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Ausschussmitglieder empfehlen Bebauungsplan-EntwurfLange Diskussion um Zukunft der Goldschmiedwiese

ALSFELD (ls). Der Aufstellungsbeschluss wurde bereits gefasst, die Stellungnahmen sind eingegangen und auch die Gutachten sind erstellt – nach den Änderungen ging es nun eigentlich um den Entwurf des Bebauungsplans für das Projekt an der Goldschmiedswiese in Alsfeld. Doch stattdessen sorgten Lärm, nächtlicher Lkw-Verkehr und die Umwandlung in ein urbanes Gebiet für allerhand Diskussionsstoff im Ausschuss.

Zur Erinnerung: Bereits im Februar 2022 stellte Projektentwickler David Hinkel, Geschäftsführer vom Unternehmen SteinbergHinkel Projektentwicklung, gemeinsam mit Martin Schultheis vom städtischen Bauamt den Ausschussmitgliedern die Idee vor, wonach bis zu 100 Wohnungen und ein Seniorenpflegeheim mit altersgerechten Wohnungen auf dem ehemaligen BGS-Gelände, der sogenannten Goldschmiedswiese, entstehen könnten.

Nun steht eine Abstimmung zur Änderung des Bebauungsplanes „Goldschmiedswiese“ und des Flächennutzungsplanes an, die die Grundlage für eine bauliche Umwandlung und Nachverdichtung der Flächen im Bereich der Willy-Brandt-Straße sein soll.

Geplant ist hier neben einer Wohnbebauung mit Mehrfamilienhäusern auch eine Wohnanlage für Pflege und Betreutes Wohnen mit barrierefreien und seniorengerechten Wohnungen. Sechs Gebäude mit einer Grundfläche von 1.785 Quadratmetern sollen dort entstehen – drei davon auf der Arabella-Fläche. Insgesamt 40 Millionen Euro sollten dort investiert werden.

Idee: Bis zu 100 neue Wohnungen und Seniorenheim für Alsfeld

Schon in der nachfolgenden Stadtverordnetenversammlung sorgte der Plan für deftige Auseinandersetzungen – und auch in der Ausschusssitzung zur dritten Änderung des Bebauungsplans und zur Entwurffassung blieben Diskussionen nicht aus – wenn die auch eher die Pläne zur Umwandlung in ein urbanes Gebiet statt einem Wohngebiet, sowie den Lärm und nächtlichen Lkw-Verkehr betrafen. So viel sei schon jetzt verraten: Empfohlen wurde der Entwurf des Bebauungsplans vom Ausschuss trotz Enthaltung und Ablehnung.

Umwandlung von Wohngebiet zu Urbanen Gebiet

Vorgestellt wurde das umfassende Beratungskonzept für die Lokalpolitiker samt der eingegangenen Stellungnahmen zu den Plänen von Mathias Wolf, vom Planungsbüro Fischer sowie von Projektierer David Hinkel. „Der Plan sieht vor, das Gebiet von einem kleinteiligen Wohngebiet in ein urbanes Gebiet umzuwandeln“, erklärte Wolf. Deshalb habe man schon frühzeitig auf eine breite und öffentliche Beteiligung gesetzt, um auf die Anmerkungen möglichst früh einzugehen.

Mittlerweile seien die Stellungnahmen eingegangen und bearbeitet – und hätten nur wenige Beanstandungen ergeben, die bereits berücksichtig und im Bebauungsplan geändert wurden. „Große Änderungen waren das aber nicht“, sagte Wolf.

So wurde beispielsweise auf Hinweis der Ovag eine Trafostation im südlichen Bereich eingeplant und ein Stromkabel gesichert, vorgeschriebene PV-Anlagen auf den Dächern wurden festgesetzt, genauso wie eine zusätzliche Dachbegrünung, die festgelegt wurde oder aber der Hinweis, dass es sich einst um ein Bombenabwurfgebiet gehandelt habe, wurde in den Bebauungsplan aufgenommen. Irgendwelche Altlasten – sei es durch Bomben oder sonstige Gefahren- oder Giftstoffe – wurden auf dem Areal aber nicht gefunden.

