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Eigentümer in Paderborn suchen nach passenden Ideen für das ArealWird aus dem Welle-Gelände ein Wohngebiet?

ALSFELD (jal). Wohnungen, wo Welle einst Möbel produzierte: Stephan Paule gefällt diese Idee. Doch der Alsfelder Bürgermeister und das Stadtparlament können nicht allein entscheiden, was mit dem verlassenen Firmengelände in der Nähe des Bahnhofs passieren soll. Alsfeld blickt deshalb nun gespannt nach Nordrhein-Westfalen.

An den Hallen steht noch palettenweise Material, doch gearbeitet wird hier nicht mehr. Ende März kam die schlechte Nachricht für die Mitarbeiter von Wellemöbel in Alsfeld. Die Firma mit Sitz in NRW war nicht mehr zu retten, das Werk in Alsfeld wurde dichtgemacht. Etwa 50 verbliebene Mitarbeiter, die vorher vergeblich auf ihr Geld gewartet hatten, wurden arbeitslos. Die Maschinen, mit denen sie hauptsächlich Möbel für Kinder- und Jugendzimmer produzierten, sind inzwischen verkauft, sagt der Insolvenzverwalter. Doch das Firmengelände ging nicht mit in die Insolvenzmasse ein. Das Areal gehörte nämlich nicht der abgewickelten Wellemöbel GmbH, sondern über eine weitere Gesellschaft der Welle Holding AG + Co. KG.

Die Sache ist also etwas kompliziert. Der Kern der Geschichte ist jedoch, dass aus einer Insolvenz des Traditionsunternehmens Welle in Paderborn 2003 zwei Gesellschaften hervorgingen. Die kleinere Wellemöbel Beteiligungs GmbH mit Sitz in Bad Lippspringe, die über die Wellemöbel GmbH auch das Werk in Alsfeld betrieb, und auf der anderen Seite die große Welle Holding in Paderborn, die immer noch existiert, Beteiligungen an mehreren Möbelproduzenten mit etwa 4500 Mitarbeitern hält und nach eigenem Bekunden einen Umsatz von gut 600 Millionen Euro erwirtschaftet.

Der Hof des Welle-Areals ist noch nicht komplett leergeräumt. Der Insolvenzverwalter soll die Gebäude „besenrein“ verlassen.

Beide Welle-Unternehmen, die sich seither nur noch den Namen teilten, agierten völlig unabhängig voneinander, bekamen unterschiedliche Besitzer. Es habe keinerlei Verflechtungen gegeben, sagt Franz-Gert Schlüting, Vorstandsmitglied der großen Welle Holding. Die Mutmaßung, die Besitzer der Pleite gegangenen Möbel-Firma in Alsfeld hätten durch ein cleveres Firmenkonstrukt die Alsfelder Immobilie vor einer Verwertung durch den Insolvenzverwalter bewahrt, sei daher falsch. „Wir sind von der Insolvenz nur insofern betroffen, dass wir einen Mieter verloren haben. Uns wäre es lieber gewesen, Wellemöbel hätte weiter existiert“, sagt Schlüting.

Doch was wird nun aus dem 30.000 Quadratmeter großen Areal, gleich oberhalb des Alsfelder Bahnhofs? Die Paderborner Besitzer waren bereits im Alsfelder Rathaus, um darüber zu diskutieren, Schlüting spricht von einem „sehr konstruktiven Gespräch“. Wenn alles passe, würde die Welle Holding das Gelände wieder vermieten, doch das hält er für unwahrscheinlich. „Ich denke, es wird daher auf einen Verkauf hinauslaufen.“ Seine Firma sei keine, die Geld in Gebäude investiere, um daraus etwas zu entwickeln. Und an einem zusätzlichen Produktionsstandort habe man keinen Bedarf, deswegen fällt die Idee flach, in Alsfeld einfach eine der eigenen Möbelfirmen einziehen zu lassen.

Paule sieht den Ball in Paderborn

Auch wenn derzeit „alles noch in der Schwebe ist“, scheint die Firma zumindest entschlossen zu sein, nicht an jeden „Hinz und Kunz“ verkaufen zu wollen, wie Schlüting es formuliert. „Es soll schon ein vernünftiges Konzept dahinter stehen“, sagt er.

