Gesundheit0

Die Linke fordert vom Kreis kommunale Arztpraxen mit angestellten Ärzten zu betreibenKreis kann die ärztliche Versorgung vor Ort sichern

VOGELSBERGKREIS (ol). Bei der Sicherung der gesundheitlichen Versorgung vor Ort muss der Kreis endlich Ergebnisse zeigen, fordert die Kreistagsfraktion der Linken.

Im Juli dieses Jahres berichtete der Lauterbacher Anzeiger, dass für die Hausarztpraxis in Herbstein-Stockhausen bisher keine Nachfolgerin beziehungsweise kein Nachfolger gefunden werden konnte. Das teilte die Partei in einer Pressemeldung mit.

Eine örtliche Patienteninitiative finde sich mit der Situation nicht ab und suche weiterhin nach einer ärztlichen Nachfolge, für die im Juni geschlossene Praxis. Im Feldatal berate die Gemeindevertretung, ob kommunale Investitionsmittel zur Sicherung der ärztlichen Versorgung verwand werden können. „Die Schwierigkeiten, vor allem Hausarztpraxen in unseren Ortschaften zu erhalten ist nun nicht neu. In den nächsten Jahren haben circa 50 Prozent der Haus- und Fachärzte im Kreis das Alter für den Ruhestand erreicht. Auch wenn etliche noch einige Jahre weiter ihre Praxis betreiben werden, steht die Kommunalpolitik vor einer gewaltigen Aufgabe“, erklärt Michael Riese, Fraktionsvorsitzender der Linken im Kreistag.

Die beiden eingangs genannten Beispiele stehen nur stellvertretend dafür, dass die einzelnen Gemeinden noch ganz isoliert und alleine versuchen, das Problem der ärztlichen Versorgung auch zu lösen, so Riese weiter. Bereits im Dezember 2014 habe bei einer Bürgermeisterdienstversammlung Einigkeit darüber bestanden, dass „Insellösungen“ einzelner Kommunen wenig zielführend seien. In der Koalitionsvereinbarung haben sich CDU und SPD zum Ziel die Entwicklung eines ganzheitlichen Gesundheitskonzeptes für den Vogelsbergkreis gesetzt.

Aber auch das sei schon im Dezember 2014 auf besagter Bürgermeisterdienstversammlung angekündigt worden und auf der regionalen Gesundheitskonferenz sei dieses Vorhaben erneut angesagt worden. Weiteres zu diesem wichtigen Vorhaben ist bisher aber unbekannt, heißt es in der Pressemitteilung. Stattdessen möchte die CDU/SPD-Koalition laut Koalitionsvertrag das bereits vom Kreistag beschlossene Stipendienprogramm für junge Mediziner schnell umsetzen. CDU und SPD haben dabei die Absicht, angehende Mediziner, die sich verpflichten, nach ihrem Studium im Vogelsbergkreis eine Hausarztpraxis zu übernehmen, bereits während ihres Studiums finanziell zu unterstützen.

Die Förderkriterien sollten zügig aufgestellt werden, so der Koalitionsvertrag. „20.000 Euro sind für dieses Programm in 2016 vorgesehen. Die niedrige Fördersumme und der weitere Verlauf der Sache legen den Schluss nahe, dass hier nur der Schein erzeugt wird, der Kreis unternähme etwas. Mit dem im Dezember 2015 gefassten Kreistagsbeschluss ist bisher jedenfalls nichts passiert“, kritisiert Riese. Dabei sei CDU und SPD offenbar entgangen, dass Ärzte nach dem Examen zunächst eine Facharztausbildung von fünf bis sechs Jahren machen, die sie benötigen, wenn sie sich niederlassen wollen.

Das bedeute, eine ärztliche Studienanfängerin oder ein Studienanfänger stünden mit diesem Programm frühestens in zehn Jahren zur Verfügung. Es gibt aber inzwischen attraktive Modelle zur örtlichen Gesundheitsversorgung und auch im Vogelsberg werden sie in ersten Ansätzen schon praktiziert, erklärt Riese. Insgesamt ändere sich das Arbeitsumfeld für den Hausarzt auch auf dem Lande. Der Trend gehe eindeutig weg von der früher üblichen Einzelpraxis und hin zu größeren Einheiten und Gemeinschaftspraxen.

Immer mehr medizinische Studienabsolventen seien Frauen. Die zumeist jungen Ärztinnen wünschten flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit, in Teilzeit als Angestellte in einer Praxis tätig zu sein. Junge Ärzte, die eine sichere und gut bezahlte Stelle an einem Krankenhaus oder einer anderen medizinischen Einrichtung haben, sehen wenig Sinn darin, sich durch Selbstständigkeit langfristig an einen Ort zu binden und damit Karriere und Lebensplanung einzuengen.

Statt klassische Praxenmodelle mit öffentlichen Mitteln fördern zu wollen, könnten niedergelassene Ärzte Praxiseinrichtungen schaffen, die beispielsweise mit angestelltem medizinischen Personal (Ärzten und Praxisassistenten) in Filialen die Versorgung vor Ort gewährleisten. Das wird im kleinen Rahmen im Vogelsberg bereits gemacht, so Riese weiter. Aber es gebe nicht genügend Gemeinschaftspraxen im Vogelsberg, die bereit oder auch in der Lage wären, den Bedarf nach diesem Modell abzudecken. Um die ortsnahe Gesundheitsversorgung zu sichern, müsste somit der Kreis zusätzlich aktiv werden und kommunale Arztpraxen mit angestellten Ärzten betreiben.

Das wäre beispielsweise über die Ausweitung der Medizinischen Versorgungszentren des Kreiskrankenhauses gar kein Problem, meint die Linke. „Die Vogelsberger Große Koalition ist angetreten, um die großen Probleme des Vogelsbergs zu lösen. Die gesundheitliche Versorgung ist ein solches großes Problem und keine Arztpraxis im Vogelsberg müsste schließen, weil kein Nachfolger gefunden wird“, erklärt Riese abschließend.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren