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Der Irish Pub in Alsfeld schloss am vergangenen Samstag für immer seine Türen - ein schmerzlicher Abschied nicht nur für die BesitzerWieder geht ein Stück Alsfelder Geschichte

ALSFELD (ls). Schweren Herzens schloss Daniela Geisel am vergangenen Samstag die Türen zu ihrem Irish Pub auf. Ein schmales, längliches Lokal mit großem Tresen und drei Tischen. Von der Decke ragen dunkle Holzbalken, die dem Lokal einen ganz eigenen, urigen Charakter verleihen. Wehmut lag an diesem Samstag in der Luft, denn es sollte der letzte Tag sein, an dem die Türen des Irish Pubs geöffnet wurden, bevor sie für immer geschlossen bleiben.

Seit über elf Jahren gibt es ihn bereits. Das kleine Lokal in der oberen Fulder Gasse, nicht weit vom Marktplatz entfernt, aus dem jedes Wochenende aufs Neue laute, rockige Musik und tosendes Gelächter schallen – bis zu diesem Wochenende. Während in der ganzen Stadt am Samstag gemeinsam gefeiert wurde, mischten sich im Irish Pub wehmütige Erinnerungen unter die Feierlaune: Es war der letzte Abend für den Irish Pub, bevor er sich verabschiedete.

Zum Abschied ein Spontankonzert: Ein Gast in Lederhose und Trachtenhemd aus Franken packte im Irish Pub kurzer Hand seine Gitarre aus. Nun hat die Kneipe in der Oberen Fuldaer Gasse für immer geschlossen.

Zum Abschied ein Spontankonzert: Ein Gast in Lederhose und Trachtenhemd aus Franken packte im Irish Pub kurzer Hand seine Gitarre aus. Nun hat die Kneipe in der Oberen Fulder Gasse für immer geschlossen. Foto: jal

Welche Entwicklung das Lokal durchmachen sollte und welche Bedeutung es in den Herzen der Alsfelder fand, damit hatte Daniela Geisel vor über elf Jahren wohl noch nicht gerechnet, als sie das Lokal übernahm und sich dazu entschloss, einen Irish Pub darin aufzubauen. „Eigentlich hatte mein Vorgänger die Idee, der hat das damals schon gemacht. Ich hatte damals gerade wieder meine Arbeit gewechselt und wollte etwas Neues machen und bin hier rein“, bestätigt die 49-Jährige. Ein Herzenswunsch ging für die gelernte Restaurantfachfrau in Erfüllung. Sie wollte mit dem Irish Pub etwas anderes machen als lediglich eine normale Bierkneipe – und das ist ihr gelungen.

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Was den Pub wirklich ausmacht, ist nicht das urige Flair und das charmante Interieur, sondern viel mehr das Leben und die Leidenschaft mit denen Daniela Geisel und ihr Lebensgefährte Uwe Kister zusammen mit der Familie das kleine Lokal füllten. Spiele-Abende, Dart, Guinness, Cider, 50 verschiedene Whiskey-Sorten und immer wieder Live-Auftritte von Musikern aus ganz Deutschland schufen eine heimatliche Gemütlichkeit, die über die Jahre zu einer eigenen Kultur zusammenwuchs. Alles eben so, wie man es auch aus original irischen Pubs kennt.

Dinge, die nicht nur die Besitzer schmerzlich vermissen werden, sondern auch die Alsfelder, die bereits seit Jahren zu den Stammkunden des Pubs gehören. „Es wird mir sehr schwer fallen den Laden zu verlassen. Er ist für mich wie ein zweites Zuhause geworden über all die Jahre. Da kann man nicht einfach Abschied nehmen ohne eine Miene zu verziehen. Es ist ein Stück von mir selbst geworden. Der Irish Pub gehört zu mir und ist ein Stück meiner Heimat“, betrauert die 49-jährige Alsfelderin den Abschied. Es wirkt fast, also wollte sie selbst nicht aus freien Stücken schließen.

Uwe Kister und Daniela Geisel bei ihrer Arbeit im Irish Pub - den Kontakt zu den Menschen werden sie am meisten vermissen. Foto: archiv

Uwe Kister und Daniela Geisel bei ihrer Arbeit im Irish Pub – den Kontakt zu den Menschen werden sie am meisten vermissen. Foto: archiv

Nein, natürlich will Daniela Geisel nicht freiwillig ihren Laden – nein, besser ihr Zuhause – aufgeben. „Es ist einfach zu ruhig geworden, ganz einfach“, berichtet sie. Nachdem sie zunächst jeden Tag in der Woche geöffnet hatte, musste sie den Laden nach und nach einen Tag mehr geschlossen lassen, bis sie lediglich nur noch am Wochenende öffnen konnte. „Es rentiert sich leider nicht mehr. Die Kosten bleiben oder werden sogar höher und es kommt nichts rein. Das ist ja nicht nur bei uns so, die ganze Stadt stirbt so langsam aus“, fügt der Lebensgefährte Uwe Kister hinzu. Gemeinsame Aktionen, wie das von Kister mit organisierte Kneipenfestival oder das Stadtfestevent „Kreuz Live“, brachten leider nicht mehr den gewünschten Erfolg – selbst wenn genau da in diesen Veranstaltungen die schönsten Erinnerungen liegen.

Viele Musiker, wie hier Peter Kick, traten im einst im Irish Pub auf - seit diesem Samstag wird man keine rockigen Töne mehr im Vorbeigehen aus dem Lokal hören. Foto: archiv/privat

Viele Musiker, wie hier Peter Kick, traten einst im Irish Pub auf – seit diesem Samstag wird man keine rockigen Töne mehr im Vorbeigehen aus dem Lokal hören. Foto: archiv/privat

Oft ein Treffpunkt für viele Besucher aller Altersklassen, war es doch die letzte Zeit leider zu ruhig im Pub geworden. Foto: archiv

Oft ein Treffpunkt für viele Besucher aller Altersklassen, war es doch die letzte Zeit leider zu ruhig im Pub geworden. Foto: archiv

Was nach so einer langen Zeit folgen wird, wissen beide noch nicht genau. Weiter arbeiten, das steht fest. Ob etwas die Lücke im Herzen füllen kann, wird sich zeigen, denn man weiß ja nie was noch kommt – da muss man sich überraschen lassen. Vermissen möchte Daniela Geisel diese Zeit in ihrem Irish Pub jedenfalls nicht. „Es war eine absolut schöne Zeit, anders kann ich es gar nicht beschreiben. Man lernt so viele Menschen kennen, die alle ihre eigene Geschichte erzählen und das floss alles in diesen Räumlichkeiten zusammen. Das war etwas ganz Besonderes“, schwelgt die Besitzerin in Erinnerungen.

Diese Menschen sind es auch, die sie am schmerzlichsten vermissen wird – sie und die Musik. „Die Leute zurück lassen ist das Schlimmste. Aber es ist natürlich nicht so, dass man sie nicht mehr sieht. Wir gehen ja auch am Wochenende raus – nur das wir jetzt selbst entscheiden können, wohin wir gehen und wann wir nach Hause gehen“, zieht Kister Bilanz.

Der Irish Pub war für viele Alsfelder wie ein Zuhause. Sein fehlen wird eine große Lücke hinterlassen, die nur schwer zu füllen ist. Foto: archiv

Der Irish Pub war für viele Alsfelder wie ein Zuhause. Sein fehlen wird eine große Lücke hinterlassen, die nur schwer zu füllen ist. Foto: archiv

Am vergangen Samstag feierten sie mit Familie, Freunden, Stammkunden und neuen Besuchern ihren Abschied. Nachdem alle weg waren, saßen sie alleine in ihrem Laden. Räumten die Gläser weg, wischten die Tische ab, schwelgten in wahrlich schönen Erinnerungen und machten schließlich das Licht aus. Daniela Geisel schloss die Tür des Irish Pubs ein letztes Mal zu – mit dem Wissen, dass sie sich nicht mehr öffnen wird. Damit verabschiedete sich an diesem Wochenende wieder ein Stück Alsfelder Geschichte.

Weitere Eindrücke aus über elf Jahren toller Ereignisse im Irish Pub

Ein Gedanke zu “Wieder geht ein Stück Alsfelder Geschichte

  1. Habe nach einem Besuch bei euch in den Ferien immer mal wieder kommen wollen. So freundliche Gäste, schöne Musik unter der Leitung eines netten Paar hinter der Theke. Die Chance habe ich verpasst. Ich wünsche alles Gute für die Zukunf, was immer sie auch sein mag.

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