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„Nicht ich, sondern wir nehmen Abschied“Pfarrer Rolf Ehlert geht in den Ruhestand – Verabschiedung am 15. Oktober um 14 Uhr in Stockhausen

STOCKHAUSEN (ol). Nach 24 Jahren in Stockhausen geht Pfarrer Rolf Ehlert in den Ruhestand. Der engagierte Geistliche hat während seiner Amtszeit zahlreiche Bauvorhaben begleitet und war auch in verschiedenen Gremien aktiv. Nun zieht er mit seiner Ehefrau zurück in die Heimat und freut sich auf eine gemeinsame Auszeit. Die Verabschiedung findet am 15. Oktober in der Kirche in Stockhausen statt.

Seit vierundzwanzig Jahren ist er Pfarrer in Stockhausen: Rolf Ehlert, ein Mann, dem man gut zuhören kann, der etwas zu sagen hat und mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält, so das Evangelische Dekanat Vogelsberg in einer Pressemitteilung. Nun geht der 65-Jährige in den Ruhestand, verlässt den Vogelsberg und zieht mit seiner Ehefrau Ute Ehlert, die selbst als gewähltes Mitglied in der Leitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) aktiv ist, wieder in heimatliche Gefilde: In Künzell bei Fulda ziehen die beiden in das hundert Jahre alte Elternhaus, mit einem großen Garten, in dem sich nicht nur Hund Loki wohlfühlen wird, und mit jeder Menge zu werkeln und zu tun, so heißt es.

In Fulda ist Rolf Ehlert auch geboren, dort ist er zur Schule gegangen bis zum Abitur. Hier, in der Rabanus-Maurus-Schule, auch bekannt als Domgymnasium, sei sein Interesse für Theologie geweckt worden. Von dem altsprachlichen Gymnasium brachte der Sohn eines Finanzangestellten und einer Schneiderin schon das Graecum und das Latinum mit. Direkt nach dem Abitur begann Ehlert sein Theologie-Studium in Mainz. Nach dem Vikariat in Monsheim in Rheinland-Pfalz absolvierte er sein Spezialvikariat im Diakonischen Werk in Worms. „Dies war eine der wichtigsten Stationen in meinem Berufsleben“; sagt der Theologe noch heute: Die Eindrücke aus Begegnungen, die er mit Menschen, die Rat in der Sucht- oder Schuldenberatung suchten, hatte, sind haften geblieben, wirken nach. „Hier habe ich auch genaues Zuhören gelernt – eine wichtige Kompetenz für Pfarrer.“

Erstmals in den Vogelsberg verschlug es ihn 1987: Seine erste Pfarrstelle hatte er von 1987 bis 1993 in Ermenrod und Ehringshausen. Hierzu gehörte auch der Religionsunterricht an der Gesamtschule in Nieder-Ohmen. Danach ging es für sechs Jahre nach Panrod im Rheingau-Taunus-Kreis. Hier war er als Gemeindepfarrer und in der Krankenhaus-Seelsorge tätig. Als er im Mai 1999 das Pfarrhaus in Stockhausen bezog, waren seine erste Frau und sein kleiner Sohn mit dabei. Auf Stockhausen war die Wahl damals gefallen, weil Ehlerts Mutter noch in Fulda lebte und die Nähe ein Kriterium bei der Wahl der Pfarrstelle war, so erzählt er. Kurze Zeit nach dem Einzug verlor der Pfarrer seine Frau, drei Jahre später heiratete der Witwer seine jetzige Frau, die seine Pfarrstelle mit viel Hingabe mitausfüllte. „Ganz klar: Nicht ich gehe in den Ruhestand, sondern wir gehen“, fasst Ehlert die Leistung seiner Frau zusammen. Sie hat Gruppen mitbetreut, Kindergottesdienste gehalten, am Gemeindebrief mitgearbeitet und nicht zuletzt zeugt ihre Tätigkeit in der Kirchenleitung von großem Engagement, das nicht wenig Zeit beansprucht.

