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Auswirkungen der steigenden GaspreiseWas auf Sauna-, Sport- und Badefreunde zukommt

ALSFELD (ls). Geschlossene Sauna und kältere Wasserbecken im Schwimmbad: Die Gas-Engpässe machen auch vor dem Vogelsberg keinen Halt – und sind dort vor allem in Schwimmbädern spürbar. Wie Städte und Gemeinden damit umgehen und ob Kostenexplosionen zu erwarten sind? OL hat nachgefragt.

Schwierigkeiten bei der Gasversorgung gab es ohnehin schon, an diesem Montag kündigte der russische Gaskonzern Gazprom dann an, die Gas-Lieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 weiter zu senken: Lediglich 20 Prozent der vereinbarten Kapazitäten sollen geliefert werden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hatte Gazprom die Lieferungen von russischem Erdgas bereits im Juni auf 40 Prozent reduziert.

Nach einer Routinewartung wurden die Lieferungen nach einem kurzen Lieferstop in der vergangenen Woche erst wieder aufgenommen, weiterhin gedrosselt auf 40 Prozent. Nun werden es nochmal weniger und die Stimmen, die einen Energie-Notstand warnen, werden trotz vereinbartem EU-Gas-Notfallplan lauter.

Auch den Vogelsberg treffen steigende Energiepreise und drohende Gas-Engpässe – und sorgen für Sparmaßnahmen, die insbesondere die Schwimmbäder betreffen. Dort ist das Wasser kälter und in Lauterbach bleibt sogar eine Sauna geschlossen.

Geschlossene Sauna in der Lauterbacher Welle

Dort hat man schon im vergangenen Jahr viele Energiesparmaßnahmen umgesetzt, erklärt Heike Habermehl, die Geschäftsführerin der Lauterbacher Stadtwerke, auf OL-Anfrage. Die Stadtwerke nämlich sind die Betreiber des Freizeitzentrums samt Freibad, Hallenbad und Saunalandschaft. Letztere bekommt die Gas-Engpässe bereits deutlich zu spüren: Eine Sauna wurde schon ausgeschaltet, die Lüftungstemperatur wurde um 2 Grad gesenkt.

Erst im vergangenen Jahr wurde ein Teil der Lüftungsanlage erneuert, die nun mit einer Wärmerückgewinnungsfunktion ausgestattet ist – sprich: Die „verbrauchte Luft“, die aus der Lüftung strömt, gibt ihre Wärme an die frische Luft ab, wodurch sich Energie sparen lässt. Außerdem sollen die vorhandenen Pumpen auf Hocheffizienzpumpen mit Frequenzumrichtern umgerüstet werden. Gefördert werde diese Maßnahme zur Energieeinsparung durch das Bundesumweltministerium aus Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative.

Eine Sauna der Saunalandschaft in der Welle hat bereits geschlossen. Foto: archiv/Stadtwerke Lauterbach GmbH, Freizeitzentrum „Die Welle“/Lutz Habekost

Auch im Freibad in Lauterbach sind die Auswirkungen spürbar – im wahrsten Sinne des Wortes: Die Beckentemperatur wurde um ein Grad von vorher 23 auf nunmehr 22 Grad abgesenkt. „Wir rechnen mit einer Einsparung, alleine durch diese Maßnahme, von sechs Prozent“, erklärt Habermehl. Durch das Sommerwetter und die Sonneneinstrahlung gebe es aber ohnehin eine durchgängige Wassertemperatur von 24 bis 25 Grad.

„Bei den Duschen können wir die Wärme aufgrund der Legionellengefahr nicht reduzieren“, erklärt die Geschäftsführerin. Hier bleibe es also vorerst beim Normalbetrieb, ansonsten müssten die Duschen kalt bleiben, was man aber vermeiden wolle. Auch im Hallenbadbetrieb können und werden man die Wassertemperatur um ein Grad senken, mithin auch die Temperatur der Lüftung um ebenfalls ein Grad.

Die derzeitigen Überlegungen gehen sogar dahin, das Freibad bei kühler Witterung zu schließen und das Hallenbad erst wieder zu den Herbstferien zu öffnen, wenn möglich. „Aktuell stellen wir Überlegungen an, ob eine Umstellung auf einen alternativen Energieträger eine wirtschaftliche Variante für die Beheizung darstellen könnte“, sagte Habermehl. Klar sei: Die steigenden Energiekosten machen den Stadtwerken zu schaffen, Preisanpassungen gab es allerdings noch nicht, können aber bei möglichen weiteren Preissteigerungen in der Energiebeschaffung nicht ausgeschlossen werden.