Worte, die Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule bestimmt gerne hört. „Aus meiner persönlichen Sicht ist einiges vorstellbar“, sagt der CDU-Politiker, wenn man ihn nach seinem Wunsch für das Gelände fragt. „Neben einer weiteren gewerblichen Nutzung könnte dies auch eine Entwicklung zum Wohngebiet, gegebenenfalls in Verbindung mit Pendlerparkplätzen am Bahnhof sein, welche im Zuge des anstehenden barrierefreien Ausbaus des Bahnhofs auch über den Fußgängertunnel mit erschlossen werden könnten.“

Michael Riese, Chef der ALA-Fraktion, findet die Ideen des Bürgermeisters nicht schlecht, sagt er – und fügt an: „Aber uns fehlt gerade vor dem Hintergrund von Umwelt- und Klimaschutz ein Konzept. Wo soll was in der Stadt entstehen und wie wirkt die Stadt zukünftig stadtplanerisch auf Baubiologie und Klimaschutz ein?“

Am Zug sei jetzt erst mal die „Eigentümerin“, also die Welle Holding, gibt Paule derweil zu bedenken. Und somit wartet Alsfeld auf die Entscheidung aus Paderborn, um zu wissen, was mit dem Welle-Areal passieren wird.

8 Gedanken zu “Wird aus dem Welle-Gelände ein Wohngebiet?

  1. Wie wäre es mit einem „Mehrgenerationendorf“? Einbinden lässt sich vieles, z. B. kleiner Kindergarten, Arztpraxis, Wellness Bereich, Dorfplatz mit Bewirtschaftung uvm. Alt und jung helfen sich gegenseitig. Alternativ wäre auch das Bücking Gelände und die dort geplanten Büros auf die Welle Fläche.

  2. Auch wenn ich mich selbst nicht so als Protest-Bürger sehe, stimme ich dir vollkommen zu. Es ist schon sehr auffällig, dass in Alsfeld ein Mini-Grundstück nach dem anderen ausgeschrieben wird, während es andere Gemeinden rund herum schaffen, sehr schöne attraktive ländliche Grundstücke für Häuser mit Aussicht auszuschreiben .

    1. Da ja offensichtlich wegen der niedrigen Zinsen die Quote der Hauseigentümer rasant steigt, werden natürlich dringend neue Bauplätze rings um die alten Ortskerne benötigt, bevorzugt in landschaftlich schönster Lage, weil ja jeder die traumhafte und unverbaubare Aussicht genießen möchte.
      Die innerstädtischen alten Fachwerkhäuser und Gebäude verfallen ja sowieso, weil keiner diese alten Hütten in zentraler Lage haben will, die kann man also bald abreißen und stattdessen Ideenwertbewerbe ausloben, wie die dadurch frischgewonnenen Freiflächen am schönsten/sinnvollsten genutzt werden können.
      Sicherheitshalber angemerkt: Dieser Beitrag enthält Ironie/Sarkasmus/Zynismus, wahlweise auszusuchen.

      1. Um noch einen drauf zu setzen: Demnächst werden die Straßen durch die europaweit umher ziehenden Wegelagererbanden so unsicher wie im 30-jährigen Krieg. Dann werden die alten Stadtmauern wieder aufgebaut und ab 18:00 Uhr geht der Schlagbaum runter. Der von Raub und Diebstahl entnervte Bürger flüchtet sich von den Neubaugebieten wieder in die alten Fachwerkhäuser der wohl behüteten Innenstädte und geht dort traditionellen Gewerben nach. Der Nachtwächter wacht. Und der Türmer bläst zur vollen Stunde. Und vor den Toren der Stadt kontrollieren Drohnen die entvölkerten Freiflächen und schießen auf alles, was sich bewegt.

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  3. Na klar! Bevor im wunderschönen Umland von Alsfeld, zum Beispiel in Angenrod am Stausee, in Altenburg hinter dem Schlossberg oder in Lingelbach an den idyllischen Anhöhen Bauland ausgeschrieben wird, bemüht sich der werte Herr Bürgermeister lieber um das x-te unattraktive Baugebiet in Alsfeld.

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    1. Ich finde dieses Baugebiet leider sehr attraktiv.
      Es liegt zentral in Alsfeld und Wohnungen passen dort doch eindeutig besser als ein uralt Industrieareal was maximal zur Einlagerung von Grillanzünder taugt.

      1. Es geht mir doch darum, mal attraktive große Grundstücke für Familien auszuschreiben.

        Diese Chance wird hier mal wieder verpasst, da man sich nur auf Alsfeld fokussiert.

        Das mit denn Grillanzünder ist wohl Whataboutism der Extraklasse, Glückwunsch.

      2. Warum nicht? Ganz einfach: Es entstehen mal wieder keine attraktiven Flächen für Familien.

        Die möchten eben nicht zentral in Alsfeld, mit B49, B62, Zugstrecke und eine Horde assozialer Drogenabhängiger rund um das Gelände des Herkules auf einem Minigrundstück bauen.

        Aber klar, wenn man die Welt immer nur aus der eigenen Perspektive sieht, dann fragt man: warum nicht?

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