Verein "Barrierefreie Stadt Alsfeld" erstellt Mängelliste„Es geht um die Sicherheit, nicht um Luxusgüter“
ALSFELD (akr). Alsfeld hat in Sachen Barrierefreiheit noch einiges nachzuholen – das findet jedenfalls der Verein „Barrierefreie Stadt Alsfeld“. Eine Mängelliste soll aufzeigen, wo dringender Handlungsbedarf besteht, schließlich geht es hier um die Sicherheit, nicht um Luxusgüter, sagen die Mitglieder.
„Wir wollen bewegen, was zu bewegen ist“, betonte Eckhard Herrmann, Vorsitzender des Vereins. Schon lange habe der Verein verschiedene Mängel in der Stadt aufgezeigt, bewegt habe sich jedoch nichts. Das soll sich jetzt ändern, zumindest erhofft sich die Gruppe durch die Hilfe von Anita Schlorke, die kürzlich zur Inklusionsbeauftragten der Stadt ernannt wurde und nun die Hauptansprechpartnerin in allen Fragen rund um Inklusion und Barrierefreiheit ist.
Am Mittwochabend haben ihr die Vereinsmitglieder eine Mängelliste vorgestellt, nachdem sie in ihrer ersten Sitzung Ende September gemeinsam beschlossen haben, eine solche zu erstellen. „Damit ich auch etwas in der Hand habe“, erklärte Schlorke.
Handlungsbedarf sehen die Mitglieder unter anderem an verschiedenen Stellen in Altenburg. So habe der Bürgersteig in Altenburg zur Behindertenwerkstatt keine Absenkungen, auch oberhalb der Pizzeria fehle eine, die dann zusätzlich durch Lichtreflektoren gekennzeichnet werden müssten.
Ein Blick in die Sitzung des Vereins „Barrierefreie Stadt Alsfeld“
Doch ganz besonders verärgert sind sie darüber, dass seit langer Zeit am Ortseingang von Altenburg bei der Ampel ein Wohnmobil auf dem Bürgersteig stehe, dort den Weg blockiere. „Es muss weg und es muss gehandelt werden. Der Zustand ist nicht tragbar“, betonte Herrmann. Der Fußgängerüberweg müsse frei gehalten werden. Hier sehen die Vereinsmitglieder die Stadt in der Verantwortung.
Bürgersteig beim ehemaligen BGS-Gelände
Josef Strack machte auf ein großes Problem in unmittelbarer Nähe zu seinem Zuhause aufmerksam – und zwar der Bürgersteig beim ehemaligen BGS-Gelände. „Der Gehweg ist so zugewuchert, man kann ihn nicht benutzen, weder mit Rollstuhl oder Kinderwagen und er ist auch nirgends abgesenkt“, erzählte er verärgert. Deswegen könne er ihn mit seinem Elektro-Rollstuhl auch nicht benutzen, müsse auf der Straße fahren – und die würde von Autos teilweise als „Rennstrecke“ verwendet.
Der Bürgersteig beim BGS-Gelände.
So sei es vor wenigen Monaten auch zu einem schlimmen Unfall gekommen. Er sei angefahren worden, sein Hund bei dem Unfall gestorben. „Das ist passiert, weil ich den Gehweg nicht benutzen konnte“, betonte er. Auf dieses Problem mit dem Gehweg habe er schon mehrmals aufmerksam gemacht. Seit fünfeinhalb Jahren würde er bereits am Ringofen wohnen, kämpfe seit dessen und nichts sei passiert.
Josef Strack erzählte von dem Unfall, bei dem sein geliebter Vierbeiner sein Leben verlor. Hier auf dem Foto ist er mit seinem neuen Hund zu sehen.
„Wir müssen natürlich abklären, ob das städtisch oder privat ist“, so Schlorke. 2023 soll die Straße am Ringofen saniert werden, die Inklusionsbeauftragte versprach nachzufragen, ob im Zuge dessen nicht auch das Problem mit dem Gehweg behoben werden könnte. Zufrieden war Strack damit jedoch nicht wirklich, er wolle nicht noch „zwei weitere Jahre dafür kämpfen“.
Die Stadt bräuchte seiner Meinung nach doch nur eine Absenkung an zwei Stellen zu machen. „Eine Stadt hat die Aufgabe für die Sicherheit der Bürger zu sorgen, hier ist die Sicherheit nicht gegeben, die Stadt macht sich strafbar“, sagte Strack verärgert.
Gerlinde Grebe betonte diesbezüglich, dass die Absenkungen bei jeder Maßnahme berücksichtigt werden müssten – ebenso die dazugehörige Beleuchtung. Bei der Sanierung der Straße „Am Lieden“ sei das nämlich nicht der Fall gewesen. Dort fehle die Beleuchtung bei der Absenkung. Deshalb fordert der Verein in seiner Mängelliste, Lichtreflektoren anzubringen. „Es geht um die Sicherheit, nicht um Luxusgüter“, betonte Elisabeth Flegar.
Ein weiterer Punkt drehte sich um die Glasscheiben an Bushaltestellen, also an den Bushaltestellen-Häuschen, beispielsweise am Bahnhof. Hier schlug Gerlinde Grebe vor, diese durch matte Scheiben zu ersetzen, damit diese besser sichtbar werden, gerade auch für Menschen, die nicht gut sehen.
Das Glas an den Bushaltestellen soll sichtbarer werden.
Es sei schon öfter vorgekommen, dass Menschen die Glasscheiben nicht erkannt hätten und dann dagegen gelaufen seien. „Man könnte ja auch zum Beispiel Vögel-Sticker drankleben“, schlug Schlorke vor. Hierfür sei aber nicht die Stadt, sondern der Kreis zuständig, sie werde es aber weiterleiten. „Das Komplizierte sind immer die Zuständigkeiten“, erklärte die Inklusionsbeauftragte. Da müsse man wirklich ganz große Hürden nehmen.
Auch Marktplatz ein Thema
Gesprächs- und Handlungsbedarf gab es auch in Sachen Marktplatz. „Es ist nicht das Wunschergebnis, das verwirklicht wurde“, sagte Jürgen Großhaus im Bezug auf die Pflasterung des Marktplatzes. Doch in diesem Punkt ging es nicht um die Pflasterung per se, sondern darum, dass die barrierearme Pflasterung am Randbereich des Marktplatzes nicht blockiert wird, so wie es beispielsweise der Fall ist, wenn die Eisdiele mit Außengastronomie geöffnet hat.
Es war das zweite Treffen mit der Inklusionsbeauftragten Anita Schlorke.
„Gleiches gilt auch bei Märkten und Festen“, betonte Großhaus, der selbst eine Gehbehinderung hat. Dieser merkte zugleich noch an, dass wenn an Festen oder Markttagen der Marktplatz für Autos gesperrt ist, Menschen mit Gehbehinderung nicht in die Nähe des Marktplatzes kommen würden, aufgrund der dann fehlenden Behindertenparkplätze.
„Ich war nicht bei einem Feierabendmarkt“, erzählte er. Hoffnung habe er, wenn der Bereich am Kirchplatz fertig gestellt wird, dort liege zum Teil noch das alte Pflaster, wodurch der Weg zum Marktplatz erschwert würde. Enttäuscht sind die Mitglieder auch darüber, dass das Pflaster nicht so verlegt wurde, wie sie es sich gewünscht hatten.
Sie hatten dafür plädiert, die Steine auf dem Marktplatz und den Eingängen der Geschäfte aufeinander anzugleichen. „Das war ja auch unser Traum“, erkläre Flegar, ehe noch einige weitere Punkte besprochen wurden, die allesamt das gleiche Ziel haben: Mehr Sicherheit in Alsfeld, denn „auch Menschen mit Behinderung sollen das Recht haben, am öffentlichen Leben teilzunehmen“, wie Rolf Kister betonte.
Pflasterung ist für Rollstuhlfahrer oder auch für Gehbehinderte oder Rollatorfahrer ein Greuel und werden solche Flächen meiden das verstehen alle nur nicht die Politiker in Alsfeld.