Ein Blick auf das Gelände, auf dem das Vorhaben realisiert werden soll. Auf der rechten Seite befindet sich das Wohngebiet. Alle Fotos: ls

Auch vom Regierungspräsidium gab es als Landesplanungsbehörde grünes Licht für das Bauvorhaben, allerdings gab es seitens der Öffentlichkeit Bedenken, dass durch die Umwidmung des Geländes von einem Wohngebiet zu einem urbanen Gebiet, in dem bekanntlich auch kleines Gewerbe möglich ist, mehr Verkehr und auch mehr Lärm befürchtet wird.

Nur geringer und ruhiger gewerblicher Anteil geplant

„Wir haben uns hier eigentlich selbst hohe Anforderungen gestellt, indem wir für das Areal überwiegend Wohnbau vorsehen, dadurch darf der gewerbliche Anteil nur sehr gering sein“, ergänzte Hinkel erklärend. Auch dürfe das Gewerbe dann keinen störenden Lärm verursachen. Angedacht seien hier bloß eine Bäckerei mit Café sowie möglicherweise ein Coworking-Space, wie Hinkel später auf Anfrage von SPD-Fraktionschef Achim Quehl erklären sollte. „Wäscherei und Lebensmittel, das sind die einzigen beiden Lkw, die wegen unserem Projekt fahren. Vier Lkw-Fahrten am Tag gehen also aufs Konto des urbanen Gebiets, mehr reduzieren können wir tatsächlich nicht“, sagte er dazu.

Dennoch wurden vorab ein Verkehrs- und Lärmgutachten erstellt, ebenso wie ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, dessen Ergebnis noch erwartet wird. Dabei wurden vorkommende Insekten, Amphibien und, Reptilien und Vögel untersucht. „Manche Arten kommen erst im Frühjahr vor, weshalb das Gutachten etwas mehr Zeit benötigt“, erklärte Wolf. Während Naturschutzrechtlich keine Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind, da hier bereits geltendes Baurecht bestehe, könne es dennoch sein, dass in Sachen Artenschutz noch eine Ausgleichsmaßnahme vorgenommen werden müsse.

Die Auswertung des Verkehrs hingegen habe eindeutig gezeigt, dass die Verkehrsbelastung durch Lkw im Ringofen insbesondere in die Nacht von 1 Uhr bis 3 Uhr zu hoch sei, was wiederum gemeinsam mit dem lauten Bodenbelag der Straße zu einem erhöhten Lärmpegel führe.

Auf der linken Seite grenzt das Gewerbegebiet. Durch die Umwandlung in ein urbanes Gebiet soll eine stärkere Trennung stattfinden.

Und trotzdem gebe es dadurch erhöhte Anforderungen an den baulichen Schallschutz: So müssen besonders in den Wohnungen, deren Räume sich im vorderen Bereich des Areals befinden, Schallschutzfenster eingebaut werden. Die allerdings seien ohnehin aus energetischen Gründen eingeplant gewesen, eine schalldämmende Lüftungsanlage komme noch hinzu, sodass im Sommer die Fenster geschlossen gehalten werden können.

Ansonsten hat sich an dem Konzept wenig verändert, wie Hinkel erklärte. Mittlerweile habe man gemerkt, dass die zuvor vorgesehen Parkflächen nicht ausreichen würden, weshalb man im vorderen Bereich eine Unterkellerung als Tiefgarage eingeplant habe und im Hinteren Bereich am Pflegeheim ein Parkdeck. „Niemand soll das Gefühl haben, gegen eine Blechwand zu laufen“, sagte Hinkel. Während die großen Bäume zum großen Teil stehen bleiben sollen und PV auf dem Flachdach sowie Dachbegrünung bereits eingeplant sind, werden Modelle geprüft, um das ganze Gebiet energetisch als ein Ganzes zu nutzen. Dabei seien auch die Regenwassernutzung, Lüftungsanlagen und Wärmerückgewinnung bedacht worden.

Diskussionen um Lärm und Umwandlung im Ausschuss

„Warum muss es ausgerechnet ein urbanes Gebiet sein? Warum kickt Sie das so?“, wollte ALA-Fraktionschef Michael Riese wissen. „Der Kick ist eindeutig“, entgegnete Wolf. Zum einen bestehe üblicherweise zwischen einem Gewerbegebiet und einem Wohngebiet ein Trennungsgrundsatz, der bei der ursprünglichen Planung und Ausweisung nicht eingehalten wurde.

Schaffe man nun ein urbanes Mischgebiet in der Mitte zwischen dem Gewerbegebiet auf der linken Seite und dem reinen Wohngebiet auf der rechten Seite, könne der Trennungsgrundsatz eingehalten werden, die Unterschiede würden abgeflacht und das Gebiet könne entwickelt werden. Als reines Wohngebiet sei es schwer zu entwickeln. Später wurde Wolf noch direkter: „Ich halte die Umwandlung und Ausweisung als urbanes Gebiet für eine deutliche Verbesserung.“

Gleichzeitig könne in einem Mischgebiet sparsamer mit dem Boden umgegangen werden, da man dichter besiedeln und höher bauen könne, ohne dass man in die Außenflächen der Städte gehen müsse. Das sei insbesondere in der nachhaltigen Verdichtung in der Stadt sinnvoll. Bis zu 80 Prozent der Fläche könnten in einem solchen Gebiet versiegelt werden, hier seien es gerade einmal 40 Prozent und der Grünflächenanteil sei sehr groß.

Die Straße am Ringofen. Hier sorgt der Straßenbelag für Verkehrslärm. Im Rahmen der Straßensanierung könnte hier ein lärmreduzierender Belag genutzt werden.

„Wir haben Bedenken gegen die Umwandlung in ein urbanes Gebiet“, erklärte ALA-Stadtverordneter Konrad Rüssel. Auch die Situation mit dem Lärm aus dem angrenzenden Gewerbegebiet gebe ihnen zu denken. Das Hinkel-Projekt wirke, als ob er Vorkehrungen gegen den Lärm treffe, aber daran ändern könne es nichts. Die Stadt hingegen komme dem Lärm und den illegalen Lkw-Verkehren noch entgegen, indem sie die Straße aus öffentlichen Mitteln asphaltieren wolle.

Zuvor nämlich hatte Bürgermeister Stephan Paule erklärt, dass man den illegalen Umbrück-Aktionen in der Gegend mit vermehrten nächtlichen Kontrollen begegnen wolle und dass die Straße Am Ringofen im Zuge der Sanierung mit einem lärmreduzierenden Belag versehen werden soll. Tempo 30 gelte dort ja bereits.

„Selbst wenn es ein Wohngebiet bleiben würde, wäre der Lärm trotzdem noch da. Das urbane Gebiet wird das nicht schlechter oder besser machen“, entgegnete Hinkel auf die Ausführungen von Rüssel. Dem gab ALA-Chef Riese zwar Recht, merkte aber an, dass er nicht glaube, dass man bei diesem Lärm und Verkehr überhaupt Mieter für das Objekt finde. „Ob die Mieter sich damit arrangieren oder nicht, dann ist immer noch eine Sache der Mieter selbst“, sagte UWA-Stadtverordneter und Ausschuss-Vorsitzender Dieter Welker.

Bürgermeister verteidigt Pläne

Es sei ein Projekt für die städtische Infrastruktur, eines gegen Wohnungsmangel unter Verzicht auf die Ausweisung von weiteren Flächen, ein Projekt bei dem bezahlbarer Wohnraum entstehe, gegen den demographischen Wandel und für modernes, energieschonenendes und umweltfreundliches Bauen – kurzum: Es sei ein Projekt, wie es die ALA sonst immer ins Stammbuch schreiben wolle, erklärte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule. Das einzige Thema, das wirklich ärgerlich sei, sei der illegale Lkw-Parkverkehr sowie die illegalen Umbrück-Aktionen. „Das ist das eigentliche Problem mit dem man sich beschäftigen muss“, sagte Paule.

Hier geht es zur Goldschmiesdwiese, das Areal auf dem ehemaligen BGS-Gelände, was durch die Straße am Ringofen führt. Seit Jahren steht die Fläche leer, nun soll es entwickelt werden.

