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Integriertes Energie und Klimaschutzkonzept für den Vogelsberg - Kreis präsentierte den Kommunen die Ergebnisse„Wir können uns selbst auf die Schultern klopfen“

ALSFELD (cdl). Jedes Jahr geben die Bürger, Unternehmen, Städte und Kommunen 370 Millionen Euro für Strom und Wärme im Vogelsbergkreis aus. Davon fließen jährlich 195 Millionen Euro aus dem Kreis hinaus.

Das „Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept“ (IEKK) des Vogelsbergkreises liegt zum Entwurf vor. Über die Inhalte informierte gestern der Kreis in Leusel die Kommunen im Altkreis Alsfeld. Der Klimaschutz soll vorangetrieben, CO2 gesenkt und die Kosten gemindert werden. Positive Nachrichten gibt es bei Deckungsgrad der Stromproduktion, der aktuell bei 121 Prozent liegt und im Jahr 2030 über 200 Prozent erreichen wird.

„Ein Teil der Wertschöpfung soll künftig in der Region bleiben“, so der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Jens Mischak mit Bezug auf die 195 Millionen Euro. Seit April 2015 wurde das vom Vogelsbergkreis beauftragte und vom Bund geförderte Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) unter Einbindung aller 19 Kommunen des Kreises aufgestellt. Die relevanten Energiebezugs-, Produktions- und Verbrauchsdaten für die Region wurden erhoben und in einer Energie- und CO2-Bilanz zusammengeführt. Wenn man sich den Bundesvergleich bei der Erzeugung klimaschonender Energie anschaue, könne sich die Region durchaus auf die Schulter klopfen, so Mischak.

Einspar- und Effizienzressourcen seien identifiziert und den Potenzialen für eine
klimaschonende Energiebereitstellung gegenübergestellt worden. Die wesentlichen Ergebnisse stellte Hans-Jürgen Gräf den Bürgermeistern und der Presse vor.

Zahlen, Daten, Fakten zur Energiebilanz im Altkreis Alsfeld

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Sämtliche Grafiken hat dankenswerterweise das Amt für ländlichen Raum zur Verfügung gestellt. Alle Grafiken: Vogelsbergkreis

Zur Präsentation nutzte er die vollständigen Daten des Regierungspräsidiums Gießen aus dem Jahr 2013 und ergänzte seinen Vortrag an manchen Stellen durch aktuellere Zahlen. Der Verbrauch der Kommunen betrage zwar nur ein Prozent, aber die Bürgermeister würden alle ihre Rechnungen kennen und sich über jeden eingesparten Euro freuen. Außerdem hätten die Kommunen eine Vorbildfunktion für die Bürger.

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Der hohe Energieverbrauch, der pro Kopf im Vogelsbergkreis elf Prozent über dem Bundesdurchschnitt liege, sei ganz normal für den ländlichen Raum. Durch die dünne Besiedlung seien zum einen die Verbrauchswerte für die Mobilität und zum anderen für die Heizkosten viel höher. Eigenheime mit viel Wohnfläche und wenigen Bewohnern benötigten deutlich mehr Energie als große Mietshäuser mit vielen Parteien. Beim Strom habe man dank Windkraft und Fotovoltaik bereits im Jahr 2013 den Deckungsgrad erreicht. „Trotz höherem Pro-Kopf-Verbrauch bietet der ländliche Raum im Vergleich zum Ballungsgebiet deutlich bessere Voraussetzungen für Erneuerbare Energien“, so Gräf.

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Warum die Stadt Homberg Ohm und die Gemeinde Schwalmtal einen deutlich höheren Energieverbrauch als die anderen Kommunen haben, konnte Gräf einfach erklären. Energieintensive Betriebe wie die Kamax in Homberg und die Tierkörperbeseitigung in Hopfgarten (Schwalmtal) seien für die Ausreißer nach oben verantwortlich.

