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Dr. Schneider referiert am KKA zur SchaufensterkrankheitDie unterschätzte Gefahr

ALSFELD (ol). Sie kommt schleichend, bleibt meist lange unerkannt, trägt einen umgangssprachlich harmlosen Namen und kann zu drastischen Einschränkungen der Lebensqualität und am Ende sogar zu Amputationen führen: die Schaufensterkrankheit. Dr. André Schneider, Sektionsleiter der Gefäßchirurgie am Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld (KKA), nennt sie beim jüngsten Vortragsabend des Hauses meist beim medizinischen Namen: „periphere arterielle Verschlusskrankheit“ (PAVK).

„Anders als etwa eine Lungenentzündung, bei der man Symptome verspürt und gezielt behandeln kann, stellt sich das bei der PAVK sehr viel schwieriger dar“, sagt der Mediziner gleich zu Beginn. Denn etwa zwei Drittel der Neuerkrankungen verlaufen in den ersten Stadien asymptomatisch. Das ist problematisch. „Denn mehr als 200 Millionen Menschen leiden weltweit an der PAVK. Mehr als an Alzheimer, koronaren Herzkrankheiten, Krebs oder AIDS“, weiß Dr. Schneider, wie es in der Pressemitteilung des Krankenhauses heißt.

Bei vielen Patienten fängt es damit an, dass Gehstrecken zunehmend schwerer fallen – ein oft unterschätztes Anzeichen von akutem Handlungsbedarf. „Denn der Verlauf der PAVK, wenn er zu lange unerkannt bleibt, wirkt sich gravierend auf die Lebenserwartung aus“, mahnt der Gefäßspezialist. Denn die PAVK ist immer auch Anzeichen für weitere Probleme, wie etwa koronare Herzkrankheiten oder einer erhöhten Schlaganfallgefahr.

Die PAVK, eine Verkalkung der Arterienwände, ist zwar ein natürlicher Alterungsprozess, allerdings können einige Risikofaktoren den Verlauf beschleunigen. „Rauchen, Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel können Faktoren sein“, sagt Dr. Schneider. Auch können beispielsweise Diabetes mellitus und eine erbliche Veranlagung dafür sorgen.

„Menschen mit Diabetes sollten, auch wegen der möglichen Nervenschädigungen durch Diabetes, erhöhte Vorsicht walten lassen“, sagt der Mediziner. Denn gestörte Wundheilung durch die PAVK in Kombination mit Empfindungsstörungen können schlimme Folgen haben. „Es muss darum gehen, die Krankheit in der Entstehung aufzuhalten, denn man kann nur die Symptome behandeln – heilbar ist die PAVK nicht“, mahnt Dr. Schneider.

Wichtigstes Mittel dabei: Lebensstilanpassung. Nikotinkarenz, mehr Bewegung und gesündere Ernährung sind ein Start. „Weiterhin kommen etwa Cholesterin senkende oder thrombozytenaggregationshemmende Medikamente, wie etwa ASS, zum Einsatz“, erklärt der Fachmann. Viel besser allerdings ist regelmäßiges Gehtraining. „35 bis 50 Minuten pro Tag, drei bis 5 Mal pro Woche, und einer stetig gesteigerten Gehstrecke haben in Studien sehr gute Ergebnisse gezeigt“, führt er aus. Es verbessert die Lebensqualität, senkt die Gefahren kardiovaskulärer Komplikationen, und senkt die Mortalitätsrate um 26 Prozent. Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung, doch Gehtraining hat sich als am effektivsten erweisen!“

Ist die Verkalkung schon weit fortgeschritten, könne eine Operation bei Problemen helfen. „Dabei werden verschiedene Verfahren verwendet. Entweder werden verstopfte Gefäße wieder durchgängig gemacht, oder Umleitungen geschaffen“, sagt. Dr. Schneider. Dabei werden etwa Arterien mit Ballons geweitet, Stents eingesetzt, Gefäße ersetzt oder Bypässe angelegt. „Dabei spielen wir oft gegen die Zeit – frühe Untersuchungen und Therapie bringen wertvolle Möglichkeiten, den Verlauf zu verlangsamen“, sagt Dr. Schneider und ruft sowohl Patienten als auch Berufskolleginnen und -kollegen dazu auf, auf Warnsignale zu achten und früh detaillierte Untersuchungen einzuleiten.

Fachleute können dabei beispielsweise mit dem Knöchel-Arm-Index erste Indizien sammeln, die auf eine PAVK hinweisen. „All das hilft den Betroffenen dabei, Lebensqualität zu erhalten, größere Operationen zu vermeiden, und schließlich auch Amputationen zu verhindern. Denn diese haben massive Folgen für den Alltag und bergen gesundheitliche Risiken“, sagt Dr. Schneider und verweist abschließend auf die Gefäßsprechstunde am KKA.

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