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Selbst aktiv werden - In vier Schritten Geld zurückWas die heimische VR Bank zum Gebührenurteil sagt und wie Kunden ihr Geld zurückbekommen

VOGELSBERG (akr). Es ist ein Urteil, dass die Banken viel kosten könnte, die Kunden aber freuen dürfte: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass es nicht rechtens ist, wenn Banken Gebühren erhöhen ohne die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden. Das gilt auch für die heimischen Kreditinstitute im Vogelsberg. Was die VR Bank Hessenland dazu sagt und wie Sie ihr Geld zurückfordern können.

Einer Gebührenerhöhung seiner Bank zugestimmt, ohne zu wissen, dass man ihr überhaupt zugestimmt hat: So geht es Millionen Menschen in Deutschland – und das nur, weil sie nicht explizit den Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, kurz AGB, widersprochen haben. Rechtens ist das nicht, das hat jedenfalls der Bundesgerichtshof im April entschieden und nun auch sein Urteil begründet. Die Banken könnten jetzt ordentlich zur Kasse gebeten werden, denn die Kunden können ihr Geld zurückfordern.

In der Begründung des Bundesgerichtshofes heißt es, dass „Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren“. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hatte nämlich gegen genau diese Verfahrensweise Klage eingereicht. Dabei ging es zwar um eine Geschäftsbedingung der Postbank, das Urteil betrifft aber auch andere Geldinstitute, da dieses Vorgehen branchenweit verwendet wird – so auch bei der VR Bank Hessenland.

„Gemäß dem Urteil sind Gebührenanpassungen seit dem 1. Januar 2018 von der Rechtsprechung betroffen. Die VR Bank Hessenland hat nach dem Zeitpunkt – wie in der Wirtschaft allgemein üblich – moderate Preiserhöhungen durchgeführt. Gleichzeitig fanden auch Vergünstigungen statt, zum Beispiel Umfang der kostenlosen Freiposten bei online geführten Konten“, erklärt die VR Bank Hessenland.

Doch wie sahen die Gebührenerhöhungen bei der Genossenschaftsbank eigentlich aus? „Zum 1. Januar 2018 wurden bei den beiden am häufigsten genutzten Kontomodellen zum Beispiel die monatlichen Kontoführungsgebühren von 3,50 Euro auf 3,95 Euro erhöht“, erklärt die VR Bank. Zum 1. Mai 2020 habe es eine weitere Erhöhung gegeben, hierzu zähle unter anderem die Buchungspostengebühr für automatische Buchungen. Diese wurde von 0,25 Euro auf 0,28 Euro erhöht. Im Gegenzug seien beim Kontomodell VR Giro Online die monatlichen Freiposten von 30 auf 50 erhöht worden.

Nicht nur monatliche Kontoführungsgebühr betroffen

Nur wenige Kunden hätten sich bislang bei der VR Bank Hessenland gemeldet und ihr Geld zurück gefordert. „Die Anzahl der Kunden, von denen wir bisher eine Rückmeldung erhalten haben, bewegt sich im niedrigen zweistelligen Bereich“, teilt sie mit. Welche Summe das Geldinstitut insgesamt an Rückforderungen erwartet, darüber könne zur Zeit „keine belastbare Einschätzung“ erfolgen. Geht es nur um die Erhöhung der monatlichen Kontoführungsgebühr um 0,45 Euro zum 1. Januar 2018, dann würden 13,50 Euro pro Kunde dabei herauskommen.

„Da es sich um sehr geringe Einzelbeträge handelt, ist die Anzahl der Kunden, die die Thematik bereits aufgegriffen haben, äußerst gering“, so die VR Bank Hessenland. Aber das Urteil betrifft schließlich nicht nur die monatliche Grundgebühr für das Girokonto. Es geht um alle Entgelte, die mit dem Konto zusammenhängen, beispielsweise Überweisungen, Lastschriften oder fürs Geldabheben. „Im Einzelfall kann sich aus dem BGH-Urteil eine Rückforderung von mehreren Hundert Euro ergeben“, schreibt der Stern. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Zinsen hinzukommen. Aktuell wegen der Minuszinsen 4,12 Prozent, schrieb die Stiftung Warentest vor wenigen Tagen.

Und wie sollen sich Kunden, die dieses den Richtern zufolge unrechtmäßig erhobene Geld zurückhaben wollen, verhalten und an wen sollen sie sich am besten wenden? „Diese Kunden können sich im Internet auf den Seiten von zum Beispiel Verbraucherschutzverbänden entsprechende Musterschreiben herunterladen und diese per Post oder auf elektronischem Wege an uns senden“, sagt die VR-Bank. Wie Sie Schritt für Schritt Ihr Geld zurückfordern, erklärt die Verbraucherzentrale auf ihrer Homepage, wo auch das Musterschreiben zu finden ist.

Schritt 1: Überprüfen Sie die AGB ihrer Bank nach entsprechenden Klausen zur Gebührenerhöhung, nach denen die Zustimmung als erteilt gilt, wenn Sie innerhalb von zwei Monaten nicht widersprochen haben.

Schritt 2: Prüfen Sie die Gebührenerhöhung: Wann fand eine Erhöhung oder eine Änderung mit dieser Klausel statt? Antworten können Sie beispielsweise in entsprechenden Mitteilungen finden, die per Post an Sie geschickt wurden. Sie können aber auch im Postfach Ihres Online-Bankings nachschauen. Dort sollten Sie auch Hinweise auf Gebührenerhöhungen und andere Vertragsänderungen finden.

Schritt 3: Berechnen Sie die Kosten. „Sie können auch ohne Kostenaufstellung Ihre Bank kontaktieren. Es ist allerdings ratsam zu wissen, wie hoch Ihre Rückerstattung ausfallen sollte, bevor Sie sich an die Bank wenden“, rät die Verbraucherzentrale und fügt hinzu, dass Sie am besten prüfen sollten, welche Beträge Sie zusätzlich an die Bank gezahlt haben. Das sind eben nicht nur Kontoführungsgebühren, sondern dazu zählen auch Gebühren für Ein- und Auszahlungen, für den Versand von Kontoauszügen und Entgelte für SMS-Tan-Verfahren. Für den Fall der Fälle hat die Stiftung Warentest jedoch auch einen Musterbrief für Kunden, die nicht wissen, welche Summe Sie zurückfordern sollen.

Schritt 4: Kontaktieren Sie Ihre Bank, um Ihre Zahlungen zurückzufordern. Hierzu können Sie auch auf den Musterbrief zurückgreifen.

Es gibt jedoch auch eine Abkürzung, auf die die Stiftung Warentest zusätzlich hinweist. Kunden die sicher sind, dass ihre Bank unrechtmäßig Kosten eingezogen hat, können ihre Forderung dem Inkasso-Dienst­leister conny.legal übergeben. „Das kostet entweder pauschal und unabhängig vom Erfolg 69 Euro oder Sie erhalten sofort und pauschal 10 Euro, unabhängig davon, ob und wie viel Geld Ihre Bank oder Sparkasse am Ende heraus­geben muss. Sie müssen nur Name, E-Mail und Iban angeben und später noch eine Voll­macht oder Abtretungs­urkunde unter­schreiben und ans Unternehmen schi­cken“, schreiben die Warentester.

Sie müssen selbst aktiv werden

Wenn Sie sich selbst mit der Bank auseinandersetzen wollen und zum Beispiel ein Musterschreiben einreichen, dann erhalten Sie in einem ersten Schritt, so schreibt es die VR Bank Hessenland, eine Eingangsbestätigung. Die Bank werde sich „nach Vorlage und Auswertung der Urteilsbegründung wieder unaufgefordert melden.“ Berechtigte Rückforderungen würden erstattet, Kontokündigungen seien nicht vorgesehen. Wollen Sie Ihr Geld zurück, müssen Sie jedoch selbst aktiv werden, denn Sie werden kein Schreiben oder einen Anruf der Bank erhalten und darauf aufmerksam gemacht. „Angesichts der umfangreichen Veröffentlichungen zu dem Sachverhalt in allen Medien sehen wir davon ab, aktiv auf die Kunden zuzugehen“, teilt sie mit.

Abschließend heißt es seitens der Genossenschaftsbank, dass sie auf das Urteil des Bundesgerichtshofes schnellstmöglich reagiert habe und seit dem 30. April 2021 „rechtskonforme“ Formulare einsetze – „Bis zur endgültigen Klärung nehmen wir keine Änderungen an den AGB oder dem Preis-Leistungsverzeichnis vor.“

Die Sparkasse Oberhessen wurde bezüglich des Urteils ebenfalls von der Redaktion kontaktiert. „Wir werden nun unter Einbeziehung unseres Sparkassen-Verbandes eine ausführliche Bewertung vornehmen. Für eine solche sorgfältige Einschätzung benötigen wir Zeit und bitten um Ihr Verständnis“, teilte sie mit. Erst danach könne sie „etwaige Konsequenzen“ für die Sparkasse und ihre Kundschaft beurteilen. Bislang habe sie nur vereinzelt Rückfragen von Kunden bekommen.

Ein Gedanke zu “Was die heimische VR Bank zum Gebührenurteil sagt und wie Kunden ihr Geld zurückbekommen

  1. Na Prima. Die Banken gehen nicht auf die Kunden zu und zahlen die zu Unrecht berechneten Gebühren nicht von sich aus zurück. Der blöde Kunde muss selbst aktiv werden.
    So ziemlich jeder, der ein Bankkonto hat sollte die Gebühren zurückfordern. Am besten noch mit Zinsen, da man davon ausgehen kann, dass eine Bank ihr Geld gewinnbringend positioniert hat.
    Ich schenke keiner meiner Banken auch nur einen Cent und das sollte auch sonst niemand machen.

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