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Tanzen: die physische KommunikationWarum die Tanzfläche eine eigene Welt ist

VOGELSBERGKREIS. Ob flotter Walzer oder lässiger Hip-Hop, unsere Welt ist geprägt von den verschiedensten Tanzrichtungen. Doch was ist das Faszinierende an pfiffigen Schrittkombinationen, die dem Rhythmus angepasst sind? Und was macht es so spannend, sich zum Tanz schick anzuziehen und formvollendet aufzufordern? Auch für manche Jugendliche? Jessica Haak erzählt von ihren Erfahrungen.

Das Tanzen ist eine Art eigene Kommunikation. Es ist physisches Mittel des Ausdrucks. Jeder Schritt und jede Bewegung sind Wörter. Die Choreographien als solche sind ganze Texte. Unterlegt mit Musik entsteht eine spannende Gesamtkombination, die manch Nachricht hinter sich birgt. Auch wenn man keiner Tanzgruppe beigetreten ist, so wird man doch nahezu wöchentlich mit dem Tanzen konfrontiert. Spätestens wenn man Gast der nächsten Feier ist, kommt man sogar als Tanzmuffel nicht drum herum. Selbst wenn man sich dagegen sträubt, tritt das Phänomen des Aufforderns auf. Überall gibt es tanzbegeisterte Menschen, die ihre Aufgabe darin sehen, andere Menschen zu animieren und mit ihrer positiven Aura anzustecken.Natürlich muss man wissen, welcher Tanzstil zu welchem Anlass passend ist, aber selbst das ist mehr oder weniger frei interpretierbar.

Zweifelos: Tanzen verbindet

Oftmals finden sich Menschen zusammen, die Freude an der selben Musik haben und motiviert sind, ihren Horizont ständig zu erweitern: So auch unsere Tanzgruppe, bestehend aus zehn Mädchen und einer Trainerin. Es ist nicht immer ganz leicht, wenn elf unterschiedliche Charaktere aufeinander prallen, und jede Idee beachtet werden soll, dennoch verstehen wir uns gut. Wir wachsen an unseren gemeinsamen Erfolgen, wobei die Synchronizität eines Schrittes schon mal mehrere Jubelschreie und Glücksgefühle auslösen kann. Auch wenn man vielleicht einmal nicht in der Stimmung ist, Muskelaufbauübungen zu betreiben, so muss man sich permanent sein Ziel vor Augen führen – die Choreographie erfolgreich tanzen zu wollen. Beginnt man jeden Schritt genau zu begreifen und das Lied zu verstehen, verfällt man nahezu in eine kleine Trance.

Egal wann und wo man das Lied hört, beginnt der Fuß automatisch im Takt zu wippen, wobei dies noch das geringste Übel ist. Ich spreche aus eigener Erfahrung wenn ich sage, dass es unmöglich ist nicht zu tanzen, wenn du es sehnlichst herbeiwünscht. Da kommt es schon einmal vor, dass man in den unerwartetsten und vor allem auch unpassendsten Moment zu tanzen beginnt.

Eins ist klar: Hat man sich einmal mit dem „Tanzfieber“ infiziert, kommt man so schnell nicht mehr davon los.

Die richtige Form formt Charakter: Darf ich bitten..?

Veranstaltungen aus alten Zeiten wie der Tanztee, sind als solche leider nur noch selten vorzufinden und werden vor allem nicht mehr von Jugendlichen wahrgenommen. Dass dies mit dem Wandel der Gesellschaft einhergeht, ist unumstritten. Diente der Tanztee einst dazu, Gleichaltrige des anderen Geschlechts kennenzulernen, übernehmen Diskotheken und manchmal auch Socialnetwerks wie Facebook diese Rolle. Auch wenn es ein wenig altmodisch klingen mag, so wären solch gesellschaftlichen Tanzveranstaltungen oftmals wünschenswert. Es würden wieder Normen und Werte vermittelt werden und auch sonst, wäre der Umgangston unter Jugendlichen ein wenig angenehmer. Manche Menschen würden es vielleicht als steif und veraltet bezeichnen, würden es andere jedoch, ähnlich wie meine Großeltern, stark befürworten. Getreu dem Motto, früher war alles besser, wäre es seinerseits gar nicht so schlecht ab und zu die emanzipierte Haltung abzuwerfen und sich von einem jungen netten Mann auffordern zu lassen. Es würde zu einem stilvollen Kennenlernen kommen und sprödes „Anquatschen“ hätte ein Ende.

