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Das Insolvenzverfahren der Alsfelder Landbrauerei ist eröffnet – Auf dem heimischen Markt rumort es – Der Braumeister verlässt AlsfeldViele Gerüchte rund um den Überlebenskampf

ALSFELD. Fakt ist: Am 1. Januar hat das Amtsgericht in Gießen offiziell das Insolvenzverfahren für die Alsfelder Landbrauerei eröffnet. Doch darüber, wie es ausgehen und wie die Brauerei fortgeführt werden kann, gibt es nur zum Teil wilde Spekulationen mit unterschiedlichen Signalen. Während die Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs sich in Verlautbarungen optimistisch zeigt, kommen aus dem Umfeld des Traditionsunternehmens eher skeptische Äußerungen über wegbrechende Kundschaft. Eines ist derweil ebenfalls Fakt: Der langjährige Braumeister Josef Lichter verlässt die Alsfelder Brauerei und geht nach Lauterbach.

2012, als die Brauerei bereits einmal insolvent geworden war, da ging ein trotziges „Jetzt erst Recht“ durch die Region, insbesondere durch Alsfeld, wo die Brauerei seit Mitte des 19. Jahrhunderts zur Ausstattung der Stadt gehört. Das „Retterbier“ bestätigte seinerzeit  die „Verwurzelung“ des Unternehmens in seiner Umgebung. Das sei auch ein Standbein, auf das man für eine Fortführung des Betriebes setze, erklärt die Insolvenzverwalterin über ihren Medienberater Pietro Nuvolonie gegenüber Oberhessen-live. Doch es gibt Anzeichen, dass die Wurzeln dieses Mal nicht so gut greifen.

Gerüchte über Abwanderungen der Wirte

Das sind Stimmen aus der Vogelsberger Gastronomie: Wirte, die Kneipen und Restaurants  benennen, deren Wirte oder Betreiber die Biermarke gewechselt haben oder Kirmes-Veranstaltungen, bei denen nicht mehr das gewohnte „Alsfelder“ ausgeschenkt wird. Da ist manche Aussage mehr Gerücht als Realität. Die meisten Alsfelder Wirte, so klingt an, wenn man nachfragt, wollen erst einmal abwarten, wie die Brauerei sich entwickelt – auch, wenn es offenbar manche Unzufriedenheit gibt, die es hinter der vorgehaltenen Hand rumoren lässt. Aber es ist halt die heimische Brauerei – und darauf legt man Wert. Außerdem gibt es Verträge. Die meisten Wirte haben übrigens anscheinend auch bereits Besuch oder Anrufe von Vertretern anderer, großer Brauereien bekommen, die jetzt versuchen, in Alsfeld Boden zu gewinnen.

Das Herzberg-Festival steigt aus

Auf die Regionalität des Bieres legen auch die Veranstalter des großen Herzberg-Festivals Wert, das Sommer für Sommer über 10.000 Besucher für vier Tage auf die Wiesen bei Hof Huhnstadt lockt. „Das Bier ist ein großes Thema“, sagt der Geschäftsführer Gunter Lorz auf Anfrage. Er bereitet sich darauf vor, den Besuchern des kommenden Festivals eine Neuigkeit schonend nahe zu bringen: Die Kreuz Catering GmbH, die für das Festival den Getränkeausschank organisiert, wird kein Alsfelder Pils mehr „auf den Berg“ bringen: Es wird diesmal Lauterbacher Bier sein. „Wir wollen Bier aus der Region „, sagt Gunter Lorz, der über die Gründe für den Wechsel keine Stellungnahme gibt. „Und das ist das Lauterbacher ja auch“. Vom Alsfelder Pfingstmarkt ist noch keine Wegbewegung zu hören.

Die Arbeit des Braumeisters

So war es vergangenes Jahr: Braumeister Josef Lichter erklärte in einer Audio-Slide-Show bei Oberhessen-live seine Arbeit

 

Wegbrechende Kundschaft könne sie nicht ausmachen, lässt die zur Zeit in Urlaub befindliche Insolvenzverwalterin Juli Kappel-Gnirs über ihren Medienberater erklären. Sie betont, dass gerade die Verwurzelung der Brauerei in der Region ihr wichtg sei. Das sei ein Grund, warum der Betrieb auch mit einem Insolvenzverfahren Überlebenschancen habe.

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Kirmes-Veranstaltungen werden weiter beliefert

Kirmesveranstaltungen will die Brauerei auch in der Zukunft beliefern, stellt der Brauerei-Gechäftsführer Dieter Resch über den Medienberater Pietro Nuvolonie einen Tag später klar. Diese Information war offenbar unrichtig bei Oberhessen-live angekommen. Lediglich in zwei Fällen habe die Brauerei aktuell absagen müssen, weil man keine Zusage für die Lieferung der Technik im Sommer habe geben können. Aber sehr wohl werde die Brauerei Kirmes-Veranstaltungen beliefern. Angekommen war die Information, dass die Brauerei sich um Kirmes-Veranstaltungen nicht mehr kümmert. Das sei falsch, betont der Sprecher.

