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Guido Schneider klagt gegen die Anerkennung der Bürgermeisterwahl in LauterbachEin Mann will noch einmal wählen lassen

LAUTERBACH. Wenn man ihm gegenüber sitzt und zuhört, dann erwartet man gar nicht, dass dieser Mann mit der ruhigen Stimme und dem eher scheuen Blick sich gerade zu einer Art Gallier im hessischen Lauterbach aufschwingt: Die ganze Kreisstadt, soweit gefragt, akzeptiert die Wiederwahl von Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller. Die ganze? Nein, ein Guido Schneider gibt sich nicht zufrieden: Er hat beim Verwaltungsgericht Klage erhoben gegen den Wahlvorgang und die Bestätigung des Wahlausgangs im Parlament. Kern der Vorwürfe: Der Amtsinhaber habe im Wahlkampf sein Amt für PR-Zwecke missbraucht. Überdies sei der Kontrahent durch Straftaten benachteiligt worden.

Mehr als vier DIN A4-Seiten umfasst die Klage, die Guido Schneider Ende August beim Verwaltungsgericht Gießen gegen die Gültigkeit der Bürgermeisterwahl in Lauterbach eingereicht hat, beginnend mit dem Satz: „Bei der diesjährigen Bürgermeisterwahl kam es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten, welche dazu führen, dass die Wahl für ungültig zu erklären ist.“ Er selbst hatte ja gar nicht an der Wahl teilgenommen, hätte das aber gerne getan, erklärt Guido Schneider in seiner Klage. Aber an der Stelle begann für ihn der Reigen der Skandale im Vorwege der Bürgermeisterwahl, gegen die er jetzt protestiert.

Mit Protesten hat für den 46-jährigen das politische Engagement in Lauterbach überhaupt begonnen, erzählt er in einem Gespräch als Hintergrund. Guido Schneider ist seit langer Zeit aktiver Pferdebesitzer und sogar -Ausbilder, dabei ein bisschen auch im alternativen Umfeld unterwegs. Dann kam 2012 der Streit um die geplante Pferdesteuer, mit der die Kreisstadt überregional Schlagzeilen machte. Giudo Schneider war im Aktionsbündnis dagegen aktiv dabei, argumentierte und wetterte gegen eine neue Steuer, die das Millionenloch im Haushalt mit 30.000 Euro stopfen sollte. Darüber kann er sich noch heute ärgern – und seinerzeit wollte er es nun genauer wissen: „Dann fing ich an, hinter die Kulissen zu blicken.“

„Das Problem liegt am Ausgeben. Es wird zu wenig gespart“

Er bekam „eine erste Information“ und schaute nach: „Ich fand es unglaublich, was alles passiert, beziehungsweise was alles nicht passiert.“ Im Zentrum des Interesses die Frage: „Wie kam es zu dem Defizit?“ Er wühlte sich durch Haushaltspläne und kam zu dem Schluss: „Das Problem liegt am Ausgeben. Es wird zu wenig gespart.“ Die Stadt habe kein Einnahme-Problem: „Lauterbach hat so viel Betriebe!“ Und noch zu einem Schluss kam der Mann, der es ganz genau wissen will: Dieses Gebaren geschehe nicht zufällig, meint Guido Schneider, dahinter stehe eine Gruppierung einflussreicher Leute in Lauterbach, die bemüht ist, den Status Quo und damit ihre Positionen zu erhalten. Oder wie er konkret im Fall der Stadtwerke moniert: Durch Ämterverquickung gebe es „eine Seilschaft von links nach rechts.“

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Im Zentrum der Kritik an der Bürgermeisterwahl: Rainer-Hans Vollmöller.

 

Für Guido Schneider steht hinter jedem Geschehen ein Täter mit zweifelhaften Motiven – und im Zentrum jeder Schieflage oder Schurkerei in der Kreisstadt vermutet er Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller. Dem langjährigen Amtsinhaber widmet er auf einer politischen Website mit dem Titel „Lauterbach 2020“ (die Seite ist wegen Wartungsarbeiten bis Sonntag offline) eine ganze Internetpräsenz: 16 Problemfelder und dazugehörige  Lösungsvorschläge führt er auf der Seite auf und nennt in Rot jeweils das Haupthindernis: „Mit Vollmöller wird es das nicht geben“. Die Website heißt auch nicht zufällig „Lauterbach 2020“. Im Jahr 2020 endet die aktuelle Amtszeit des Bürgermeisters.

Da wundert es kaum, dass der Lauterbacher Bürgermeister-Wahlkampf in seinen Augen voller „Straftaten“ – so die Formulierung in der Klage – ist, von denen Vollmöller profitiert habe. Dessen Seilschaften vermutet er auch in der unabhängigen Wahlleitung – daran sei schon seine eigene Kandidatur gescheitert.

Furcht vor „Sanktionen oder Repressalien“

Mit dem Anliegen, so kann Guido Schneider sich genau erinnern, wandte er sich am 2. Februar erstmals an den Wahlvorstand, bekam drei Tage später die Nachricht, dass die Unterlagen für seine Bewerbung fertig seien. Nur wenige Tage darauf bekam er mit, dass seine Absicht, als Kandidat an der Wahl teilzunehmen, bereits in den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung angekommen war. Darauf stieg er aus. Denn mit einem derart indiskreten Wahlvorstand habe er den für eine Kandidatur notwendigen Unterstützern keine Anonymität zusichern können. Darunter wären aber Leute gewesen, „die nicht bekannt werden wollen“, weil sie in Abhängigkeitsverhältnissen der Stadt stehen und „Sanktionen oder Repressalien“ – so seine Worte in der Klage – von Bürgermeister oder Verwaltung fürchten müssten. „Das Risiko ist relativ hoch!“

Zugleich kritisiert Schneider eine Überpräsenz des Bürgermeisters in der lokalen Tageszeitung im Wahlkampf, während er zugleich eine „eigene Zeitung“ habe veröffentlichen müssen, um Gehör zu finden. Denn die lokale Zeitung, der Lauterbacher Anzeiger, habe weder ihn noch den Gegenkandidaten Dirk Kurzawa den nötigen Platz für Stellungnahmen eingeräumt, und dahinter vermutet er ebenfalls Rainer-Hans Vollmöller, denn der redigiere ohnehin regelmäßig die Nachrichten.

Bei solchen Auftritten habe Vollmöller wiederholt sein Amt und seinen Status als Kandidat vermengt – und das nicht nur durch Auftritte in der Tageszeitung, sondern auch auf Wahlplakaten, auf denen er als Amtsinhaber aufgetreten sei, nicht als Kandidat. Das Kommunalwahlgesetz verpflichte ihn aber dazu, „sich neutral und mäßigend zu verhalten“. Gegen diesen Grundsatz habe er auch auf der Internetseite der Stadt verstoßen.

Verschwundene Wahlplakate: „eine Straftat“

Die Wahlplakate sind in der Klage ein eigenes Kapitel. Da führt er die Geschichte von den Plakaten des SPD-Kandidaten Dirk Kurzawa auf: Der habe am Wochenende vor Ostern  flächendeckend in der Stadt plakatiert – und der Amtsinhaber erst einige Tage später. In der Zeit dazwischen seien aber 80 Prozent der Plakate des Herausforders verschwunden – an deren Stelle hingen nun Vollmöller-Plakate. Das sei weit über „normalen“ Vandalismus hinausgegangen. Seine Vermutung: Kurzawas Plakate wurden bewusst gestohlen, um dem Bürgermeister einen Vorteil zu verschaffen – eine Straftat, gegen die er bereits Strafantrag gestellt habe. Und dann sei auch noch das Gerücht in der Stadt verbreitet worden, Dirk Kurzawa sei alkoholkrank. „Eine Verleumdung. Eine Straftat.“, stellt der Kritiker fest. Deswegen habe sich der SPD-Kandidat sogar in einer öffentlichen Podiumsdiskussion rechtfertigen müssen. Für beide Fälle führt Schneider den SPD-Mann auch als Zeugen auf.

Die blanken Fakten seien durchaus belegt, antwortet Dirk Kurzawa selbst gegenüber Oberhessen-live: Die Schilder waren weg, und auch er habe von dem Gerücht zu seinem Alkoholkonsum gehört. Aber er sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden seiner Schilder und dem Aufhängen der anderen. Er könne auch nicht sagen, ob der Bürgermeister hinter dem Alkoholismus-Gerücht steht: „Ich persönlich hänge das nicht so hoch.“ Nicht falsch sei auch die Wahrnehmung gewesen, dass der Bürgermeister während des Wahlkampf überproportional viel in der Lokalzeitung präsent war, „aber nicht jenseits meines demokratischen Grundverständnisses“. Dennoch, so schließt Kurzawa mit Blick auf die Klage, könne das alles ja nun einmal ein Gericht überprüfen.

Warten auf eine Reaktion des Gerichts

Die Liste der Vorwürfe in der Klage ist noch wesentlich länger – und reicht bis zu Wählertäuschung durch falsche Wahlversprechen. Darauf angesprochen, klingt Guido Schneider so, als sei ihm die Breite der Anklagen selbst nicht mehr geheuer: Da habe er halt alles reingeschrieben, was ihm irgendwie einfiel – um sicher zu gehen, denn nachreichen könne er später nicht mehr.

So legte Guido Schneider zunächst am 10. Juni im Rathaus Einspruch gegen die Wahl ein. Dennoch bestätigte das Stadtparklament ein paar Wochen später die Rechtmäßigkeit des Wahlgangs – einstimmig. Aber es seien ja nur 27 der 37 Stadtverordneten bei dieser Abstimmung dabei gewesen, moniert wiederum der Kritiker: „Warum waren die anderen nicht da?“ Er reagierte entsprechend und reichte am 29. August beim Verwaltungsgericht Gießen Klage gegen die Bürgermeisterwahl ein. Seither wartet Guido Schneider auf eine Eröffnung des Verfahrens. Das kann offenbar dauern. Bis Ende Oktober wolle das Gericht eine klagefähige Anschrift des Bürgermeisters, sei ihm beschieden worden. Nun rechne er, dass es eine weitere Reaktion erst viel später gibt: gegen Weihnachten.

Von Axel Pries

Ein Gedanke zu “Ein Mann will noch einmal wählen lassen

  1. ja ich kann nicht viel dazu sagen aber es sind in lauterbach einige sachen wie die hässlichen dinger auf dem marktplatz postiert worden… dafür hat lauterbach geld oder das hässliche ding im kreissel zum bahnhof nee dieses geld kann man für andere sachen benutzen aber nicht für so einen mist ich komme aus lauterbach aber ich finde es traurig was daraus geworden ist es war immer ein schönes städtchen aber jetzt neue kunst nee das passt nicht und kostet geld

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