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Klimaschutz durch zahlreiche Maßnahmen

Bis zum Jahr 2030 sei das Ziel im Vogelsbergkreis den Energieverbrauch um zwölf Prozent zu senken, den Deckungsgrad bei der Wärmeerzeugung um 27 Prozent anzuheben und bei der Stromerzeugung 200 Prozent zu erreichen. Gerade bei der Wärmeerzeugung sei bei den Bürgern aber bereits in den vergangenen Jahren viel geschehen und gerade der nachwachsende Rohstoff Holz erfreue sich großer Beliebtheit. Weil den meisten Kommunen keine Erdgasleitungen zur Verfügung stehen, werde man aber weiterhin Erdöl benötigen. Durch den Überfluss an Strom sei das Heizen mit Strom wieder eine Alternative geworden und werde als saubere Energie eingestuft.

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Durch aktives Vorgehen könne der Energieverbrauch bis zum Jahr 2030 sogar um 24 Prozent werden. Prognosen bis ins Jahr 2050 seien reine Kaffeesatzleserei und würden daher erst gar nicht angestellt. Die erarbeiteten Projektansätze und Handlungsoptionen bekamen die Bürgermeister auf die jeweiligen Kommunen angepasst in einer halbstündigen Unterbrechung an aufgebauten Infoständen separat vorgestellt. Den Maßnahmenkatalog als Fahrplan für Sofortmaßnahmen sowie längerfristig anzugehende Vorhaben mit einem Zeithorizont bis 2030 wurde ihnen in ausgedruckter Form nach der Zusammenkunft mit nach Hause gegeben.

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Überrascht zeigten sich einige Anwesende über die Prognose zum Wachstum der Solarthermie. Der Fotovoltaikmarkt sei in den vergangenen Jahren nach dem Wegfall der Subventionen massiv eingebrochen so eine Stimme aus dem Plenum. Die Anschaffungskosten für die Solarthermie und auch Fotovoltaik werden immer günstiger, daher wird sich der Markt in absehbarer Zeit erholen und wieder Fahrt aufnehmen, zeigte sich Gräf sicher. Der Posten für Restabfall/Ersatzbrennstoffe sei jedoch rein hypothetisch. Dort liege die Annahme zugrunde, dass bis zum Jahr 2030 Müllverbrennungsanlagen auf dem Kreisgebiet entstehen.

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Das große Ziel der Klimaneutralität sei im ländlichen Raum durchaus realistisch. Jedoch gelte auch hier, dass man sich beim Klimaschutzkonzept ausschließlich auf den Zeitraum bis 2030 konzentriere.

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Wertschöpfung in der Debatte wichtiger als Klimaschutz

Das IEKK liefere sowohl die Strategien als auch die konkreten Projekte. Es
verdeutlicht, was in den nächsten Jahren auf diesem Gebiet getan werden soll, so Mischak. Die Energie- und Klimaschutzziele müssten jetzt auf der Grundlage des IEKK passgenau und realistisch für den ländlich strukturierten Vogelsbergkreis von den politischen
Kreisgremien bewertet und beschlossen werden. Danach soll das IEKK veröffentlicht
werden. „Ich kann mir vorstellen, dass es im Kreistag lebhafte Diskussionen geben wird“, merkte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule an. „Es ist eine Hilfestellung für die Kommunen und keine Handlungsanweisung. Sie sind daran nicht gebunden“, erklärte Lorenz Kock vom Amt für ländlichen Raum. „Es ist eine Vereinbarung des Zieles und keine Vereinbarung der Maßnahmen“, daher könne es keine Sanktionen geben.

„Man muss sich ganz klar machen, warum wir das machen. Die Weltrettung wird uns im Vogelsbergkreis nicht gelingen und sie wird auch nicht in Deutschland gelingen. Ich fühle mich zwar verpflichtet den Klimaschutz voranzutreiben, aber unser entscheidendes Argument muss die Wertschöpfung sein“, so Kock abschließend.

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