Selbst dabei und überrascht von der Resonanz

Vor zwei Jahren beschloss ich, diesem modernen Wandel ein wenig entgegenzuwirken und meldete mich zu einem Tanzkurs an. Überraschend war die große und vor allem auch positive Resonanz angesichts der Tatsache, dass Schotten nun mal nicht die größte Stadt war. 30 Jugendliche würden in den nächsten Tanzstunden grundlegende Tänze wie den Walzer, den Cha-Cha-Cha und die Rumba lernen und Freude daran finden. Viele von ihnen schienen anfangs ein wenig verunsichert und beängstigt angesichts der vielen neuen Schritte und neuen Gesichtern. Das Eis schmolz allerdings in kürzester Zeit und man sah jedem den Spaß und die Bemühung ins Gesicht geschrieben. Der Aspekt, nette Jungs und Mädchen kennenzulernen, war natürlich auch nicht außer Acht zu lassen. Die Vorfreude auf den bevorstehenden Ball und die emsige Suche nach dem richtigen Kleid oder auch Anzug, steigerte unbewusst das Verlangen nach traditionellen Werten. Das Auffordern bildete manchmal eine spannende Hürde. Im Großen und Ganzen war der Ball schlussendlich ein großer Erfolg und die erlernten Tanzschritte ein Grundlage für anspruchsvolle Tanzveranstaltungen.

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Manchmal doch salopp

Die traditionelle Aufforderung zum Tanz existiert im alltäglichen Gebrauch nicht mehr. Viel wichtiger ist es, sein eigenes Geschick in den Vordergrund zu stellen und als Exzentriker aus der Masse hervorzustechen. Vor allem bei modernen Tanzveranstaltungen wie in Diskotheken fällt es bei einigen Menschen schwer, sie in bestimmte Muster und Etiketten einzuordnen. Sie sind frei in ihren Bewegungen und nicht ansatzweise darin bemüht, sich anzupassen. Vielleicht sind gerade solche Phänomene das Spannende an derartigen Veranstaltungen. Andererseits bilden solche Individuen auch häufig den ein oder anderen Diskussionspunkt. Es ist umstritten, ob durch das egomane Tanzverhalten alte Werte und Norme verloren gehen, da jeder darum bemüht ist, ähnlich wie Paradiesvögel, aufzufallen. Wäre es jedoch vornehmer und sympathischer sich der Herzensdame oder auch dem Herzensbuben anzupassen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass Geschmäcker verschieden sind und das die Variabilität unser Welt sichert.

Bewegung kennt keine Grenzen

Ähnlich wie sich der Charakter entwickelt, so entwickelt sich auch der eigene Tanzstil. Es gibt so viele individuelle Formen, dass sie sich kaum beschreiben lassen. Hinter jeder Bewegung verbirgt sich ein Erlebnis, ähnlich wie sich hinter jedem Foto eine Geschichte versteckt. Man tanzt um sich aus den alltäglichen Zwängen zu lösen und Schranken hinter sich zu lassen. Oftmals versucht man anderen Menschen etwas zu signalisieren oder zu vermitteln. Ob das jedoch verstanden wird, hängt vom jeweiligen Menschen ab. Wenn wir bereit sind, Dinge auf uns zukommen zu lassen, so werden wir auch bereit sein, sie zu verstehen. Wer sich allerdings verschließt, dem wird auch die Magie des Tanzens verschlossen bleiben.               Jessica Haak

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