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Hitzige Diskussionen im Kreistag um Zukunft der Vogelsberger InfrastrukturJa zur „neuen B254“ und ja zum Ausbau der A49

VOGELSBERG (tsz). Wer dachte, Politik sei langweilig, konnte beim Kreistag am Montag im Romröder Bürgerhaus eines Besseren belehrt werden. Permanente Zwischenrufe und Scharmützel unter den Fraktionen prägten die Sitzung. Aufgrund der hitzigen Diskussionen schaffte man nur die Hälfte der Tagesordnung, darunter aber auch Langzeitthemen wie der Weiterbau der A49 und die „neue B254“.

Mit noch gelassener Stimmung widmete man sich der Neuvergabe einiger Ausschusssitze im Kreis. Nachdem drei AfD-Mitglieder ihr Mandat im Kreistag niederlegten und nur zwei Personen, Heike und Holger Doktorowski, nachrutschten, musste mit einer Person weniger im Kreistag auch die Anzahl der Ausschussmitglieder angepasst werden. Darüber, wer die freien Sitze bekommt, wurde schließlich im Losverfahren entschieden. Daraufhin konnten sich die Freien Wähler über mehr Einfluss freuen: Sie erhalten jeweils einen Sitz mehr im Finanz-, im Schul- und im Bauausschuss. Im Jugendausschuss bekommt die Linke den freigewordenen Platz. Die Gründe für das Ausscheiden der AfD-Mitglieder wurden nicht erörtert.

Kreis möchte mehr lokalen Einfluss im Denkmalschutz

Hitzig wurde es dann bereits bei einem Antrag der CDU und SPD zum Thema Denkmalschutz. Die beiden Fraktionen fordern den hessischen Landtag dabei auf, bei unstimmigen Genehmigungsverfahren die Entscheidung der Unteren Denkmalschutzbehörde allein geltend zu machen, ohne eine Weisung der oberen Behörde einzuholen. Sprich: Im Denkmalschutz wollen die beiden Fraktionen die Entscheidungsgewalt der lokalen Ebene fördern. Damit möchte man dem entgegen wirken, dass die Genehmigungen für Sanierungen oder Abrisse „faktisch nicht mehr vor Ort getroffen“ werden, so hieß es in dem Antrag.

Scharfe Kritik gab es dazu direkt seitens der Linken, die in diesem Antrag nicht nur keinen Sinn sah, sondern ihn auch „Populismus pur“ nannte, wie Dietmar Schnell es formulierte. Für die Linke hat der Antra nur eine Vereinfachung des Abrisses von Gebäuden durch den Kreis als Ziel, da in so einem Falle die endgültige Entscheidung bei Landrat Manfred Görig liege. Rückenwind bekamen die Linken dabei von den Grünen, die ebenso das Risiko ansteigender Abrisse sehen. Udo Ornik, Fraktionsvorsitzender der Grünen, hoffte dabei, dass man in Zukunft keinen „Dynamit-Manfred“ erwarten müsse, in Anlehnung an den ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeister Rudi Arndt. Den fürchtet aber gerade Michael Riese von der Linken: „Am Ende müsste der Landrat über Abrisse entscheiden, und alleine das ist ein Grund, nicht für die Resolution zu stimmen“.

Kein „Dynamit-Manfred“: Landrat Görig sprich sich für einen abgewogenen Denkmalschutz aus. Fotos: tsz

Unterstützend zur CDU und SPD meldeten sich die Freien Wähler, sowie die FDP zu Wort. „Wir finden den Schritt schon lange überflüssig, die Freien Wähler waren ja schon immer dafür, Verwaltungsstrukturen zu verschlanken“, unterstrichDieter Welke von den Freien Wählern die Position seiner Fraktion. Am Ende stimmte der Kreistag mit 45 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen und einer Enthaltung für die Resolution.

Weiterhin Rückenwind für Ausbau der A49

Ein weiteres, heiß diskutiertes Thema auf der Tagesordnung war ein Antrag von den Grünen und der Linken. Diese forderten mit einer Resolution den sofortigen Baustopp der A49, bis ein gesetzlicher Klimaschutzplan für die Bundesrepublik vorliege, in der auch der Straßenausbau in schutzwürdigen Waldgebieten geregelt ist. „Es muss zuerst ein passender Ausgleich geschaffen werden“, argumentiert Ornik. Nach der Ansicht der beiden Fraktionen sei das aktuell nicht gegeben und der weitere Ausbau deswegen nicht rechtskonform. Weiter betonte er, dass die Grünen im allgemeinen Gegen einen Ausbau der Autobahn seien.

