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VIDEO - Haus Kirchplatz 10Fachwerk-Mahnwache mit wenig Resonanz

ALSFELD (ls). Alsfelds Problemhaus am Kirchplatz sorgt weiterhin für Verärgerung bei Fachwerk-Liebhabern, Stadt und Ämtern. Während Behördenmitarbeiter bei einem Ortstermin schweigen und auf Pressstellen verwiesen, gibt es aus der Bevölkerung bei einer Mahnwache am Abend nur wenig Resonanz.

„Der Erhalt des Gebäudes ist mir sehr wichtig. Es ist eines der ältesten Gebäude der Stadt Alsfeld und es wird seit Jahren weggeguckt. Es wird seit Jahren auch seitens des Eigentümers nicht reagiert“, sagte Jan-Patrick Wismar vom Verein Stadtbild Deutschland Regionalverband Mittelhessen und ebenfalls Gründer der Initiative „Rettet den Kirchplatz 10 in Alsfeld“ bereits am Vormittag. Da nämlich gab es bereits ein erstes Treffen zwischen Wismar und Vertretern der Unteren und Oberen Denkmalschutzbehörde vor dem Gebäude auf dem hinteren Kirchplatz.

Ziel sei es, erklärte Wismar, dass der Eigentümer einsehe, dass er das Gebäude nicht mehr sanieren werde und ihn entsprechend zum Verkauf zu bewegen, damit das Haus entwickelt werden könne. Bei der Mahnwache am Abend ergänzte Wismar, dass ihm als Nutzungsmöglichkeit ein Fachwerk-Treffpunkt vorschwebe, wo man sich über Sanierungen von Fachwerk und Fachwerk allgemein informieren könne. Auch ein Café sei denkbar, wohingegen er aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit eine Wohnnutzung ausschloss. Alles in allem sei hier die Stadt gefragt, die er „schleunigst“ zu Ersatzvornahmen, sprich Not-Maßnahmen zur Bewahrung des Hauses, bewegen wolle – spätestens bis Ostern.

Verärgerung bei der Stadt

Auch die Behauptung des Eigentümers, dass es keine Handwerker für die Sanierung gebe, ist für Wismar nicht tragbar. In der Stadt seien in den vergangenen Jahren genügend Häuser saniert worden, für die es sowohl Handwerker als auch Architekten gegeben habe. „Das Problem liegt nicht bei der Stadt, das Problem liegt nicht bei mir und das Problem liegt nicht beim Land. Das Problem liegt alleine beim Eigentümer“, sagte Wismar.

Auch Bürgermeister Stephan Paule war bereits am Vormittag anwesend und zeigte sich sichtlich verärgert. „Der jetzige Eigentümer hat zu keiner Zeit irgendetwas in den Erhalt des Gebäudes investiert, trotz anders lautender mündlicher Bekundungen. Das ist etwas, was einen ärgert“, sagte Paule. Die Gespräche mit dem Eigentümer seien immer gleich, erklärte Paule auf die Frage, ob es nochmals Gespräche zwischen der Stadt und dem Eigentümer gab.

Der nämlich hatte gegenüber OL vor Kurzem erklärt, dass er versucht habe, Paule zu erreichen, allerdings ohne Erfolg. Die wichtigsten Fakten zu dem Fall finden Sie im hier verlinkten Übersichtsstück erklärt.

„Was noch fehlt, ist ein bisschen die Unterstützung der Alsfelder“

Keine Auskünfte von den Behördenvertretern

Anders als von Wismar und Paule gab es von den amtlichen Denkmalschützern vor Ort keine Auskünfte. Man verwies auf die jeweiligen Pressestellen. Eine Anfrage von OL bei der Oberen Denkmalschutzbehörde blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Wie die Behörde den Zustand einschätzt und welche Möglichkeiten es aus ihrer Sicht gibt, ist somit für die Öffentlichkeit zunächst unklar. Auch das Gespräch vor Ort blieb vertraulich. Die Untere Behörde, also der Kreis, hatte sich unter anderem im oben verlinkten Übersichtsstück gegenüber OL geäußert.

Dem Vernehmen nach ging es in dem Gespräch darum, was seitens der Behörden vor Ort bereits getan wurde und noch getan werden kann, um das Gebäude vor dem Verfall zu retten. Auch wurde wohl thematisiert, dass den örtlichen Behörden die Hände gebunden seien und man mit der Ersatzvornahme des Kreises und Sicherungsmaßnahmen allen Möglichkeiten nachgekommen sei. Als aktueller Schritt wurde offenbar noch die Entfernung des einsturzgefährdeten Schornsteins besprochen, aus Gründen der Gefahrenabwehr.

Wenig Resonanz bei der Mahnwach

Am Abend war es dann eine überschaubare Runde zur Mahnwache an Alsfelds Problemhaus, zu der Wismar geladen hatte. Lediglich vier Leute sind der Einladung gefolgt, Wismar nahm es gelassen: „Das sind mehr als noch vor vier Wochen“, sagte er. Vor wenigen Tagen hatte Wismar erklärt, dass die Unterstützung der Bevölkerung für die Rettung des Hauses fehle. Offensichtlich blieb sein Appell erfolglos.

Die, die da waren, zeigten sich allerdings erbost über den Zustand des Gebäudes. „Das ist ein Skandal“, sagte Burkhard Weck und auch Volker Klein, der als Stadtführer in Alsfeld unterwegs ist, formulierte es drastisch: „Die Hütte brennt“, sagte er.