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Anordnung vom Gericht: „starke Insolvenzverwaltung“

Er erklärt, dass das Gericht mit Beginn des Verfahrens eine „starke Insolvenzverwaltung“ durch die Rechtsanwältin angeondnet habe, was als Signal an Geschäftspartner zu verstehen sei: Was die Verwalterin tut, etwa bei Bestellungen, sei gedeckt. Mit dem Geschäftsführer Dieter Resch arbeite sie dabei entgegen anderslautender Gerüchte „vertrauensvoll zusammen“.

Ziel des Verfahrens sei eine Restrukturierung des Unternehmens und die Gewinnung  eines neuen Investors. Dafür sei man derzeit in einem „professionellen Investorenprozess“, was einfach bedeutet, dass intensiv gesucht werde. „Es gibt Interessenten“, fasst der Sprecher kurz zusammen, ohne zu erklären, wie groß das Interesse bisher sei: Nur so viel: „Es sind schon Gespräche gelaufen.“

Ein anderes Standbein, auf das bei der Brauerei jetzt gesetzt werde, zeige bereits sichtbare Erfolge: der Vertrieb der Öko-Biere „Die Naturburschen“ über große Lebensmittelketten – dazu zählten auch Edeka und Rewe. Um 80 Prozent sei der Absatz in diesem Bereich bereits gestiegen, wobei der Sprecher einräumt, das hohe Prozentzahlen bei niedrigem Einstiegswert leicht erreichbar seien.

Hauptabsatzmarkt: die heimische Region

Hauptabsatzmarkt der Alsfelder Brauerei bleibe die heimische Region, betont er, weshalb in diese Richtung auch weiter große Anstrengungen unternommen würden. Die Landbrauerei habe gute Chancen neu gestärkt aus dem Insolvenzverfahren hervorzugehen. Denn: „Man hat etwas vorzuweisen“, betont Pietro Nuvoloni mehrfach: das eigene Wasser, eigene, nachhaltige Produkte – die Öko-Biere – und letztlich eine starke Anbindung an die Region.

In einer erneuerten Alsfelder Brauerei wird allerdings einer nicht mehr dabei sein, der über viele Jahre und bei unzähligen Anlässen das Gesicht des Alsfelder Biers war: Braumeister Josef Lichter. Dessen Ausscheiden bestätigt der Medienberater der Insolvenzverwalterin, ohne den Schritt zu kommentieren. Aber es gehe weiter: „Es gibt einen Nachfolger.“

Von Axel Pries

5 Gedanken zu “Viele Gerüchte rund um den Überlebenskampf

  1. Für mich stellt sich die Frage, warum in einem Insolvenzverfahren ein Medienberater bestellt wird? Wird hierfür
    etwa Geld ausgegeben? Warum braucht ein Unternehmen in der Insolvenz einen Medienberater. Da wird doch Geld zum Fenster rausgeworfen. Es ist immer das gleiche: selbst am Untergang von Unternehmen und dem Verlust von Arbeitsplätzen, stoßen sich manche Leute gesund.

    1. Der Medienberater arbeitet für die Insolvenberaterin – ist deren Pressesprecherin. Mit der Brauerei hat er nur mittelbar zu tun.

  2. Ich mache mir schon länger Gedanken über diese Problematik DAS EUGENTLICHE PROBLEM IST DARIN BEGRÜNDET DASS DIE ALSFELDER LANDBRSIEREI LEIDER KEINE DIREKTEN KUNDEN MEHR HAT!!!!
    Ich bin selbst Gastronom bzw Wirt und von dem Produkt ALSFELDER PILS komplett überzeugt. Aber das, was in den letzten Jahren geschehen ist läßt mich zweifeln. Das war nicht professionell und ist letztendlich schade für unsere Stadt !!!!

  3. Wie kann man als Insolvenzverwalter mit jemandem vertrauensvoll zusammenarbeiten, der ein Unternehmen schon 2/3mal in die Insolvenz getrieben hat?
    Also ich könnte das als Unternehmer oder in diesem Fall als Gastronom nicht. Ich kann jeden verstehen der sich abwendet. Ich würde dieser Person auch kein Geld mehr anvertrauen wollen, schon gar nicht mein eigenes.
    Auch in Alsfeld sollten die „Gesetze der Moralischen Art“ in solch einem Fall gelten. Schade für unsere Brauerei, aber so ist das Vertrauen dahin.
    Aber zum Glück bleibt eines – das Bier schmeckt!

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