Dass die ALA nun darauf anspiele, dass die Stadt diese Machenschaften durch den Straßenausbau fördere, sei entweder „absichtlicher Populismus oder völlige Unkenntnis“, denn immerhin seien die Gewerbetreibenden am ehemaligen BGS-Gelände, die dort völlig rechtmäßig ihrer Arbeit nachkommen, genauso Steuerzahler, wie die Bürger auch. Hier werde versucht bei einem Projekt, was alle Kriterien erfülle, das Haar in der Suppe zu finden und es schlecht zu reden. „Das finde ich unanständig“, sagte Paule.

Nachdem daraufhin zunächst CDU-Fraktionschef Alexander Heinz erklärte, dass das Problem der illegalen Lkw-Umbrückungen bekannt sei und man das in allen Städten finde, die direkt an der Autobahn liegen, schaltete sich Riese ein: Die Stellungnahme des Bürgermeisters gehe am Problem vorbei. „Wenn die Stadt das Lärmproblem nicht lösen kann, ist das Gebiet für Mieter und Senioren eigentlich nicht vertretbar“, sagte Riese und sicherte zu, dass nicht Hinkel und nicht das Projekt dafür verantwortlich seien. Der Lärm sei trotzdem da.

3 Gedanken zu “Lange Diskussion um Zukunft der Goldschmiedwiese

  1. Dieses ganze Projekt ist darauf ausgelegt den Lärm, den Schwerlastverkehr, die Belastung durch Abgase und die Fehler bei der Entwicklung des Gewerbegebiet zu legalisieren.
    Zum Vorhaben wurden schon viele berechtigte Kommentare geschrieben. Was auffällt, es wird das Kernproblem was in vielen Einwendungen vorgebracht wird, von Seiten der Stadt, und vom Investor totgeschwiegen.
    Das Wohngebiet besteht schon und des Gewerbe und Nutzung hätte bis heute mit dem Wohngebiet vereinbar sein müssen. Dann hätte man das Problem nicht. Wenn der Bgm. sagt das Gewerbe hat das Recht da zu sein. Klar, aber nur mit einer Nutzung die mit dem bestehenden Wohngebiet nicht in Konflikt kommt.
    Zu den dB Werten sollte jeder wissen, 3 dB stellen eine Verdopplung des Schallpegels dar.
    Wenn man also die Belastung eines Wohngebieten und dem urbanen Gebiet gegenüberstellt.
    50(45)/35 mit 63/45 weiß man genau was ab geht. Dann legal abgeht, und das sind nur die Richtwerte. Da schert sich noch keiner drum.
    Das alles wurde ja schon etliche Male thematisiert und die berechtigte Befürchtung ist dass das alles noch viel schlimmer wird. So wie man liest hat sich ja 5 Jahre nicht getan.

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    1. Habe mir mal mein eigenes Bild gemacht um zu sehen was Am Ringofen, nachts los ist.
      Habe mir vorgenommen 2 Stunden im Auto zu frieren. Gezählt habe ich alle Schwerlaster Lkw die hoch oder runter gefahren sind. Beobachtungszeitraum 23.03.23 21:50 bis 00:10 Uhr
      21:55   erster Schwerlaster Lkw
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      DAS IST DER HELLE WAHNSINN 24 Schwerlaster IN DIESER KURZEN ZEIT, EIN LÄRM Ein GERAPPEL. DAS MUSS MAN MAL HOCH RECHNEN FÜR DIE NACHT.
      Man müsste Prüfen ob das Beihilfe zur Körperverletzung ist.
      Es ist zu vermuten dass sowas , und so lange, nur mit Duldung der Stadt und des Bgm. geht? . Wer hält da die Hand drüber?
      Kein Wunder dass in der Goldschmiedswiese urbanes Gebiet kommen soll.
      Arme Anwohner und Bewohner.
      Wieviel Jahre geht das schon.
      Das müssten alle Stadtverordneten sich abends vor Ort anschauen aber ohne Ankündigung.

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      1. Das Ordnungsamt und die Polizei sehen nachts keine LKWs. Das ist seltsam. Der Bürgermeister weiß wo die LKWs umbrücken. Er tut nichts dagegen. Die nächtlichen LKWs sind alle illegal.

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