Als Stadtführer komme er häufig an dem Gebäude entlang und es sei an der Zeit, dass etwas geschehe. Immerhin sei das Gebäude das Erste, was man erblicke, wenn man Touristen am Rathaus vorbei durch das beliebte Fotomotiv der Glockenstränge führe. „Das Gebäude sollte eigentlich eine Perle sein, aber es ist das genaue Gegenteil“, sagte Klein. Wenn man in Alsfeld Tourismus betreiben wolle, dann müsse auch geschaut werden, dass die Häuser ansehnlich aussehen. Wenn sich darum nicht bad gekümmert werde, dann erledige sich das Thema von selbst.

2 Gedanken zu “Fachwerk-Mahnwache mit wenig Resonanz

  1. So ein altes Gebäute ist nicht Instand zusetzten, es ist nicht bezahlbar und erst recht nicht heute bie den Preisen.Es ist schade aber so ist das Leben.

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    1. Sehr geehrter Herr Kalbfleisch,

      Ihr Kommentar ist eine vereinfachende Standardaussage, die manches außer Acht lässt und deshalb so nicht stehen bleiben kann. Es sind mehr Aspekte zu betrachten als nur hohe Handwerkerkosten:

      1. Das Gebäude ist mir seit zirka 10 Jahren als verwahrlost bekannt. Mindestens seit diesem Zeitpunkt hat sich der Eigentümer offenbar vor einer Instandsetzung gedrückt. So wurde der Zustand des Gebäudes immer schlechter — der Aufwand einer Instandsetzung immer größer.

      Dass es zu dem erbärmlichen heutigen Zustand kommen konnte, liegt auch daran, dass die Maßnahmen seitens der Behörden seit Jahren nicht ausreichend gewesen sind. Das aktuelle Erscheinungsbild belegt das eindrücklich. Wenn der Eigentümer seinen Pflichten nicht nachkommt, dann müssen vorhandene gesetzliche Regeln auch angewendet werden.

      Das Handwerkszeug für behördliche Maßnahmen lag und liegt vor:

      Im hessischen Denkmalschutzgesetz ist ausdrücklich geregelt, dass eine Enteignung zulässig ist, soweit sie erforderlich ist, damit ein Kulturdenkmal in seinem Bestand oder Erscheinungsbild erhalten bleibt (§ 26). Die Bedingungen sind hier seit langem erfüllt.

      Wenn die Denkmalbehörde sich im Ortstermin in dieser Woche aber nur dazu äußert, wie schwierig das alles sei, dann liegt das Problem auf der Hand: Man muss sich behördlicherseits trauen und die möglichen Maßnahmen auch nutzen. Zeit genug war.

      Der erstaunlicherweise auch von Denkmalschutz-Aktivisten vorgebrachte Einwand, dass es bisher nur ein Enteignungsverfahren wegen Vernachlässigung eines Denkmals gebe, ist nicht zu Ende gedacht. Nach dieser Logik wäre jede Anwendung eines Gesetzes zu verhindern. Alleine, dass der eine Fall erfolgreich war, müsste doch Ansporn sein! Statt dessen wird es als Argument gegen die Maßnahme eingesetzt. Das geht gegen absurd.

      2. Denkmalschutz ist eine staatliche Aufgabe. Dem Versagen des Denkmalschutzes nun ein „so ist das Leben“ entgegen zu setzen, ist kein Argument, Herr Kalbfleisch — erst recht nicht bei einem Gebäude, dass seinen Ursprung im 14. Jahrhundert hat, wertvolle Bausubstanz enthält und im Ensemble des Platzes eine wichtige Rolle für das Gesamtbild spielt.

      3. Natürlich ist eine rein auf Handwerksbetriebe gestützte Instandsetzung heute nur von wenigen bezahlbar. Natürlich ist eine Komplettsanierung „auf den heutigen Stand“ eine große finanzielle Herausforderung. Es gibt aber immer wieder Initiativen, die solche Bauten mit sehr viel Eigenleistung — und somit kostengünstig — instandsetzen.

      Sie blenden andere Möglichkeiten, so ein Gebäude zu erhalten, vollkommen aus. Ein Förderverein, in dem engagierte Menschen mit handwerklichem Hintergrund mitarbeiten, die Erstellung eines Sicherungs- und Entwicklungskonzept, das dann über einen längeren Zeitraum und ohne Zeitdruck umgesetzt werden kann, wäre ein denkbares Konzept.

      Geld ist für solche Maßnahmen immer aufzutreiben, dafür gibt es genügend Beispiele. Woran es mangelt, ist der Wille — auch in der Bevölkerung, wenn ich das kaum vorhandene Interesse wahrnehme, das im Artikel deutlich wird.

      Die Denkmalbehörden und die Stadt alleine sind offenbar nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Anstatt von „schwierig“ zu reden, anstatt dem Eigentümer in der kleinen Gesprächsrunde am Dienstag vorzuwerfen, dass er gerade irgendwo einen teuren Urlaub mache, sollte es einen runden Tisch mit allen Beteiligten und Interessierten geben, an dem konkrete Maßnahmen beschlossen und umgesetzt werden.

      Statt dessen redet sich fast jeder Beteiligte die Situation so zurecht, dass man ja alles möglich tue — was nachweislich falsch ist. Erst die Erkenntnis der bisherigen Versäumnisse und Druck aus der Bevölkerung wird dazu führen, dass ein Umdenken erfolgt.

      Frank Jermann, Initiative zur Rettung historischer Bauten

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