Schwimmbad-Schließungen befürchtet

Auch im Alsfelder Erlenbad gab es bereits Ende Juni die ersten Einschnitte: Die Becken im Erlenbad, außer Babybecken und Bewegungsbecken im Hallenbad, werden nicht mehr beheizt. Das teilt Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule mit, der gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender der Bäder GmbH ist. Auf den Badespaß hat das durch die sommerlichen Temperaturen und die Sonneneinstrahlung keinen Einfluss, die Wassertemperatur liegt bei durchschnittlich 25 Grad.

Damit das so bleibt werden die Becken täglich mit der vorhandenen Abdeckplane zugezogen, sodass nur geringfügig die Wärme aus den Becken entweichen kann. Als weitere Maßnahme zur Wärmeeinsparung wurden die Duschanlagen so umgeschaltet, dass nur gegen Bezahlung warmes Wasser bereitgestellt wird.

Derzeit wird das Hallenbad in Alsfeld noch saniert, doch eigentlich sollte es im Herbst wieder öffnen. Sollte es allerdings zu einer Energietriage kommen, befürchtet Alsfelds Bürgermeister, dass die Bäder geschlossen bleiben müssen. Foto: archiv/Anja Kierblewski

„Sollte es im Herbst tatsächlich zu einer Energietriage kommen, so sehe ich für die Hallenbad- und Saunasaison eher schwarz, da wohl diese Einrichtungen als erstes betroffen sind und es womöglich seitens übergeordneter Behörden zu einer Schließung der Bäder kommt“, befürchtet Paule. Im Hallenbad gebe es außerdem keine Plane, um die Temperatur zu halten.

Derzeit gebe es zwar noch keine Preiserhöhungen, jedoch laufe der Gas-Vertrag Ende des Jahres aus. „Dann muss man sehen, wie man mit der neuen Situation umgeht. Nötige Entscheidungen werden dann von den Aufsichtsgremien getroffen“, erklärt Paule. Auch in den städtischen Gebäuden würden Maßnahmen zur Energieeinsparung bereits umgesetzt werden. So werden die Gebäude nur geheizt, wenn sie auch genutzt werden. Die Dorfgemeinschaftshäuser in den Alsfelder Dörfern werden übrigens nicht mit Gasheizungen betrieben – eine direkte Auswirkung auf die Bürger sei deshalb zunächst nicht zu befürchten.

Keine Auswirkungen im Freibad in Heimertshausen

Das Freibad im Kirtorfer Ortsteil Heimertshausen: Hier haben Gas-Engpässe und gestiegene Energiepreise keine Auswirkungen auf den Betrieb, da das Wasser mithilfe von Solarkollektoren erwärmt wird – jedenfalls nachdem es bei der Erstbefüllung der Becken durch eine Ölheizung unterstützend geheizt wird. Entsprechend sind auch die Eintrittspreise weiterhin konstant, so wie die letzten Jahre, wie Kirtorfs Bürgermeister Andreas Fey erklärt. In den städtischen Liegenschaften, in denen Gas genutzt werde, seien die Tanks noch gut gefüllt. „Ein Engpass besteht im Moment nicht“, erklärte Fey.

Übrigens: In den Sporthallen des Kreises und in den Schulgebäuden soll das Warmwasser nach dem Sommer nicht abgestellt werden, das bestätigt der Kreis auf Anfrage. Auch schlagen die Energierpreissteigerungen für die Liegenschaften noch nicht zu Buche, da der Vogelsbergkreis die Lieferung von Erdgas und Strom für alle kreiseigenen Liegenschaften turnusgemäß im Jahr 2020 ausgeschrieben hat und die Entgelte für Lieferung und Abrechnung auf Basis der Börsenpreise des Monats Oktober 2020 vertraglich für die Jahre 2021 und 2022 fest vereinbart wurden.

Ein Blick auf das Freibad in Heimertshausen. Foto: archiv/Stadt Kirtorf

Mehrkosten von rund 2 Millionen Euro ab 2023 erwartet

Auch arbeite man darauf hin, sukzessive den Energieverbrauch zu reduzieren, in dem Gebäude saniert und Heizungsanlagen auf regenerative Energieträger umgestellt werden, Neubauten würden ohnehin im Passivhaus-Standard errichtet werden. „Hierdurch können steigende Energiekosten – zumindest ein Stück weit – kompensiert werden“, heißt es.

Für das Jahr 2023 sei aber mit erheblichen Mehrkosten für die Energiebeschaffung zu rechnen. Auf Grundlage der aktuellen Energiepreisentwicklung geht der Vogelsbergkreis derzeit von Mehrkosten in Höhe von rund 2 Millionen Euro gegenüber den Planzahlen 2022 aus. „Ausgehend von den volatilen Energiepreisen handelt es sich um sehr vorsichtige Schätzungen“, heißt es. Für die Nahwärmeverträge würden hierzu noch keine Berechnungen vorliegen.

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