Dagegen stellten sich sowohl die CDU, die SPD, als auch die FPD und die Freien Wähler. Eine großteilige Verlagerung des Verkehrs, wie ihn Ornik beispielsweise forderte, hielt Mario Döweling von der FDP für „lächerlich“. Vielmehr müsse man die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien vorantreiben und damit Lösungen schaffen, um die Umwelt und das Klima zu schützen. „Auch in Zukunft wird es Verkehrswege brauchen, die werden dann aber nicht zwingend mit Verbrennungsmotoren mehr sein“, unterstrich Döweling seine Aussage. Er fordere mit seiner Fraktion ein umweltverträgliches Wachstum, hält jedoch den Ausbau der Autobahn für sinnvoll und durch in den letzten Jahren gefällte Entscheidungen auch rechtlich fundiert.

Hitzige Diskussionen: Im Kreistag stoßen die Grünen auf scharft Kritik bei der Verkehrsplanung.

Der Position schloss sich auch Alsfelds CDU-Bürgermeister Stephan Paule an. „Was uns die A49 hier bietet ist eine Entlastung des Verkehrs und der Bewohner des Vogelsbergkreises“, sagte Paule. Die Fehler in der Planung, welche die Linken und die Grünen nun vorwerfen, sehe seine Fraktion wegen des bereits mehrfach gefallenen Beschlusses für den Ausbau nicht. „Außerdem bin ich der Meinung, dass wir damit im Besitz der Mehrheit sein“, argumentiert er in Richtung der Grünen. Es folgen wie oft an diesem Abend Zwischenrufe und sarkastisches Gelächter.

Letztlicht spricht sich auch Holger Doktorowski vertretend für die AfD für den Ausbau der Autobahn aus. „Das Klima können wir nicht schützen, aber die Umwelt. Und das am besten durch einen funktionierenden Verkehr ohne Staus“, ist dabei der Ansatz der AfD. Für ihn sind die Umweltaktivisten im Dannenröder Wald lediglich „Öko-Extremisten“, die so wie das Bündnis 90 die Bevölkerung versuchen würden zu manipulieren. „Tun Sie nicht so, als würden wir übermorgen sterben“, sagte er in Richtung der Autobahn-Gegner.

Holger Doktorowski sprach heute zum ersten Mal für die AfD im Kreistag.

Letztlich entschied sich der Kreistag gegen den Antrag zum Stopp des Ausbaus und für einen Antrag der CDU und SPD, welche mit einer Resolution den Weiterbau der A49 forderten. Eine nicht repräsentative Umfrage von Oberhessen-live ergab erst gestern, dass eine knappe Mehrheit von 57% der Befragten für einen Ausbau der Autobahn ist.

Empörung über Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir

Der letzte erreichte Punkt der Tagesordnung befasste sich schließlich mit der Ortsumgehung Wartenberg, auch genannt die „neue B254“. Dabei hatte zunächst ein Brief des hessischen Wirtschaftsministers Tarik Al-Wazir für Empörung gesorgt. In einem Schreiben an die Gemeinde Wartenberg sagte der Grünenpolitiker, dass die weitere Planung der Ortsumgehung nur dann mit hoher Priorität vorangetrieben werden könne, wenn sich die Gemeinde Wartenberg, die Stadt Lauterbach und der Kreis in ihrer Entscheidung einig wären. Zuletzt hatte die Gemeinde Wartenberg den Bau der Ortsumgehung abgelehnt.

„Ich bin doch sehr über dieses Schreiben, diesen Ritt auf der Rasierklinge, erstaunt“, beschrieb Paule seine Reaktion zu Al-Wazirs Schreiben. Das Land sei vom Bund mit dem Bau der Umgehungsstraße beauftragt worden, weswegen der Landesminister kein Recht für einen Aufschub habe. Dieser Meinung schließt sich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Weitzel an und beschreibt das Schreiben als Taschenspielertrick Al-Wazirs. „An dem Bau sind über hundert Institutionen beteiligt. Ob jetzt einer Nein sagt, das ist ein vollkommen neben der Sache liegender Belang“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Jens Mischak zu dem Thema. Das Abhängigmachen eines bereits beschlossenen und laufenden Verfahrens wirke für ihn, als würde sich der Minister gegen das Gesetz stellen.

Ein klares Zeichen an die Landesregierung setzen: Dr. Jens Mischak sprich sich für den Bau der Ortsumgehung aus.

Auch die SPD zeigt sich verärgert über die Haltung Al-Wazirs zur Ortsumgehung. „Noch im Mai 2018 hat Ministerpräsident Bouffier bei einer Veranstaltung in Wartenberg erklärt, dass das Land alles tun wird, damit die Umgehungsstraße gebaut wird. Anstatt diesem Versprechen auch Taten folgen zu lassen, stellt sein Verkehrsminister jetzt den kompletten Bau und damit Jahrzehnte der Planung in Frage“, erklärte die Partei in einer Pressemitteilung vor der Kreistagssitzung. Während der Sitzung unterstrich Günther Euler nochmal die Haltung der SPD „Durch Infrastruktur entstehen auch Arbeitsplätze. Außerdem können wir mir der Umgehung die Gefährdung durch LKWs reduzieren“, argumentierte er.

Gegenwind kommt dabei wieder von der Linken und den Grünen. „Die Ortsumgehung ist eine Sackgasse für Wartenberg“ argumentiert Dietmar Schnell, der zwar Verständnis für die Anwohner zeigte, aber die Lösung in Form der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schienen sieht. Besonders den Flächenverbrauch sah Ornik bei dem Projekt als Problem: „Wir müssen die Notbremse ziehen, wir haben keine Flächen mehr“, sagte er.

„Wenn Sie sagen, es ist schwer dem Kollegen von der AfD zuzuhören, Herr Ornik. Ihnen ist es genau so schwer, zuzuhören“, wies Görig die Kritik der Grünen zurück und sagte, dass es für Ansiedlungen und ähnliches noch genügend Flächen gebe. Vielmehr benötige es eine funktionierende Infrastruktur, um die Wirtschaft und damit die Finanzierung des von den Grünen geforderten Umweltschutzes zu ermöglich: „Wenn wir die Wirtschaft abwürgen, dann haben wir für alles, was sie fordern, keinen Cent mehr“, richtet Görig direkt gegen Ornik. „Hören Sie auf zu Reden, sie machen es nicht besser“, ist als ein Zwischenruf der Grünen zu hören.

Ein deutliches Zeichen setzt der Kreistag am Ende für die Ortsumgehung Wartenberg. Sowohl SPD, CDU, FDP, AfD und die Freien Wähler stimmen für die „neue B254“, die Grünen und die Linke stimmten dagegen. Auch unter den Nein-Stimmen: Der Bürgermeister der Gemeinde Wartenberg Olaf Dahlmann, dessen Gemeindevertretung sich bereits gegen die Ortsumgehung aussprach.

6 Gedanken zu “Ja zur „neuen B254“ und ja zum Ausbau der A49

  1. Hallo Frau Bürgermeisterin Blum von Homberg!

    Schon erstaunlich wie schnell Sie bei der Abstimmung Pro A 49 die Hand
    hochreißen!
    Gehört eigentlich Dannenrod, Appenrod, Maulbach, Erbenhausen nicht zu
    Homberg?
    Regt sich eigentlich Ihr Gewissen nicht, wenn Sie diesen Ortsteilen für die Zukunft ihre Lebensqualität nehmen und eine Demarkationsline durch die Gemarkungen ziehen lassen. Wir haben diese Autobahn 40 Jahre nicht gebraucht!
    Das ist der Beweis dass wir sie auch jetzt nicht mehr brauchen!
    Was wir brauchen ist eine Wende in der Klimapolitik, so wie es uns die jungen Leute vormachen.
    Ich glaube Sie haben sich die Pläne nie genau angesehen, sonnst könnten Sie nachts nicht mehr ruhig schlafen. Diese monumentalen Bauwerke die
    auf dem letzten Teilstück entstehen sollen, kann sich ein Mensch nur sehr schwer vorstellen. Das große „Kotzen“ wird erst dann kommen wenn es vielleicht zu spät ist. Aber noch ist ja nicht gebaut! Und es bleibt zu hoffen dass es auch so bleibt! Kehren Sie um auf Ihrem Weg! Verlassen Sie ihn für eine bessere Zukunft!

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  2. Hallo,

    Entschuldigung, bei meinem Kommentar vom 12.11.2019 hat sich ein Tippfehler
    eingeschlichen. Ich habe versehentlich Herr Göring geschrieben. Mus natürlich G ö r i g heißen!

    Beste Grüße

  3. Die Untere Denkmalschutzbehörde soll allein entscheiden?
    Größter Fehler überhaupt. Denn unsere Unteredenkmalschutzbehörde sollte mehr von oben kontrolliert werden. So engstirnig wie die entscheiden. Einfache PV Anlagen für bessere Energiewende werden nicht einmal genehmigt.

    Da sind alle anderen Kreise weit aus besser. Aber dann wundern wenn hier keine Jungen Leute mehr bleiben wollen.

  4. Hallo,
    das 1. Mal in meinem Leben war ich bei einer Kreistagssitzung!
    Es war auch das letzte mal. Wegen der Grünen und der Linken hat sich der
    Besuch gelohnt. Wegen den anderen Fraktionen nicht! Herr Göring sollte sich mal hinterfragen ob er in der richtgen Partei ist, und ob er für den Posten
    eines Landrates geeignet ist. Ich werde ihn und seine Partei nicht mehr
    wählen! Ist der Mann schwach!

    1. Hallo Robin,

      Du sprichst mir aus dem Herzen.
      Ich habe manchmal den Eindruck
      Mischak ist Landrat.
      Sind die Vorgänge angesprochen
      Worden als Künz und die CDU
      Die A 49 angelehnt haben?
      Guter Beitrag vom dir!

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