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Senioren bei außergewöhnlichem Event sichtlich bewegPonys bringen Glücksgefühle ins Haus Stephanus

ALSFELD (ol). Die Bewohner des Seniorenheims Haus Stephanus wurden mit einem besonderen Ereignis überrascht – dem Besuch von Shetlandponys. Dieses erweiterte tiergestützte Angebot brachte den Senioren Freude und Glücksmomente, während sie die Ponys streicheln, füttern und umarmen konnten. Das außergewöhnliche Event sorgte dafür, dass Erinnerungen an die Kindheit und Erlebnisse mit Tieren geweckt wurden.

Manche Senioren mussten sich erst einmal die Augen reiben, ob tatsächlich stimmt, was sie da sahen: Ja steht denn da, wie von den Schlagerbarden Klaus & Klaus, besungen, „ein Pferd auf’m Flur“. Nicht ganz, denn bei Max und Oskar, die jetzt mit ihrer Besitzerin Nicole Schmelz (29) im Haus Stephanus aufkreuzten, handelte es sich laut einer Pressemitteilung des Pflegeheims um Shetlandponys.

„Wir sind ganz überrascht. Das ist ja toll“, freuten sich die Senioren über die gelungene Überraschung, die zugleich eine Premiere war. Denn die Ponys kamen keineswegs zum Spaß. „Mit ihnen erweitern wir unser vorhandenes tiergestütztes Angebot, das wir einmal im Monat zusammen mit dem in Wartenberg ansässigen Verein Therapiehunde Osthessen gestalten“, klärte die Koordinatorin des Betreuungsdienstes, Minh Luis, auf. Und fügt hinzu: „Die Mini-Shetties sollen heute und in Zukunft nicht nur Abwechslung in den Alltag unserer Bewohnerinnen und Bewohner bringen und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Während sie bei einem Teil der Senioren und Seniorinnen Erinnerungen an die Tiererfahrungen in der Kindheit, Jugend und dem späteren Lebens wecken, stellen sie für eine Reihe von Bewohner eine ganz neue Erfahrung dar. „Jedermann kann sehen, wie sich das Anfassen, Streicheln, Kämmen und Umarmen der Ponys positiv auf das subjektive Wohlbefinden der Bewohner auswirkt“, sagte die Organisatorin des außergewöhnlichen Events.

Über ein Jahr recherchiert und Partner gesucht

Über ein Jahr hatte Minh Luis recherchiert, um solche Glücksgefühle möglich zu machen. Den meisten Pferdebesitzern, die sie persönlich ansprach. war das Unterfangen jedoch zu aufwendig. Der Tipp einer Kollegin, in deren Verwandtschaft die Pferdebegeisterung groß ist, verhalf dann schließlich doch zum Durchbruch. Lehramtsstudentin Nicole Schmelz, die im elterlichen Betrieb „Fahrstall Schmelz“ in Lauterbach schon früh ihre Liebe zu Pferden entdeckte und heute junge Pferde unterrichtet, sagte spontan zu. Ins Haus Stephanus kam sie nicht allein, sondern wurde von ihrer Familie, allen voran ihrer Mutter Sabine Schmelz, sowie ihrer Cousine Meike Günther und ihren beiden Cousins Tim und Henry unterstützt. Für sie alle war es buchstäblich eine Herzensangelegenheit, den Senioren eine ganz besondere Freude zu machen und gemeinsam einen unvergesslichen Nachmittag zu gestalten.

Karotten und Apfelstücke zum Füttern

Zum Füttern der Tiere hatte das Team des Betreuungsdienstes Karotten und Apfelstückchen vorbereitet. Manche Seniorinnen und Senioren reagierten zunächst mit Erstaunen, zum Teil auch Scheu und anfänglicher Zurückhaltung auf den tierischen Besuch. Nach einer kleinen Weile wurde aus nachvollziehbarer Bedachtsamkeit Freude und Vertrauen.

Erinnerung an die Zeit auf dem Bauernhof

Eine an Demenz erkrankte Bewohnerin erinnerte sich an die Zeit auf ihrem früheren Bauernhof, auf dem auf fachmännische Weise – mit dem Hufmesser – regelmäßig die Hufe der dort lebenden Pferde gekürzt werden mussten. Sie erinnerte sich plötzlich wieder an die Zeit, wo die Pferde vor den Pflug gespannt wurden und in der Landwirtschaft schwere Feldarbeit zu verrichten hatten.

„Verlass-Pony“ Max mit großer Erfahrung

Mit harter Feldarbeit haben Max, mit seinen 30 Jahren inzwischen selbst „Rentner“, und der erst dreijährige Braunschecke Oskar natürlich nichts am Hut. Max ist, wie Nicole Schmelz ihren aufgeweckten Schützling beschrieb, ein absolutes „Verlass-Pony“ – mit jeder Menge Erfahrung. So wurde Max früher für die Fahrausbildung von Kindern eingesetzt, an deren Ende das „Kleine Hufeisen“, das Motivationsabzeichen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, vergeben wurde. Max lief nicht nur jahrelang bei der Ausbildung junger Ponys an der Kutsche mit, sondern besuchte schon Kindergartengruppen, Kindergeburtstage, Vereine und vieles andere mehr. Oskar befindet sich dagegen noch in der Ausbildung, hat ein ruhiges Gemüt und darf an der Seite von Max erste Erfahrungen sammeln. „Für die Sicherheit der Bewohner:innen ist sehr wichtig, dass sich die Ponys bereits in der Ausbildung befinden, keine Scheu zu Menschen haben und an das häufige Anfassen und Streicheln gewöhnt sind“, erläuterte Pferde-Expertin Nicole Schmelz.

Applaus für die beiden Ponys

Wohl weil es die Bewohner:innen mit der Fütterung etwas zu gut meinten, hinterließ Max Pferdeäpfel. Doch das sahen die Bewohner mit Gelassenheit. „Vorne rein, dann muss es hinten wieder raus, das ist doch ganz normal“, meinte eine dementierte Bewohnerin. Die beiden Ponys hinterließen so oder so einen großartigen Eindruck, was der große Dankesschön-Applaus gegen Ende des Events hörbar untermauerte.

Open-Air-Event an den „Marktplatz“ verlegt

Das wechselhafte Wetter hatte zum Glück keinen Einfluss auf den für alle Beteiligten unvergesslichen Nachmittag, für den eine Wiederholung mit regelmäßigem Turnus in Aussicht gestellt wurde. Insgesamt 49 Bewohner, sprich knapp die Hälfte aller im Haus Stephanus lebenden Seniorinnen und Senioren, waren beim Pony-Event mit von der Partie, einige schauten zusammen mit ihren Angehörigen von der geöffneten Glastür aus zu. Während die Kennenlernphase mit Streicheln und Füttern auf der Terrasse des Hauses Stephanus stattfand, wurde das Event später wegen eines aufkommenden Unwetters nach drinnen verlegt. Am „Marktplatz“, der zentralen Begegnungs- und Event-Location im Haus Stephanus, fand das Verwöhnprogramm der Ponys mit Bürste statt. Hand in Hand begleiteten Mitarbeitende des Hauses Stephanus die Teilnehmenden zum Ort des Geschehens.

Als kleines Dankeschön überreichte die Koordinatorin des Betreuungsdienstes an die wichtigsten Protagonisten des Tages, Familie Schmelz und Familie Günther, ein kleines Präsent, begleitet von einem großen Bewohner-Applaus.

Fotos: Haus Stephanus/Minh Luis

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