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Bürgermeisterkandidat für Antrifttal: Sebastian Schwarzburg im PortraitDer Soldat, der nun als Bürgermeister dienen möchte

ANTRIFTTAL (ls/jal). Am 26. Mai wählen die Antrifttaler einen neuen Bürgermeister: Einer der Kandidaten: der 38-Jährige Sebastian Schwarzburg. Zu Besuch bei einem Mann, dem die Ruhe sehr wichtig ist – und der Vereinen möglichst unkompliziert helfen möchte, damit Antrifttal lebenswert bleibt.

Ankommen, sich zuhause fühlen, abschalten. Motive, die Schwarzburg mehrfach erwähnt, wenn er über sich erzählt. Wer ihn zuhause besucht, der versteht, warum der Berufssoldat, der mehrfach im Ausland im Einsatz war, das so gerne tut. Warum Geborgenheit ein wichtiges Thema für ihn ist. Das Haus, in dem er mit seiner Frau, zwei Kindern, einem Hund und zwei Hasen lebt, liegt abseits. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Ferienbungalow, ganz dicht an einem Wald gelegen. Eine Straße nur führt dorthin, oben auf einem Berg bei Bernsburg, Panoramablick inklusive.

„Da haben Sie die Vorzüge und Nachteile gleich erkannt, oder? Abseits und sehr ruhig, aber kein bisschen Handyempfang“, scherzt er zur Begrüßung seines Gastes.

Erste Frage bei einer Tasse Kaffee: Woher der Wunsch, Bürgermeister zu werden? Schwarzburg – kahler Kopf, markante Brille mit dickem, schwarzem Rand, erzählt. Seit 2016 sitzt er für die Wählergemeinschaft Bernsburg in der Gemeindevertretung Antrifttal, einer echten Partei gehört er nicht an. Die Idee, es einmal als Bürgermeister zu versuchen, sei langsam in ihm gewachsen, sagt er. Probleme, die man auf der Straße erzählt bekommt, bewerkstelligen – oder zumindest ein Forum haben, wo sich darüber reden lässt. Die Arbeit im Gemeindeparlament hat Schwarzburg gezeigt, wie Politik tatsächlich im Leben der Menschen konkret etwas verändern kann.

Der Posten des Bürgermeisters ist für Schwarzburg nun der nächste Schritt, seine Schaffenskraft in den „Dienst der Gemeinde zu stellen“, nachdem er 20 Jahre der „Bundesrepublik Deutschland gedient“ hat, wie er sagt. Es sind Formulierungen wie diese, in denen unwillkürlich durchscheint, dass Schwarzburg sein Geld bei der Bundeswehr verdient. Schwarzburg spricht sehr klar, sehr ruhig und verständlich. Ohne Schnörkel, aber auch nicht ruppig. Freundlich statt Befehlston.

Praktische Vorteile aus der Berufslaufbahn für mögliche neue Aufgaben ziehen

Er selbst versucht ganz praktische Vorteile aus seiner bisherigen Berufslaufbahn für seine mögliche neue Aufgabe zu ziehen. Als das Gespräch auf die Aufgaben eines Bürgermeisters kommt, auf das Leiten der Verwaltung, sagt Schwarzburg, er sei mit Führungsverantwortung groß geworden: „Das soll nicht überheblich klingen, aber ich glaube, ich habe Personal schon in deutlich schwierigeren Situationen in meinem dienstlichen Alltag geführt, mit wesentlich mehr Gefährdungspotenzial.“ Damit meint er neben dem Einsatz bei der Flutkatastrophe in Ostdeutschland im Jahr 2002 die Auslandseinsätze, auf denen er gedient hat. Er war eigenen Angaben nach im Kosovo und in Afghanistan stationiert.

Schwarzburg, in Thüringen geboren und selbst zugezogen, sieht in Vereinen einen enorm wichtigen Faktor, um das Leben als Gemeinschaft auf dem Dorf lebenswert zu gestalten. Er selbst ist in mehreren aktiv – bei der Feuerwehr zum Beispiel, beim Anglerverein und dem Schulförderverein. Vereinen möglichst unbürokratisch zu helfen, so sagt er, sei deshalb für ihn ein wichtiger Punkt in seinem Wahlprogramm. So könne die Gemeinde deutlich mehr Unterstützung anbieten, um Förderungen und Zuschüsse zu beantragen. Ein Ortsverein, wie in einigen Orten der Region bereits vorhanden, könne helfen, die Organisationsbelastung bei größeren Events für die Gemeinschaft besser zu schultern, sagt Schwarzburg außerdem.

Antrifttal, meint er weiter, müsse sich nicht verstecken. Der Kandidat will die Gemeinde dazu bringen, sich mehr als lebenswerter Ort zu bewerben. Ein Ort, in dem mit den Sozialen Diensten in Zusammenarbeit mit Kirtorf viel für ältere Menschen getan werde. Ein Ort, der mit Gießen eine Uni-Stadt und mit Treysa einen ICE-Bahnhof direkt vor der Haustür hat, in dem es eine Schule und einen Kindergarten gibt. Antrifttal, so ist die Botschaft, die bei Schwarzburg mitklingt, müsse sein Licht nicht unter den Scheffel stellen und sich kleiner machen, als es eigentlich ist.

Ausbaufähig ist jedoch noch, das weiß Schwarzburg selbst, das Internet in der Region. Es ist eines der Themen, das ihn spürbar am meisten mit umtreibt, was ihn beschäftigt. Schwarzburg sagt, er wolle sich weiter einlesen, als er es bislang getan hat. Mit dem Kreis reden, mit Experten. Man solle ihm erklären, warum es technisch so schwierig sei, Gebiete wie Ohmes im Jahr 2019 ans Netz anzuschließen. Er hält es für ein Unding, das Wirtschaftsinteressen von Anbietern wie der Telekom scheinbar mehr Gewicht haben als das Recht der Bürger auf freie Kommunikation. Es müsse was passieren in der Gemeinde. Nicht erst in drei Jahren, sondern sofort.

„Wir haben dem mündigen Staatsbürger nicht einmal eine Chance gegeben“

Die Zeit, in der Antrifttal unter dem Rettungsschirm verbracht hat, vergleicht Schwarzburg mit einer Privatinsolvenz. Es sei eine Phase gewesen, in der man in der Gemeinde traurig gewesen sei, sagt er. Weil Leistungen, zum Beispiel für die Vereine, gestrichen wurden. Es gehe jetzt nicht darum, das Geld mit beiden Händen auszugeben, sondern gezielt und überlegt Projekte wieder zu fördern.

Wenn es um die Finanzen geht, dann ist der Sprung zum Begriff der „interkommunalen Zusammenarbeit“ nicht mehr weit – und damit in Antrifttal natürlich zur Fusion mit Kirtorf, die, wie Schwarzburg es formuliert, in einen „Dornröschenschlaf“ gefallen sei, nachdem seine Gemeinde den entsprechenden Bürgerentscheid nicht zugelassen hatte. Er sehe das wie Andreas Fey, der neue Bürgermeister von Kirtorf, sagt Schwarzburg: „Das Projekt darf jetzt nicht irgendwo verschwinden“ – trotz des Vertrauens, das in der Debatte zwischen Kirtorfs Ex-Bürgermeister Ulrich Künz auf der einen und Antrifttals Amtsinhaber Dietmar Krist kaputt gegangen sei und das man nun wieder herstellen müsse.

Das Projekt darf jetzt nicht irgendwo verschwindenSebastian Schwarzburg zum Thema Fusion

„Am Ende ging es nicht mehr um die Sache, sondern zwei Menschen, wo die Chemie nicht mehr passte“, sagt er. Die beiden Kommunen hätten zusammen schon einen zu guten Weg zurückgelegt, als dass man deswegen das ganze Projekt für immer begraben sollte, meint Schwarzburg.

Am traurigsten habe er an der ganzen Sache gefunden, dass das Gemeindeparlament mit der Entscheidung, den Bürgerentscheid nicht auf den Weg zu bringen, den Wählern die Stimme genommen habe. „Wie können wir denn in unserem modernen Deutschland, wo wir versuchen, den europäischen Gedanken aufrecht zu erhalten, dem Bürger die Stimme abnehmen?“, fragt Schwarzburg rhetorisch. Er sei selbst Wähler und hätte gern eine Wahl gehabt, fügt er an – und fährt fort: „Wie auch immer die ausgefallen wäre. Wir haben dem mündigen Staatsbürger in der Gemeinde Antrifttal nicht einmal die Chance gegeben.“ Das Ergebnis der Abstimmung im Gemeindeparlament habe ihn damals wirklich überrascht, noch heute bekomme er eine Gänsehaut, wenn er daran denke. Schwarzburgs Meinung nach wäre noch genug Zeit gewesen, die Bürger, die noch nicht genug im Bilde waren, über den möglichen Zusammenschluss zu informieren.

„Ich bin schon immer der Neutralität verpflichtet“

In Hinblick auf die Grabenkämpfe das Thema Fusion betreffend, bekräftigt Schwarzburg, dass er wirklich parteiunabhängig sei, weil er keiner Partei angehöre. Und wieder schlägt er selbst einen Bogen zu seinem bisherigen Beruf. „Ich bin auch so erzogen worden. Als Soldat bin ich schon immer der Neutralität verpflichtet. So handhabe ich das auch in der Gemeindevertretung“, sagt er. Mit 38 habe er nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, wenn ein Vorschlag von jemand anderem für die Gemeinde der beste sei, „dann ist das eben so“, sagt Schwarzburg. „Kein Problem.“

Das Schöne an der Arbeit in der Gemeindevertretung sei, dass man sich auch nach einem guten, demokratischen Streit, den Schwarzburg sehr schätzt, immer noch die Hand geben könne. Ende Mai werden die Antrifttaler entscheiden, ob der Soldat die nächsten Sitzungen weiter als Gemeindevertreter oder dann als Bürgermeister besuchen wird.

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