Seine Zeit als Pfarrer verbrachte Rolf Ehlert gerne bei den Menschen, heißt es: Er liebte Geburtstagsbesuche, auch Besuche am Krankenbett mochte er. Er organisierte Ausflüge und betreute Gruppen. Die Spaziergänge mit dem Hund führten ihn lieber in das Dorf anstatt ins Feld, um dort mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Er liebte es, nach dem Gottesdienst den Besucherinnen und Besuchern die Hand zu schütteln und ein paar Worte zu wechseln. Auch die Konifarbeit und den Unterricht in den Schulen schätzte er mit aus dem Grund, dass er mit den jungen Menschen in einen Austausch kommen konnte. Zur Corona-Zeit hielt er Kontakt, indem er Predigten in seinen Gemeinden Stockhausen und Rixfeld ausgetragen hat – und er wurde Online-Pfarrer: Die damals ins Leben gerufenen Online-Andachten des Dekanats begleitete er bis heute, er wurde auf Facebook aktiv und drehte selbst kleine Andachten für seine Gemeinden. „Ich habe dafür viel gute Resonanz erhalten“, sagt er und ist überzeugt, dass digitale Formate in der Kirche immer wichtiger werden.

Auch Gottesdienste an besonderen Orten werden ihm gerne in Erinnerung bleiben. So denkt er heute noch gerne an den Konfirmationsgottesdienst im Schlosspark in Stockhausen und das Erntedankfest im Kuhstall, so erzählt er. Dabei sei seelsorgerische Arbeit für ihn immer wichtig geblieben, auch die Themen seien über die Jahrzehnte seiner Tätigkeit gleichgeblieben, findet der Pfarrer. Krankheit, Lebensgeschichte, Tiefschläge, auch der Umgang mit Geflüchteten: „Die Menschen haben immer noch ein Bedürfnis nach Spiritualität.“ In der Zeit seit 1999 hat Pfarrer Ehlert auch zahlreiche Bauvorhaben begleitet. Es gab große Renovierungsarbeiten in und um die Kirchen, die Renovierung der Orgel in Stockhausen, den Um- und Ausbau des Evangelischen Kindergartens in Stockhausen.

Im Lauf seines Berufslebens hat Pfarrer Ehlert sich auch in verschiedenen Gremien engagiert: Er war in der Ausbildung von Prädikanten und Lektoren aktiv, war und ist Notfallseelsorger und er war Mitglied des Dekanatssynodalvorstandes im Alt-Dekanat Vogelsberg. Zwei Fusionen hat er in der Region erlebt: Die Fusion der Dekanate Herbstein und Lauterbach zum damaligen Dekanat Vogelsberg, die für ihn durchaus ihren Sinn hatte, sagt er. Die letzte Fusion der Alt-Dekanate Alsfeld und Vogelsberg zum jetzigen Dekanat Vogelsberg hätte sich ihm bisher weniger erschlossen: „Nicht nur die Fahrwege sind lang geworden.“ Ein Mann deutlicher Worte, wie gesagt. Diese findet er auch für die neuesten Veränderungen in der EKHN. Die Bildung von Nachbarschaftsräumen und Kooperationen hält er für richtig. „Ich habe selbst manche Vakanzen vertreten und dort stets den gesamten Raum im Blick gehabt. Dabei habe ich gesehen, wie wichtig Kooperationen sind.“ Die Zuschnitte der Nachbarschaftsräume hält er eher für schwierig. Die lange begonnene Kooperation von Stockhausen und Rixfeld mit Wartenberg hätte keinen Niederschlag in die neue Struktur gefunden. „Ich hätte den Menschen gerne mehr von den Chancen vermittelt, die in der Bildung der Nachbarschaftsräume schlummern“, bedauert er. Dennoch hoffe er, dass die Nachbarschaftsräume sich auf einen guten Weg machten.

Für den Abschied wurde es Zeit, findet Rolf Ehlert: „Es ist genug, die Ausdauer und die Kraft lassen nach.“ Die Erkrankung seiner Frau gab den Impuls, sich jetzt mehr Zeit zu nehmen füreinander. Das werde sicher gelingen, unter den alten Obstbäumen im neuen Garten in Künzell. Pfarrer Rolf Ehlert wird am kommenden Sonntag, dem 15. Oktober, um 14 Uhr in der Kirche in Stockhausen verabschiedet.

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