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NGG zum Frauentag: 100 Jahre Wahlrecht, aber noch keine LohngerechtigkeitFrauen machen im Vogelsbergkreis 72 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs

VOGELSBERGKREIS (ol). Die Teilzeit und der Niedriglohn – im Vogelsbergkreis ist beides weiblich: Noch immer sind hier 72 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs in Frauenhand. Bei den rund 9.900 Teilzeit-Stellen im Landkreis liegt der Frauenanteil nach Angaben der Arbeitsagentur sogar bei 85 Prozent.

Andreas Kampmann, Geschäftsführer der NGG, der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Nord-Mittelhessen, spricht dabei in einer Pressemitteilung von einer „Karrierefalle“: Gerade in Hotels, Restaurants und Bäckereien seien Minijobs und Teilzeit-Verträge stark verbreitet. „Die Kellnerin in Vollzeit ist die Ausnahme“, so Kampmann. Wer jedoch 20 oder 25 Stunden arbeite, habe es beim beruflichen Aufstieg deutlich schwerer. Das gehe aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach sind für Teilzeit-Beschäftigte auch Gehaltszuwächse und Beförderungen seltener.

Gender Pay Gap bei 21 Prozent

„Bei der Bezahlung stehen Frauen allgemein weiterhin deutlich schlechter da als Männer“, kritisiert Kampmann. So verdienten Frauen in Deutschland zuletzt 21 Prozent weniger als Männer. Das habe das Statistische Bundesamt ermittelt. Im EU-Durchschnitt läge der so genannte „Gender Pay Gap“ dagegen lediglich bei 16 Prozent. „Es kann nicht sein, dass Paula nur deshalb auf bis zu mehrere Hundert Euro pro Monat verzichten muss, weil sie nicht Paul heißt“, kritisiert Kampmann.

Zwar gebe es für Frauen im Vogelsbergkreis seit diesem Jahr erstmals einen Rechtsanspruch darauf zu erfahren, was ein männlicher Kollege in ähnlicher Position verdient. Doch das Lohntransparenzgesetz gilt lediglich in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten. „Davon hat kaum eine Köchin oder Bäckereifachverkäuferin im Kleinbetrieb etwas“, bemängelt Gewerkschafter Kampmann. Hier müsse die künftige Bundesregierung dringend nachbessern.

Auswirkungen bis in die Rente

Sollte die Politik nicht deutlich mehr gegen die Lohnungerechtigkeit unternehmen, dürfte sich nach Einschätzung der NGG auch die Altersarmut für Frauen im Vogelsbergkreis verschärfen. „Geringere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sorgen für magere Renten. Außerdem tragen Erziehungs- und Pflegezeiten dazu bei, dass nur wenige Rentenpunkte zusammenkommen“, erklärt Andreas Kampmann.

In einer aktuellen Studie beziffert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die „weibliche Rentenlücke“ in den alten Bundesländern auf 42 Prozent. Ein Rentner erhält demnach Bezüge von durchschnittlich 994 Euro im Monat. Eine Rentnerin kommt dagegen nur auf 576 Euro. Kampmann: „Am Ende ist das auch für den Staat eine teure Sache. Die öffentliche Hand muss dann Armutsrenten durch Grundsicherung im Alter und Zuschüsse fürs Wohnen aufbessern.“

Hinzu kommt: Im Beruf sind nach Beobachtung der NGG noch immer viele Frauen Diskriminierung ausgesetzt. „Zotige Sprüche an der Theke sind da noch das Geringste“, so Kampmann. In 80 Prozent aller Fälle von sexueller Belästigung von Frauen gehe die Gewalt von einem Mann aus. Dies hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in einer aktuellen Studie festgestellt.

Mehr Frauen kämpfen gegen die Ungerechtigkeit

Positiv werte die NGG Nord-Mittelhessen, dass sich immer mehr Frauen gegen Ungerechtigkeiten im Arbeitsleben zur Wehr setzten. Dabei könnten sie auf die Hilfe der Gewerkschaft zählen – per Rechtsschutz lasse sich etwa der übergriffige Kollege abmahnen.

Mit Blick auf das 100-jährige Bestehen des Frauenwahlrechts sagt Andreas Kampmann: „Nach der rechtlichen Gleichstellung muss auch eine vollständige Gleichbehandlung im Job kommen. Unterschiedliche Löhne für Männer und Frauen darf es heute nicht mehr geben.“

8 Gedanken zu “Frauen machen im Vogelsbergkreis 72 Prozent aller Teilzeit- und Minijobs

  1. Die Frauen klauen den Männern die Minijobs. Da soll noch mal einer was von Gleichberechtigung sagen.

  2. @Hiltrud von Hinten
    Dieser Satz: Sollte nämlich die Wirtschaft in Deutschland nur Zucken, kann sich A.M nur verabschieden als „Demenzkranke“.
    Ist so wie es in der Politik und Wirtschaft üblich ist.Ganz einfach nur Dumm stellen so tun als wenn man nicht mehr weiß oder sich nicht mehr erinnern. Noch nicht mal Kohl wurde verurteilt wegen der Parteispende. Warum eigentlich? Jeder ist doch vor dem Gesetz gleich! Oder?

  3. @ Toni Ebert 21.03.2018 um 21:30 Uhr
    Dass Frau Merkels Ausländerpolitik angreifbar ist, weiß sie wohl selbst. Aber missbräuchliche Unterstellungen bestimmter Krankheitsbilder („Demenzkranke“) tragen nichts zu einer sachlichen Einordnung bei. Nach 2015 haben uns die europäischen Partner bei der Verteilung der Flüchtlingsströme hängen lassen. Aber die Kanzlerin hatte sich vorher gegenüber den Mitgliedsländern im Mittelmeerraum ähnlich unfair verhalten. Den Satz: „Die die Deutschland aufgebaut haben sind heute Dank der CDU, SPD, Linken, Grünen die die am besten abtreten sollen.“ verstehe ich vom Sinn her nicht. Da müssten Sie sich mal klarer äußern, damit man weiß, wer gemeint ist. Mir wäre es wichtig, dass man begreift, dass die Idee des Sozialstaats mit der des Nationalstaats verbunden ist. Der Grad der sozialen Absicherung hängt davon ab, inwieweit dieser Nationalstaat bereit und in der Lage ist, die erforderlichen Geldmittel bei dessen Bürgern einzusammeln. „Offene Grenzen“ und grenzenlose Einwanderung in unser Sozialsystem sind vollkommen undurchdachte Forderungen, wenn nicht exakt angegeben wird, wer die erforderlichen Geldmittel aufbringen soll bzw. auf wessen Kosten es geht, wenn dasselbe Sozialbudget unter immer mehr „Anspruchsberechtigten“ aufgeteilt werden muss. Wer immer mehr Hilfsbedürftige ins Land lässt, ohne das Sozialbudget entsprechend aufzustocken und dabei auch Schulen, den Wohnungsmarkt, Justiz, Polizei, Verwaltungen usw. im Blick zu behalten, handelt verantwortungslos. In diesem Fall muss massiver Druck auf die Politik ausgeübt werden und nicht auf die Ärmsten der Armen, die hier vor unserer Tür stehen. Deren Unterkünfte anzuzünden oder sie von den Tafeln weg zu jagen, weil man an die Verantwortlichen ja nicht heran kommt, halte ich für kurzsichtig und feige. Es gibt solidarische Lösungen, wo man nicht durch immer mehr ehrenamtliche Selbstaufopferung den Laden am laufen hält, sondern gemeinsam dafür sorgt, dass unterfinanzierter Unterricht, Verwaltung, Justiz usw. eben für jeden sichtbar zum Erliegen kommen. Nur wenn das jeder sieht und entsprechender Druck erzeugt wird, statt die Aggressionen der Armen nur gegen noch Ärmere zu lenken (ein perfider Trick der Herrschenden vom früheren Feudaladel bis zur heutigen AfD oder irgendwelchen NPD-Gruppen), können die Probleme wirklich gelöst werden. Dazu gehört aber auch, dass man die organisierte Kriminalität internationaler Schlepper- und Mafiaorganisationen ebenso offen anspricht wie ein falsches Anspruchsdenken vieler Migranten, die sich am Rande einer reichen Gesellschaft durch Drogenhandel und Wegelagerei durchschlagen wollen, weil das immer noch mehr abwirft als ehrliche Arbeit in der Heimat. Was würden diese Leute machen, wenn es das Reichtumsgefälle zwischen uns und ihnen nicht gäbe? Dann müssten sie daheim Gemüse anbauen und die Korruption im eigenen Land bekämpfen, statt hier herumzulungern.

  4. @Ferdinand von Zeuthen
    „Und alle zusammen verdrängen wir die Probleme, die sich am Horizont zusammen brauen.“
    Genau davor sollte jeder Angst haben. Sollte nämlich die Wirtschaft in Deutschland nur Zucken, kann sich A.M nur verabschieden als „Demenzkranke“.Nach 2015 wäre bald Europa zerbrochen und Deutschland wurde gespalten.Die die Deutschland aufgebaut haben sind heute Dank der CDU SPD,Linken Grünen die die am besten abtreten sollen. Hoffentlich wird das aufgearbeitet. A.M versucht das über die Zeit zu Reden und die eigene Verantwortung zu Vertuschen. Die Zeit/Geschichte wird es zeigen(und schreiben). Wie akribisch und ohne Gnade unser Vergangenheit aufgearbeitet wurde gibt Hoffnung.
    PS:Der Wahnsinn, dass wieder 2017 ca.500.000 tausend angekommen sind, geht weiter.

  5. @ Toni Ebert 19.03.2018
    Sie meinen sicher die Vergesslichkeit der SPD-Wähler! Denn wären die bei Verstand gewesen, hätte diese selbstvergessene Partei nach 2005 keine Schnitte Brot mehr bekommen und wäre längst bei einstelligen Wahlergebnissen.
    Dass die CDU/CSU begeistert war, dass die „Roten“ den Sozialstaat schon mal sturmreif geschossen hatten, bevor Madame Merkel ihr Wohlfühl-Imperium errichtete, kann man sich gut vorstellen. Und jetzt sitzen eben alle in der GroKo-Falle. So lange der Köder noch nicht aufgefressen ist, gibt man sich mit diesem oder jenem Reförmchen, begleitet von markiger Rhetorik, zufrieden. Und alle zusammen verdrängen wir die Probleme, die sich am Horizont zusammen brauen.

  6. Nur zur Auffrischung, wegen der Vergesslichkeit der SPD. Der größte Sozialabbau aller Zeiten,unter dem Denkmantel der Beschäftigung, war unter Schröder(damals BK und SPD).Die CDU/CSU war damals sogar von den Socken und konnte es kaum fassen was da passierte.Bis heute brüstet sich die SPD über die erzielten Errungenschaften der Vergangenheit(nach Schröder).Es wird aber verschwiegen dass wir noch lange nicht das haben was vor Schröder war.Bis heute steigt die Altersarmut,Kinderarmut,Mittelstandarmut. Hunderte Milliarden gab es für die Banken,40 Milliarden(Bund/Land)werden seit 2015 jedes Jahr aus dem Ärmel geschüttelt. Aber nicht für Schulen oder Straßen oder für eine Verbesserung der Pflege oder den kleinen Einkommen sondern für??? Bitte selbst beantworten. Danke

  7. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Seit ich denken kann wird dieses Thema immer wieder durchgekaut. Seit ich denken kann ist aber auch immer mindestens eine unserer GroKo – Volksparteien an der Regierung gewesen und hätte diesen Mißstand beseitigen können. Auch die Mehrheit der Wähler ist offensichtlich ganz zufrieden mit dieser Situation sonst hätte die GroKo ja keine regierungsfähige Mehrheit. Daß die schlechtere Bezahlung von Frauen sich auch auf deren Renten auswirkt ist ein ganz neues Phänomen mit dem unsere Stars aus der Politik ja gar nicht rechnen konnten. Daß ungerechte Bezahlung jetzt „Gender Pay Gap“ genannt wird hilft uns in der Sache auch nicht weiter. Aber wenn man bedenkt, daß das größte Wählerpotential von Frau Merkel Frauen über 60 Jahre sind, dann sind die Renten für Frauen keinesfalls zu niedrig. Solange man bei anstehenden Wahlen immer noch das Argument von Mitmenschen hört: „Ja meinst du denn die Anderen könnten`s besser“, solange wird sich daran nichts ändern.
    Zum Schluß ein Zitat von Bertolt Brecht: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber“.

  8. Genau die oben aufgeführten Fakten sollte man sich vor Augen führen, wenn Landrat Görig von der geringen Arbeitslosenquote bzw. Langzeitarbeitslosigkeit im Landkreis schwärmt. Die sind einerseits auf die blühende Wirtschaft in den Nachbarlandkreisen, insbesondere im Kreis Fulda, zurückzuführen und andererseits auf den besonders hohern Anteil prekärer und atypischer Arbeitsverhältnisse. Ebenfalls hier nachzulesen: http://docplayer.org/44831148-Entwicklung-von-altersarmut-in-den-landkreisen-fulda-hersfeld-rotenburg-vogelsberg-und-main-kinzig-kreis.html

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