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Digitale Ausstattung: Vogelsberger Schulen sind gut aufgestellt - Millionenbeträge aus DigitalpaktIpad statt Heft und Bleistift

STORNDORF (ol). Bleistift, Heft und dickes Schulbuch haben ausgedient – selbst in der Grundschule arbeiten die Jungen und Mädchen mittlerweile hochkonzentriert am iPad. Wie zum Beispiel in der kleinen Grundschule in Storndorf, in der gerade ein ganzer Koffer voller Tablets eingetroffen ist. „Das digitale Zeitalter beginnt, es ist wichtig, sich diesen Herausforderungen zu stellen und vor allem sehr früh damit zu beginnen“, betont Landrat Manfred Görig bei einem Besuch der Schule.

Wie schnell sich Zeiten ändern, macht Schulleiterin Anita Müller-Schulz laut Pressemitteilung des Kreises deutlich: „Als ich 2002 Schulleiterin wurde, da hatten wir nicht einen einzigen Computer hier an der Schule“, erzählt sie schmunzelnd. „Heute fast undenkbar.“ Ebenfalls kaum noch vorstellbar: das Schreiben mit Kreide etwa. „Wir haben viel früher als andere angefangen, in neue Technik zu investieren, so haben wir alleine 700 interaktive elektronische Boards angeschafft. Schon vor fünf Jahren waren alle unsere Klassenräume mit diesen Boards ausgestattet, andere diskutieren heute noch, ob sie ihre grünen Wandtafeln behalten wollen“, weiß Landrat Manfred Görig.

Und es geht weiter: Mit Mitteln des Digitalpaktes, die der Bund und Land zur Verfügung gestellt haben, und dank des vor einigen Wochen noch zusätzlich aufgelegten Sonderprogramms zur Bereitstellung von Schülerendgeräten für das Homeschooling kann der „schon bestehende hohe, vorbildliche Ausbaustand der digitalen Ausstattung unserer Schulen“ auf die nächste Stufe gestellt werden, kündigt Landrat Manfred Görig gemeinsam mit Berthold Habermehl, dem Leiter des Amtes für Schulische Bildung und Bereuung, an. „Rund 7 Millionen Euro aus dem Digitalpakt, verteilt auf die nächsten vier Jahre, sowie eine weitere kurzfristige Zuweisung von rund einer halben Million Euro schaffen eine gute finanzielle Grundlage, auf dem schon aus eigener Kraft Erreichten weiter aufzubauen“, so Landrat Manfred Görig.

Digitalisierung des Unterrichts weiter voranbringen

Jetzt gelte es, mit der Erschließung aller Schulen mit Glasfaser, die zurzeit auf Hochtouren läuft, die entsprechende Bandbreite in jedem Unterrichtsraum auch für den digitalen Unterricht nutzbar zu machen. „Konkret bedeutet dies, dass wir der sukzessiven Erschließung der Schulen folgend auch zeitnah für einen flächendeckende WLAN-Ausbau in unseren Schulgebäuden sorgen müssen, damit das schnelle Internet auch letztlich bei den in den letzten Jahren schon immer stärker zum Einsatz gekommenen Endgeräte der Schülerinnen und Schüler ankommt“, so Amtsleiter Berthold Habermehl. „Dies haben wir uns mit dem im Haushalt 2020 bereitgestellten Mitteln von rund 1 Million Euro für dieses Jahr zur Hauptaufgabe gestellt.“ Dazu gehörten auch die Erweiterung und Verbesserung von Serverstrukturen. Die hierfür notwendigen Aufträge seien inzwischen weitgehend vergeben.

„Unsere Initiativen und Bemühungen um Fördermittel zur Glasfasererschließung unserer Schulen und Gewerbegebiete tragen Früchte“, konstatiert der Landrat. „Somit kann die Digitalisierung des Unterrichts weiter vorangebracht werden.“

Gerade die Corona-Krise, die den Unterricht an den Schulen über Wochen zum Erliegen gebracht hatte, habe gezeigt, wie wichtig eine entsprechende digitale Ausstattung der Schulen ist. Während des Homeschoolings bestens bewährt habe sich die bereits vor Jahren erfolgte Einführung der Iserv-Plattform als Kommunikationsmöglichkeit. Lücken hätten sich jedoch dort aufgetan, wo Schülerinnen und Schüler zuhause nicht über geeignete Endgeräte verfügten. „Aber auch diese Lücke kann nun weitestgehend geschlossen werden – dank des zusätzlich aufgelegten Endgeräteprogramms“, betont der Landrat.

800 Endgeräte angekommen, weitere folgen

So seien mit den bereitgestellten Mitteln in den letzten Wochen bereits rund 800 Endgeräte beschafft worden. Aufgrund von Lieferengpässe seien noch nicht alle Geräte ausgeliefert worden. Diese kurzfristigen Beschaffungsmaßnahmen seien jedoch nur möglich gewesen, weil die Verausgabung der bereitgestellten Mittel im Gegensatz zum Digitalpakt beim Endgeräteprogramm nicht an unnötige bürokratische und verwaltungstechnische Hürden gekoppelt war.

Wenn man seitens des Bundes und des Landes immer wieder darauf hinweise, dass die Schulträger bisher erst einen geringen Anteil der Mittel abgerufen haben, dann müsse man sich auch einmal selbstkritisch die Frage stellen, wo die Ursachen liegen. „Ein wenig mehr Vertrauen in die Schulträger im verantwortungsvollen Umgang mit den bereitgestellten Geldern könnte den immer wieder beschworenen notwendigen Digitalisierungsprozess in unseren Schulen an der einen oder anderen Stelle beschleunigen“, so Landrat Görig abschließend.

3 Gedanken zu “Ipad statt Heft und Bleistift

  1. Klar doch: Das digitale Zeitalter beginnt, bzw. hat es längst begonnen, bevor man es im Vogelsberg merkt. Und natürlich ist man auf der Höhe der Zeit, war bestens vorbereitet, fährt jetzt die Ernte ein für die weitsichtigen Entscheidungen früherer Jahre. Und dank reichlich sprudelnder Fördermittel baut man „‚auf dem schon aus eigener Kraft Erreichten weiter auf…‘, so Landrat Manfred Görig.“ Alles Bullshit! Weil man in Fragen von „Digital Learning“ und „Homeschooling“ ja immer noch im „Neuland“ herum stochert, spricht man wie der Blinde von der Farbe: „Bleistift, Heft und dickes Schulbuch haben ausgedient – selbst in der Grundschule arbeiten die Jungen und Mädchen mittlerweile hochkonzentriert am iPad.“
    Dass es aber vielleicht gar nicht so fortschrittlich ist, wie es auf den ersten Blick aussieht, dass die „iPad-schhändchen“ nur noch klicken, wischen und touchen, wissen wohl die meisten nicht, die sich jetzt über „ganze[r] Koffer voller Tablets“ freuen. Aber indem die alten Kulturtechniken teilweise weg fallen, verkümmern andere wesentliche Fähigkeiten der Kinder (https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/klassenzimmer/folgen-der-digitalisierung-die-bewegungsfaehigkeit-der-kinder-verkuemmert-16830564.html). Und die sind nun mal für eine vollständige Entwicklung der Schülerpersönlichkeit unabdingbar.
    Es ist ein schlechter Witz wenn man erfährt, dass „dank“ Digitalisierung die Zahl der Schüler*innen mit Beeinträchtigungen ihrer Gesamtpersönlichkeit bzw. bestimmter Teilleistungs-Bereiche rapide zunimmt. Und dann werden in der Digital-Euphorie nicht einmal die technischen und methodischen Möglichkeiten, die sich förmlich aufdrängen, um gezielter und individueller auf Schüler*innen mit Legasthenie, Dyskalkulie usw. einzugehen, nicht einmal erwähnt. Nicht zufällig, denn Schüler*innen mit Förderbedarf gehören zu den besonders Benachteiligten unter Corona-Bedingungen. Sie waren die am meisten betroffenen Opfer von Homeschooling nach dem ersten Lockdown. Aber da möchte man ja den Eindruck vermitteln, als habe sich das Schulwesen des VB in der Krise bereits bestens bewährt.

  2. im Lockdown war schon alles andere als gut gelungen, sondern bestenfalls schön geredet. Und das lag nicht nur an der fehlenden Hardware in den Haushalten von Otto Durchschnittsschüler. Inzwischen hört man landauf landab, dass „Ipad statt Heft und Bleistift“ – von dem man nicht weiß, ob es tatsächlich das anzustrebende Ziel einer Digitalisierung der Schule sein muss – gar nicht so schnell umgesetzt werden kann, weil es immer wieder an irgendeiner technischen Voraussetzung fehlt oder die vielen Aufträge von den Handwerksbetrieben gar nicht alle auf einmal abgearbeitet werden können. Natürlich versucht der Landrat jetzt, die Abläufe so darzustellen, als habe man sich bei Zeiten auf die neue Situation vorbereitet und sei jetzt – dank kluger Vorausschau – zu einer zeitnahen Umsetzung in der Lage. Mein Eindruck: Das ist erstens falsch. Und zweitens wird hier alles auf das Problem der technischen Umsetzung reduziert. Je schneller die gelinge, desto moderner entwickle sich das Bildungswesen. Aber eine alte Erfahrung der Bildungsforscher lehrt, dass tiefgreifende Veränderungen innerhalb des Bildungswesens einen Jahrzehnte langen Erfahrungsprozess erfordern. Wer schnell ist, hat bestenfalls in kurzer Zeit viel Geld ausgegeben, sieht dann, dass dies an der falschen Stelle geschehen ist, und muss dann zusehen, dass ihm für die notwendigen Nachsteuerungsprozesse bzw. zur „Reform der Reform“ dann die Mittel fehlen. „Bestens bewährt“ hat sich auf dem Gebiet einer sinnvollen digitalen Schulausstattung jedenfalls noch überhaupt nichts. Häufig gibt es Lücken in der Versorgung: Da hat man zwar vielleicht den Glasfaseranschluss. Aber es gibt in der Schule kein WLAN. Oder es fehlt an Administratoren, die den Gerätepark instand halten und die vielen Programme einrichten. Und eine praxistaugliche Didaktik des Unterrichts mit digitalen Medien ist noch lange nicht geschrieben.

  3. Da wird mit einem „Endgeräteprogramm“ aber mal wieder das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt. Das Konzept ‚Digitale Bildung‘ für Kitas und Schulen kommt
    von der Industrie, nicht aus der Erziehungswissenschaft. Deren Vertreter und noch mehr die Neurobiologen warnen vor den Folgen einer unreflektierten Digitalisierung von der Kita aufwärts; als da wären Sprachentwicklungs- und Konzentrationsstörungen, körperliche Hyperaktivität und innere Unruhe bis hin zu aggressivem Verhalten. Schon Säuglinge leiden unter Essens- und Einschlafstörungen, wenn die Mutter, während sie das Kind betreut, auch digitale Medien nutzt. Siehe https://eliant.eu/fileadmin/user_upload/Conference2017/Hensinger_iDisorder_2017_4.pdf.

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