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CDU/UWA-Koalition und Bürgermeister Stephan Paule stellen künftige Planungen vorStadt Alsfeld schafft Straßenausbaubeiträge ab

ALSFELD (ls). Um es vorweg zu nehmen: Die Stadt Alsfeld schafft die Straßenausbaubeiträge ab – jedenfalls wenn es nach den Plänen der CDU/UWA-Koalition geht, die zusammen mit Bürgermeister Stephan Paule gemacht wurden. Damit würden der Stadt jährlich rund 260.000 Euro an Straßenbeiträgen der Anlieger fehlen. Doch auch dafür hat die Koalition einen Plan: Eine Gegenfinanzierung über ein Drei-Säulen-Modell.

Zwei Tage lang verbrachte die Alsfelder CDU/UWA-Koalition am vergangenen Wochenende auf gemeinsamer Klausurtagung. Im Vordergrund der Diskussionen: Die Straßenausbaubeiträge. Um es vorweg zu nehmen: Die Koalition und auch Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule wollen die Straßenausbaubeiträge für die Kommune abschaffen.

„Unser gemeinsames Ziel ist es, Alsfeld als familienfreundliche Stadt, als attraktiven Wohnort für Jung und Alt weiter zu stärken. Dazu gehört es auch, dass den Wohnraum attraktiver zu machen und das soll von uns entsprechend gefördert werden“, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Heinz gleich am Anfang der Pressekonferenz. Damit wolle man die Grundstückseigentümer deutlich entlasten.

Zum Hintergrund: Im Mai des vergangenen Jahres änderte die Landesregierung die gesetzlichen Bestimmungen über die Straßenausbaubeiträge von einer Soll-Bestimmung in eine Kann-Bestimmung und legte die Entscheidungsgewalt damit in die Hände der Kommune selbst. Das heißt: Wenn eine Straße saniert wird, kann die Kommune selbst bestimmen, ob die Grundstückseigentümer zur Kasse geben werden oder nicht. In Alsfeld war das der Fall. Seit der Gesetzesänderungen entstanden immer wieder Diskussionen um die Beiträge und besonders Gegner fordern die komplette Abschaffung. Auch für Alsfeld ist diese Forderung nicht neu. Ganz im Gegenteil: Mehrfach schon wurden seitens der Opposition die Abschaffung oder die Änderung hin zu wiederkehren Beiträgen gefordert.

Abschaffung werde Alsfeld attraktiver machen

„Die Forderungen kamen schon öfter auf, allerdings wurde nie ein Vorschlag zur Gegenfinanzierung gemacht. Wer die Beiträge abschaffen will, muss auch den Mut haben und eine Gegenfinanzierung vorschlagen. Als Bürgermeister einer Stadt, die von 1995 bis 2013 defizitär war, muss ich darauf achten, dass so etwas nicht mehr passiert“, erklärte Bürgermeister Paule und stellte damit das Dilemma der letzten Jahre dar. Er sehe zwar die Belastung der Bürger, doch die schuldenbelastete Stadt könne auf die Einnahmen durch die Straßenausbaubeiträge nicht verzichten.

Bürgermeister Paule hatte sich bereits im Dezember gemeinsam mit allen Vogelsberger Bürgermeistern im Rahmen einer Resolution an die Landesregierung gewendet. Er sehe die Bürger im ländlichen Raum deutlich benachteiligt, da besonders finanzschwache Kommunen im Gegensatz zu Ballungsräumen oftmals nicht auf die Erhebung der Beiträge verzichten können und die dann letztendlich aufgrund der schwächeren Struktur noch auf weniger Köpfe verteilt werden. Hier sehe er das Land in der Pflicht, den Kommunen angemessene Mittel zur Verfügung zu stellen, um dem Thema zu begegnen.

„Alsfeld hat von der IHK das Prädikat ‚ausgezeichneter Wohnraum‘ bekommen und mit über 20 verkauften Bauplätzen im letzten Jahr können wir von einem kleinen Bauboom sprechen“, führte Paule aus. Mit der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mache man Alsfeld wettbewerbsfähiger und fördere die Familien und den Bestand.

Drei-Säulen-Modell zur Gegenfinanzierung

„1996 wurden die Beiträge in Alsfeld eingeführt, doch jetzt haben sie keine Zukunft mehr, allerdings nur wenn eine entsprechende Gegenfinanzierung möglich ist“, erklärte der Rathauschef. Und eine Gegenfinanzierung sehen die Pläne der Koalition vor: Mit einem Drei-Säulen-Modell will man die künftig ausbleibenden Beiträge gegenfinanzieren. Der Investitionsplan der Stadt sieht in den nächsten zehn Jahren vor, dass bei Straßensanierungen insgesamt 2,6 Millionen Euro und damit jährlich 260.000 Euro Straßenausbaubeiträge von Anliegern hätte eingezogen werden müssen.

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Drei-Säulen-Modell zur Gegenfinanzierung: 

Säule 1: Einsparungen im Haushalt

Säule 2: Investitionsmodell der Stadt strecken

Säule 3: Einnahmen der Stadt verbessern

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Im Modell der Koalition soll das mit drei Säulen gegenfinanziert werden: Der Investitionsplan der Stadt soll gestreckt und angepasst werden, die Stadt will sparen und die Einnahmen sollen verbessert werden. Der Schwerpunkt soll allerdings auf den Einsparungen und den Anpassen der Investitionen liegen. Das heißt konkret: Bei städtischen Investitionen wie die Sanierung von städtischen Plätzen oder Gebäuden werden will man nicht mehr fünf Maßnahmen im Jahr machen, sondern weniger und bei den laufenden Kosten und freiwilligen Leistungen der Stadt wird gespart.

„Wir wollen uns natürlich auf die ersten beiden Säulen fokussieren und es könnte sein, dass das schon ausreicht, aber zur Ehrlichkeit gehört auch dazu, dass es sein kann, dass die Einnahmen verbessert werden müssen und die Steuern steigen. Das muss man ganz klar so sagen“, erklärte Paule dazu. Gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden machte er klar, dass auch eine Anhebung der Grundsteuer B denkbar wäre, wenn nichts anderes mehr möglich bleibe. Das könne aber erst bei der Aufstellung des Haushalts eingeschätzt werden, wenn alle Zahlen aus der Verwaltung vorliegen.

Eine weitere Hoffnung bleibe, doch auf die könne man sich nicht verlassen, wie CDU-Fraktionsvorsitzender Heinz erklärte: Ende 2019 läuft die Solidarpaktumlage für den Aufbau Ost ab. Da haben die hessischen Kommunen seit 1995 29 Prozent Gewerbesteuerumlage einbezahlt. „Dieses Geld gehört den Kommunen. Das Ansinnen des Landes, das Geld vollständig zu vereinnahmen, durchkreuzt die vielbeschworene kommunale Selbstverwaltung, die es mit der Gesetzesänderung letztes Jahr gab“, machte Paule deutlich. Konkret für Alsfeld wären das 500.000 Euro mit denen man die Abschaffung der Straßenbeiträge finanzieren hätte können. Doch die Hoffnung, dass die Kommune das Geld zurück bekomme – wenigstens in Teilen – sei gering.

Gerechtigkeit durch Gegenfinanzierung

Dennoch, Alsfeld wolle es versuchen und will sich auch daran versuchen, bereits gezahlte oder ausstehende Straßenausbaubeiträge wenigstens zum Teil zurückzuerstatten, um Gerechtigkeit zu schaffen. „Einen anderen Weg sehen wir hier nicht, um Gerechtigkeit zu schaffen“, erklärte UWA-Fraktionsvorsitzender Martin Räther. Seit der Einführung 1996 wurden für 18 Maßnahmen innerhalb von 22 Jahren etwa 1,8 Millionen Euro an Straßenausbaubeiträgen abgerechnet, weitere vier Maßnahmen sind bereits gebaut, aber noch nicht abgerechnet. Übrigens: Die erste Maßnahme, wo die Bürger zur Kasse gebeten wurde, folgte erst 2002 bei der Sanierung des Burgmauerweges.

Eine Rückerstattung sieht die geltende Rechtslage derzeit allerdings nicht vor, doch man wolle sich bemühen und juristisch prüfen lassen. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nur eine politische Willenserklärung weil es die Rechtslage aktuell noch nicht zulässt. Wir wollen es aber auf jeden Fall prüfen lassen“, erklärte Heinz. In einer ähnlichen Sache klage die Stadt Limburg derzeit vor dem Hessischen Verwaltungsgericht – das Urteil werde die Richtung zeigen. Versprechen könne man aber bislang noch nichts.

22 Jahre nach der Einführung der Straßenausbaubeiträge wird die Stadt die Beiträge nun wieder abschaffen. Die letzte Hürde ist allerdings noch nicht genommen: Zunächst muss der Antrag der Alsfelder Stadtverordnetenversammlung Stand halten und dort auf Zustimmung treffen. Eins machte Paule dann am Ende aber doch nochmal deutlich: Es sei nicht die erste Klausurtagung, auf der man über das Thema spreche, aber der positive Haushalt der letzten Jahre zeige, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um den Schritt zu gehen.

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