Gesellschaft7

Im Gespräch mit Kirtorfs Bürgermeister Andreas Fey„Zur Transparenz gehört auch, zu sagen, wenn was nicht gut läuft“

KIRTORF (ls). Seit Februar 2019 ist Andreas Fey offiziell der neue Mann an Kirtorfs Spitze. Im Gespräch erzählt der Bürgermeister, was das Land mit dem Defizit im Haushalt zu tun hat, warum das Kirtorfer Wasser teurer ist als in anderen Vogelsberger Kommunen – und wie man das Beste aus der Situation machen kann.

Im Haushalt von Kirtorf klafft ein Loch. Rund 645.000 Euro fehlen, um das geplante Defizit auszugleichen. Die Planungen der vergangenen Jahre sind zu optimistisch gewesen, resümiert Kirtorfs Bürgermeister Andreas Fey. Seit 2019 ist Fey Bürgermeister von Kirtorf, übernahm nicht nur die Geschicke der Stadt, sondern auch das große Büro im Rathaus. Dort, an dem wuchtigen Besprechungstisch im rechten Teil des Raumes, sitzt Andreas Fey an diesem Tag. Zwei Jahre ist seine Amtseinführung jetzt her – und damit der Moment, in dem er Bürgermeisterurgestein Ulrich Künz nach 42 Jahren Amtszeit ablöste.

„Ich wurde positiv aufgenommen“, sagt Fey heute. Ab und zu werde er noch mit Künz verglichen, stören tut ihn das nicht. Jeder Bürgermeister habe seine eigene Art. Seine sei es – und das sei ihm schon vor der Wahl wichtig gewesen – möglichst bürgernah zu sein und mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. „Das ist besonders in Konfliktsituationen oder schwierigen Phasen ein guter Weg, um die Bürger einzufangen, und Konflikte möglichst offen anzugehen“, ist sich Fey sicher.

Mit schwierigen Phasen kennt sich der Kirtorfer Bürgermeister aus, denn in einer solchen befindet sich die Stadt aktuell, besonders mit Blick auf die Finanzen. Statt eines ausgeglichenen Haushalts müssen die Stadtverordneten in dieser Woche einen defizitären Haushaltplan für das Jahr verabschieden. Ein Minus von 645.000 Euro weist der Etat auf. „Das kann man nicht schönreden“, sagt Fey. Verheimlichen könne man es allerdings auch nicht. „Zur Transparenz gehört auch, zu sagen, wenn was nicht gut läuft“, erklärt der Bürgermeister. Man müsse offen sagen, was Sache ist.

In Kirtorf habe es auch in den vergangenen Jahren nicht immer eine ausgeglichene Planung gegeben, das sei allerdings nicht immer direkt offen kommuniziert worden. Im Allgemeinen sei seiner Meinung nach in den vergangenen Jahren zu positiv geplant worden, die Annahmen hätten sich nicht immer erfüllt. „Dann greift man auf Rücklagen zurück. Die haben wir jetzt nicht mehr“, sagt Fey. Deshalb müsse man nun ein Haushaltssicherungskonzept erstellen, um zu zeigen, wie man das Defizit künftig abbauen kann. Eine Idee gibt es dabei bereits: Durch Windkraft sollen die Einnahmen gestärkt werden. Hier rechnet Fey ab 2023 mit Mehreinnahmen von etwa 180.000 Euro.

Blick auf das Kirtorfer Rathaus. Foto: ls

Die Corona-Pandemie hat auch Kirtorf übel mitgespielt, erzählt Fey. Das spiegele sich im Haushalt wider – und man habe schon absichtlich sehr lange mit der Planaufstellung gewartet. „Mir war hier wichtig, dass wir ein möglichst klares Bild bekommen.“ Die Zahlen sollten also möglichst genau und nah an der Realität sein. Dafür habe es etwas mehr Geduld bedurft.

Erhebliche Einbußen hat die Stadt durch die Einkommenssteuer zu verzeichnen und auch der Kommunalwald hat wegen Schäden durch Trockenheit und Käferbefall nicht ganz so viel abgeworfen, wie sonst. Allein diese Einbußen würden sich zusammen auf etwa 318.000 Euro belaufen. Hinzu kämen die Schlüsselzuweisungen des Landes, die geringer ausfallen würden als sonst.

„In 2019 hatten wir höhere Einnahmen durch die Gewerbesteuer als erwartet“, sagt Fey. Aus diesem Grund seien die Schlüsselzuwendungen des Landes gesunken. Genau dieses Thema hatte in den vergangenen Wochen zu einem öffentlichen Schlagabtausch mit dem Vogelsberger Landtagsabgeordneten Michael Ruhl geführt. Ruhl hatte bekannt gegeben, dass die Vogelsberger Kommunen durch den Corona-Kommunalpakt etwas mehr als 1,733 Millionen Euro aus dem Kommunalen Finanzausgleich bekommen – für Kirtorf seien es knapp 48.000 Euro mehr. „Da war ich etwas irritiert, weil das für den Bürger erst einmal sehr nett klingt, aber die Zahlen unter dem Strich nicht realistisch sind“, sagt Fey. Das könne er aus seiner Sicht den Bürgern so nicht sagen, wenn unter dem Strich mit allen Ausgaben und Ausgleichsprogrammen ein Minus von 186.000 Euro stehen bleibe.

„Am Ende zählt doch für den Bürger, was rauskommt. Wenn ich nur sage, was man erhält, dann ist das einfach zu kurz gefasst“, sagt Fey entschieden. Ruhl hingegen erklärte, dass es ein Fakt sei, dass Kirtorf ohne die Stabilisierung durch den KFA in 2021 dennoch rund 48.000 Euro weniger in der Kasse hätte.

Der größte Kostenschlucker der Stadt ist die Kita, erzählt Fey. Besonders die Betreuungssituation werde immer mehr zulasten der Kommunen geregelt, wenn auch das Land bezuschusse. „2015 hatten wir einen städtischen Zuschuss von 420.000 Euro, 2021 sind es 770.000 Euro bei Gesamtkosten von etwa einer Millionen Euro“, erklärt er. Während in anderen Bundesländern etwa zwei Drittel der Kosten vom Land übernommen werden, sei es in Hessen nicht einmal ein Drittel. So wie die Bereitstellung der Feuerwehr gehöre auch die Kita zu den Pflichtaufgaben einer Kommune.

Da würde ich mir einfach mehr Unterstützung vom Land wünschen

Fey wünscht sich mehr Hilfe vom Land. „Mich ärgern diese Kosten, die auf den Schultern der kleinen Kommunen lasten“, sagt er. Schon 2018 hat der Landesrechnungshof in seinem jährlichen Prüfbericht festgestellt, dass der ländliche Raum, und besonders zersiedelte Kommunen, einen erheblichen finanziellen Nachteil haben. Auch Kirtorf gehört zu einer sogenannten zersiedelten Kommune, sogar eine aus dem sogenannten Cluster 4. Im Grunde, so erklärt es Fey, heißt das, dass die Fläche groß sei und die Wege innerhalb der Kommune lang. Dadurch würden höhere Kosten bei der Instandhaltung der Straßen und im Wasser- und Kanalleitungsnetz entstehen, ebenso wie bei der Feuerwehr, wo jeder Ortsteil eine Ortsfeuerwehr vorweisen müsse, um die Rettungszeiten einzuhalten. „Da würde ich mir einfach mehr Unterstützung vom Land wünschen“, sagt er.

Die langen Wege im Wassernetz sind mitunter ursächlich für die hohen Wasser- und Abwassergebühren in der Kommune, allerdings nicht allein. „Es stimmt, dass wir höhere Wassergebühren haben. Das liegt daran, dass die Bürger dann allerdings bei der Instandhaltung und Sanierung der Leitungen nicht zur Tasche gebeten werden“, erklärt Fey. Wenn es also an die Sanierung geht – so wie jetzt im Bereich des Blauen Ecks geplant – dann müssen die Bürger dafür nicht zahlen, so wie es in anderen Kommunen der Fall ist. Auch bei Schäden am Leitungsnetz die Kirtorfer nicht direkt zahlen. Und ähnlich wie bei den Straßenbeträgen würden hier oftmals hohe Summen veranschlagt werden. Durch das System in Kirtorf mit seinen stabilen Wasser- und Abwassergebühren gelinge eine gute Langzeitkalkulation, sagt der Rathauschef. „Ich finde das bürgernah.“

Weiter Investitionen geplant

Trotz der angespannten Haushaltslage ist es Fey wichtig, weiterhin zu investieren. „Viele der geplanten Maßnahmen sind allerdings Pflichtaufgaben, die wir so oder so erfüllen müssen.“ Für den freiwilligen Bereich bleibe wenig übrig. Dennoch wolle man die Dorfgemeinschaftshäuser auf Vordermann bringen und auch die Ortsmitte in Wahlen, bei der es durch die Corona-Pandemie und auch verwaltungstechnischen Aufgaben zu Verzögerungen gekommen ist, soll angegangen werden. Mit den Ortsbeiräten wolle man nun, nachdem das Grundstück in 2020 in den Besitz der Stadt übergegangen ist, die Folgenutzug besprechen.

Kommunalwahl: Wohin geht Kirtorfs Reise in den nächsten Jahren?

Außerdem stehe die Wiedereröffnung des Schwimmbads in Heimertshausen an. Auf die Kritik, dass man ein solches Angebot nicht brauche, entgegnet Fey, dass man mit dem Schwimmbad ein attraktives Angebot schaffen wolle, vor allem um familienfreundlich zu bleiben. „Wir hatten Baugebiete ausgewiesen, die mittlerweile alle verkauft oder reserviert sind, vor allem von jungen Familien“, ergänzt er. Das sei ein gutes Zeichen und zeige, dass man in der Stadt gern lebe. Dazu gehöre aber auch weiterhin, dass sich Kirtorf weiterentwickelt – das schließe ein attraktives Angebot für Familien mit ein.

Damit einher geht für Fey vor allem ein Projekt, was in den kommenden Jahren im Fokus liegen wird: die Kirtöfer Höfe. Das Projekt sei eine große Herausforderung gewesen und sei es immer noch. Dennoch besitze es schon jetzt eine Strahlkraft nach außen. „Das ist natürlich eine große Investition in die Kernstadt, aber die muss es geben, um weiterhin attraktiv zu bleiben“, sagt Fey. Neben einer Apotheke und Ärzten soll bei dem Projekt auch Platz für Co-Working und ein Café als Treffpunkt eingeplant werden.

Und auch der Gleentalmarkt sei eine Anlaufstelle für die ganze Kommune, der einen Service für die Bürger bieten würde und auch ein Treffpunkt sei. „Normalerweise, also in Nicht-Corona-Zeiten, gibt es dort noch einen Imbiss.“ Das ist eines der von ihm umgesetzten Dinge, auf die Fey stolz ist – ebenso wie auf den Bürgerbus oder die „Kirtorf-App“, mit der man die Bürger transparent und schnell informieren könne. „Das gehört für mich zur Transparenz dazu und ist ein Stück Bürgernähe, was mir sehr am Herzen liegt.“

7 Gedanken zu “„Zur Transparenz gehört auch, zu sagen, wenn was nicht gut läuft“

  1. Der jetzige sehr sachlich wirkende Bürgermeister Herr Feyh, macht nach meiner Meinung gute Arbeit. Von der Verwaltung, speziell der beiden freundlichen Damen im Bürgerbüro habe ich einen guten Eindruck. Herr Feyh muss mit dem zurecht kommen, was der Schaumschläger Künz hinterlassen hat. Ein typischer CDU-Strippenzieher der nur auf sich und seine Vorteile schaut.

    24
    106
  2. Ol mach bitte die Kommentare dicht. Schrecklich. Man kann ja das gejammer und gemaule in den Kommentaren nicht mehr hören. Zum kotzen wenn es persönlich wird. Trefft euch auf dem Dorfplatz und tragt es da aus. Ach richtig mist geht ja nicht.

    34
    6
  3. Ich finde es schade dass die Kommentarfunktion für knallharte, populistisch anmutende Stimmungsmache missbraucht wird.

    Du hältst die Position des Bürgermeisters für fehlbesetzt. Das ist zunächst eine Meinung und das ist auch als solche zu akzeptieren.

    Deine Argumentation kann ich allerdings in keinem der Punkte nachvollziehen.

    1. Schwimmbad braucht keiner; Das halte ich für eine Einzelmeinung bzw. ist es offensichtlich, dass hier nicht die Gesamtheit der Gemeinde der gleiche Meinung sein kann, da nicht jeder das Schwimmbad gleichermaßen nutzt. Wie Herr Fey herausgestellt hat, ist das Schwimmbad wichtig zum Erhalt der Attraktivität einer kleinen Gemeinde, die das Potential besitzt auf lange Sicht dem demografischen Wandel zu trotzen und von der langsam wahrzunehmenden Umkehr dieses Prozesses profitieren zu können. Es wäre fatal diese Chance zu verspielen. Das Schwimmbad kann hierzu einen Beitrag Leisten. Zudem sollte beachtet werden wie ausgelastet das Schwimmbad im Sommer tatsächlich ist, der Bedarf scheint also faktisch zu bestehen. Als Bürgermeister trägt Herr Fey die Verantwortung, das Interesse der Gemeinde im Blick zu behalten, auch auf längere Entwicklungszeiträume!

    2. Zu viel Windkraft; Die Windkraft ist eine der wenigen Einnahmequellen, die unserer Kommune zur Verfügung stehen. Egal welche Besetzung wir im Rathaus hätten, niemand hätte von einem weiteren Ausbau absehen können. Die Frage ist nur zu welchen vertraglichen Konditionen dieser stattfindet. Du möchtest eine Initiative Gründe, das steht dir frei. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass dies nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Vielleicht ist dem ein oder Anderen trotz mehrfacher Information auf unterschiedlichen Wegen (Homepage, Amtsblatt, etc.) entgangen, dass aus dem Rathaus aufgefordert wurde Bedenken bezüglich des Ausbaus an die Stadt zu richten. Zusätzlich gab es eine Bürgerversammlung, bei der kaum Einwände vorgetragen wurden. Ich finde gut, dass diese Möglichkeiten geschaffen wurden. Die Entscheidung wurde zudem von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, welche meines Wissens nicht ausschließlich aus SPD besteht!

    3. Ordnungsbehörde nicht im Griff; Zunächst eine lose Behauptung. Bevor jemand diesem Argument glauben schenkt sollten hier konkrete Beispiele genannt werden, welche diese Behauptung stützen. Meinem Eindruck nach ist Kirtorf, ich kann hier nur für die Kernstadt sprechen, bisher nicht im Chaos versunken ;) .

    4. Neue Beamtenstelle geschaffen; Auch hier kann ich nicht genau nachvollziehen um welche Stelle es sich genau handeln soll. Es gilt allerdings auch; neue Stellen werden nicht vom Bürgermeister alleine geschaffen, sondern müssen von den Stadtverordneten bewilligt werden.

    Ich kann also kein gravierenden Fehler unseres Bürgermeisters erkennen, die auf eine Fehlbesetzung hindeuten.

    Ich freue mich auf deine Antwort, in der deine Kritik nochmals etwas ausführlicher beleuchtet wird.

    62
    2
    1. Endlich ein sachlicher und gut ausformulierter Kommentar. Damit haben Sie gezeigt wie es besser geht. Vielen Dank dafür.

      36
      1
  4. Dieser Mann an der Spitze eine große Fehlbesetzung. Die Wahlen zum BGM sind ja nur noch ein paar Jahre hin…

    Bei klammern Kassen an Projekten wie Schwimmbad festhalten Wahnsinn!!!Braucht keiner das Ding. Hier hat der Bauhof Monate verbracht für die Renovierung und eine 100% Förderung von Land gibt es nie! Das sind alles Steuergelder!

    Noch mehr Windkraft in unserem Wald sehr schön!!! Haben ja erst ein paar wenige Anlagen….. Ohne mich eine Initiative wird schon gestartet!

    Herr Fey hat keinen durchblick bei den Ortschaften. Hat seine Verwaltung nicht im Griff das Ordnungsamt bekommt nichts geregelt. Aber Hauptsache neue Beamtenstelle geschaffen!! Abwahl der SPD! Im Parlament wird es hoffentlich noch weniger und danach dann ein BGM der was kann. Der neue in Feldatal wäre was für Kirtorf kommt auch aus der Gemeinde.

    56
    79
    1. Ja es reicht. Sie haben schon genug Unsinn verzapft. Gut das man an de Muster erkennt wer es sein könnte. Sorry so einen wahlkampf will keine sau hören. Bei allem ist auch die fwg CDU beteiligt. Gut das die Leute es wissen.

      Kann ja nur ein Insider sein. Ach richtig, da war ja was.

      Das Schwimmbad geht noch auf Künz zurück. Und jetzt mal eine Frage: Was hätte FWG/CDU gemacht, wenn er es gestoppt hätte?
      FINDE ES GUT DAS ES DAS WEITERHIN NOCH GIBT. Mal nachgedacht das bei klammen Kassen nur das streichen auch den Tod einer Kommune bedeutet?

      45
      2
    2. Was ein Schwachsinn „Ja keine SPD“! Ich hoffe zumindest, dass sie bei der nächsten BGM Wahl antreten, denn soviel Vertrauen habe ich in die Kirtorfer – SIE würde bestimmt keine Wahl gewinnen.

      Mein Vorredner hat es schon auf den Punkt gebracht. Letztendlich muss sich Herr Fey mit dem rum ärgern, was ihm sein Vorgänger gemeinsam mit der FWG CDU (zumeist mit Stimmen der SPD) eingebrockt hat. Uli Künz war es doch, der mit der Sanierung des Freibades Bürgermeister Wahl Kampf gemacht hat, obwohl er nicht einmal zur Wahl stand. Und Beamtenstellen hat fey auch nicht hergestellt.

      Ich denke das wissen Sie auch – letztendlich wieder mal ein erbärmlicher Versuch Stimmung gegen Fey zu machen. Viele CDUler haben seit der verlorenen Bgm-Wahl ihr wahres Gesicht gezeigt. Ich hab meine Konsequenz darausgezogen und bei der Briefwahl mein Listenkreuz der SPD geschenkt. Die Liste ist zwar auch nicht überzeugend – aber die Machenschaft der CDU will ich nicht weiter unterstützen.

      43
      100

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren