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Ergreifende Komödie über geplatzte TräumeTheaterstück „Anderthalb Stunden zu spät“ im Güterbahnhof Alsfeld

ALSFELD (ol). Dieter Wagner und Bettina Kirsten zeigen das berührende Zwei-Personen-Stück „Anderthalb Stunden zu spät“ im Güterbahnhof Alsfeld. Das Theaterstück, das mit französischer Leichtigkeit und Humor die Fragen nach dem richtigen Lebensweg in der Lebensmitte aufwirft, verspricht intelligente und unterhaltsame Einblicke in die Gedankenwelt eines Paares im End-Fünfziger-Alter.

Was passiert, wenn man sich fragt, ob man die vergangenen Jahrzehnte „richtig“ gelebt hat? Was, wenn das Leben schon so weit fortgeschritten ist, dass die Neuanfänge nicht auf der Straße liegen? Was, wenn man glaubt, es müsse sich dringend, dringend etwas ändern? Dann spricht man am besten mit seinem Ehepartner, auch wenn die Situation gerade ungünstig ist.

So in etwa darf man sich das Theaterstück „Anderthalb Stunden zu spät“ vorstellen, das derzeit laut einer Pressemitteilung in Alsfeld im Güterbahnhof seiner Premiere harrt. Inszeniert und gespielt wird es von dem Liederbacher Schauspieler Dieter Wagner, der sich dazu die renommierte Künstlerin Bettina Kirsten aus dem Marburger Raum an seine Seite geholt hat.

In dem Zwei-Personen-Stück, das unter anderem schon von Herbert Herrmann und Nora von Collande in der Komödie am Kurfürstendamm aufgeführt wurde und das aus der Feder der Autoren Gérald Sibleyras und Jean Dell stammt, geht es mit französischer Leichtigkeit, gepaart mit viel Humor und nicht weniger Tiefgang, um die Lebenssituation eines Paares in seinen End-Fünfzigern: Das Leben in ruhigen Bahnen, die Rente in Sicht – und die Frage, ob das nun alles war. Wer kennt es nicht? Wiedererkennungseffekte bei Menschen in dieser Lebensphase werden sich nicht vermeiden lassen, aber auch für alle anderen Theaterinteressierten bietet dieses Stück, bei dem mitunter schon mal die Fetzen fliegen, intelligente und lustige Unterhaltung, wie der Regisseur und Schauspieler augenzwinkernd verrät. Was allerdings Sokrates, Alexander der Große und Che Guevara damit zu tun haben, will Wagner nicht verraten, heißt es.

Für Dieter Wagner, der sich dieses Stück ganz bewusst ausgesucht hat, stecken viele Themen aus diesem besonderen Lebensabschnitt darin. Auf die Bühne bringt er den Dialog mit viel Schmackes. Und natürlich mit Humor: „Naturgemäß ist unsere Komödie sehr witzig, aber es bleibt einem ab und zu auch mal das Lachen im Halse stecken, denn hinter jedem Witz steckt immer auch eine gewisse Wahrheit, die es zu verdauen gilt und die man vielleicht aus seinem eigenen Leben kennt.“ Derzeit probt er noch mit seiner Partnerin, zumeist in der Waggonhalle in Marburg, der künstlerischen Homebase der Theatergruppe Gegenstand, der er angehört. Mit seiner Schauspielkunst einmal in seiner Heimatstadt aufzutreten – Wagner ist seit zehn Jahren mit seiner Ehefrau Sabine Wagner in Liederbach zuhause -, diesen Wunsch erfüllt er sich nun und freut sich, dass der Güterbahnhof zur Verfügung steht.

Schauspieler war der Mittsechziger nicht immer: Als Schreiner hat Dieter Wagner einen sehr bodenständigen Beruf erlernt, doch schon sehr früh hat er auch sein Hobby, die Schauspielerei, mit einer professionellen Ausbildung, vorangetrieben. Seit fünfundzwanzig Jahren spielt er bereits – mit viel Erfahrung, ungebrochener Begeisterung und vielen Plänen, die er jetzt im Ruhestand angehen möchte. Seine Partnerin Bettina Kirsten aus Dautphetal sei ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt: Die gebürtige Triererin kann auf rund 30 Jahre Bühnenerfahrung als professionelle Sängerin zurückblicken und war zeitweise Backgroundsängerin bei Größen wie Johnny Logan, Caterina Valente und Gloria Gaynor. 2021 sang und spielte sie erstmals im Rahmen der Schlossfestspiele Biedenkopf in dem Musical „Der Stadtbrand“ von Paul Graham Brown. Dadurch erwachte ihre Liebe zum Theater, die bis heute ungebrochen ist, so heißt es.

„Ich freue mich sehr auf unser Stück und wünsche mir, dass es viele Menschen aus der Region in den Güterbahnhof lockt, der an diesen Abenden ein wenig zum Boulevard wird. Der November ist eine schöne Theaterzeit und die Location im Bahnhof ein wunderbarer Ort für Kultur“, sagt Wagner. Dabei möchte er eine Lanze für die Komödie als Form des Theaters brechen: „Unser Stück behandelt ein ernstes Thema mit dem nötigen Tiefgang, aber auch mit dem nötigen Humor. Man kann immer noch darüber lachen – und wo kämen wir denn hin, wenn wir das nicht mehr könnten?“

Dieter Wagner und Bettina Kirsten spielen in Alsfeld im Güterbahnhof am Freitag, dem 3 November, um 20 Uhr und am Sonntag, dem 5. November, um 19 Uhr. Am Freitag, dem 10. November und am Samstag, dem 11. November, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es über reservix und in der Buchhandlung Lesenswert am Alsfelder Marktplatz.

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