebbarer. So boten die hessischen Fachkräftecamps die Chance, bei Betriebsrundgängen und Live-Interviews einmal ausgiebig hinter die Kulissen von Gesundheits-, Pflege- sowie Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen zu schauen, unterschiedliche Berufe praxisnah kennenzulernen und mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt zu kommen.

Der Vogelsbergkreis – mit Camps in Alsfeld und Lauterbach – eröffneten den großen Fachkräftecamp-Reigen, der in Bad Homburg (30. Oktober bis 3. November), Bad Hersfeld (4. bis 8. Dezember), Darmstadt (4. bis 8. Dezember.), Eschwege (13.  bis 17. November), Marburg (27. November bis 1. Dezember), Wetzlar (27. November bis 1. Dezember), Frankenberg (11. bis 15. Dezember) sowie einer ganzen Reihe weiterer Orte fortgesetzt wird.

Vor dem Hintergrund, dass sich mit der sogenannten „Generalistischen Pflegeausbildung“ wieder mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Pflege entscheiden, war das Haus Stephanus auf das Interesse, die Neugier und die Fragen der jugendlichen Besucher und ihrer Begleiter vom Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft gespannt, hieß es.

„Die meisten Schülerinnen und Schüler hatten vor dem Besuch unserer Einrichtung entweder keine oder nur vage Vorstellungen, wie es in einem Alten- und Pflegeheim zugeht und was es bedeutet, in der Altenpflege zu arbeiten. Das erfreuliche positive Feedback der Schüler zeigt, wie sinnstiftend und wie wertvoll diese pflegerische Berufe bewerten“, beobachtet Einrichtungsleiter Manuel Jöckel einen aus seiner Sicht erfreulichen Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung des Pflegeberufs. „Die Pflege bekommt gerade ein ganz neues Gesicht – Live-Erlebnisse wie am heutigen Vormittag bauen nicht nur Berührungsängste ab, sondern machen nicht wenigen Bock auf eine Ausbildung im Gesundheitsbereich“, pflichtet ihm Minh Luis, Leiterin des Betreuungsdienstes, bei. „Ich hätte nicht gedacht, dass hier alles so neu und voll hübsch aussieht“, zeigte sich eine Schülerin der Geschwister-Scholl-Schule von den Räumlichkeiten begeistert. „Das mit dem Backen war neu für mich und das mit dem Sport heute fand ich cool“, lobte eine Gymnasiastin der ASS Alsfeld das Programm, das unter anderem Gleichgewichtsübungen beinhaltete. „Das vielfältige Angebot schafft Abwechslung, sodass die älteren Menschen nach dem Einzug ins Heim schnell in einen geregelten Alltag zurückfinden und sich wie zu Hause fühlen“, äußerte eine weitere Gymnasiastin des örtlichen Gymnasiums wertschätzend zum Konzept der Einrichtung.

Nach persönlichen Gesprächen mit 15 überaus motivierten Schüler:innen, die das örtliche Gymnasium der Albert-Schweitzer-Schule Alsfeld und die Geschwister-Scholl-Schule (Haupt- und Realschule) besuchen, stellte die Demenz- und Alzheimer-Expertin des Hauses Stephanus bei rund jedem dritten Fachkräftecamp-Besucher grundsätzliches Interesse an einer Tätigkeit im Gesundheitswesen fest. Die jungen Leute hätten sich beeindruckt gezeigt, mit welchen Enthusiasmus Pflegekräfte ihre Arbeit im Haus Stephanus erledigen. „Pflege ist mehr als ein Beruf, nämlich Berufung“, erklärte die Betreuungsdienstleiterin den von der abwechslungsreichen Tätigkeit durchaus angetanen Jugendlichen. „Und wer weiß, vielleicht gibt’s ja bei künftigen Bewerberverfahren im Haus Stephanus das ein oder andere Wiedersehen mit Teilnehmenden des Schnuppertages“, blickt im Ergebnis des Tages auch Einrichtungsleiter Jöckel optimistisch nach vorne.

Egal ob Verbandswechsel, Mobilisation und Transfer, gemeinsames Backen oder Bewegungsübungen – die Fachkräftecamp-Teilnehmer erlebten gleich mehrfach die berühmten „Aha-Effekt-Momente“. Mit viel Empathie und fachlichem Know-how gingen dabei die Altenpflegeberuf-Praxisanleiter des Hauses Stephanus, Natascha Lerch und Mike-Phil Peppler, auf die breite Bandbreite der Tätigkeiten von examinierten Fachkräften ein und luden nach deren Demonstration zum Mitmachen und Testen ein, so hieß es. Examinierte „Pflegefachfrauen“ oder „Pflegefachmänner“ sind unter anderem für den fachgerechten Umgang mit den vom Arzt verschriebenen Medikamenten und Betäubungsmitteln verantwortlich. Um den Jugendlichen die Tätigkeit besser veranschaulichen zu können, wurde spielerisch mit Smarties, sprich mit Zucker umhüllten Schokolinsen, „geblistert“, das heißt Medikamente portioniert und verpackt. Zum Abschluss des Tages – bei einem gemeinsamen Mittagessen – gab’s noch einen schmackhaften Gruß aus der Küche.

„Die Schülerinnen und Schüler haben gesehen, dass ein Alten- und Pflegeheim ähnlich wie ein Schweizer Uhrwerk, bei dem ein Rädchen ins andere greift, funktioniert“, erläutert Minh Luis. Genau wie in der Forschung oder großen Kliniken sei in Alten- und Pflegeheimen interprofessionelles Arbeiten Standard. „Das bedeutet, dass im Haus Stephanus unterschiedliche Berufsgruppen wie beispielsweise ‚Pflegefachfrauen‘ oder ‚Pflegefachmänner‘ Hand in Hand mit Therapeuten und Betreuungspersonal zusammenarbeitet.“ Einrichtungsleiter Manuel Jöckel ergänzt: „Der rasante Wandel im Gesundheitswesen macht lebenslanges Lernen zur Pflicht.“ Eine „Generalistische Pflegeausbildung“ könne dabei, vergleichbar mit dem Fundament eines Hauses, eine stabile Basis bilden – sei es für eine Tätigkeit als Fachkraft oder ein späteres Studium. Da die Absolventinnen und Absolventen nach der Ausbildung in allen Versorgungsbereichen der Pflege arbeiten können, stünden ihnen vielfältige Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten offen.

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