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Portraitaktion „Wir sind Alsfeld" - Heute mit: Petra Koblischek - Inhaberin „Zum Schwalbennest“„Egal was kommt, das lächeln wir einfach weg“

SONDERTHEMA|ALSFELD (bk). Petra Koblischek und ihr Bruder Claus Schreiner haben einen harten Weg hinter sich. Denn nicht immer ist alles Gold was glänzt. Gerade in der Gastronomie hat man mit allerhand Komplikationen zu kämpfen und manchmal schlägt das Schicksal härter zu, als man verkraften kann. Dennoch steht das Hotel „Zum Schwalbennest“ noch und lädt Gäste zum Verweilen ein.

In Alsfeld gibt es viele Geschäfte. Ein Fakt, den man so stehen lassen könnte, wenn nicht viele der Unternehmen eins gemeinsam hätten: Bekannte Gesichter – auch „Chefs“ genannt. Die meisten teilnehmenden Unternehmen von Erlebnis.Alsfeld haben diesen gewissen Charme eben genau wegen ihrer Persönlichkeiten die Ihnen innewohnen. Selbst wenn man den Namen nicht kennt, so grüßt man sie doch auf der Straße, wenn man ihnen begegnet – einfach, weil sie sind, wie sie sind.

Erlebnis.Alsfeld wagt in Zusammenarbeit mit Oberhessen-live und merciPhotography einen Blick hinter die Unternehmensfassaden und holt den Menschen zurück in den Vordergrund. Denn ohne den Gründer oder Besitzer des jeweiligen Unternehmens gebe es dieses vermutlich gar nicht. Sie machen das Einkaufen in Alsfeld zu etwas Besonderem. Sei es durch ihre freundliche, charmante Art, oder durch ihr kompetentes Fachwissen – „Wir sind Alsfeld“ zeigt die Unternehmer, wie man sie normalerweise nicht zu sehen bekommt und wirft einen Blick zurück in die manchmal kuriose Vergangenheit der Unternehmer.

Petra Koblischek, Inhaberin „Zum Schwalbennest“

Durch einen Schicksalsschlag mussten die in Alsfeld geborene Petra Koblischek und ihr Bruder Claus Schreiner rasch zum Unternehmer werden. Nachdem beide Elternteile innerhalb von drei Jahren verstarben, blieb den Kindern keine andere Wahl. „Da hieß es Hund friss oder stirb“, erzählt die Inhaberin vom Hotel „Zum Schwalbennest“, die das Geschäft gemeinsam mit ihrem Bruder führt.

Gegründet wurde das Unternehmen 1968 von ihren Eltern Karl und Lore Schreiner. Den Grundstein legten sie aber schon früher. Denn während Karl Schreiner jahrelang als Postbeamter arbeitete, war seine Frau Lore als klassische Hausfrau tätig, wie man sie heutzutage ja kaum noch antrifft. Nebenbei betrieb die Mutter einen kleinen ‚Tante-Emma-Laden‘ für Beamte. Das reichte dem strebsamen Vater irgendwann nicht mehr und er entschied noch etwas ‚nebenher‘ zu machen. Also eröffnete er einen Getränkevertrieb.

Doch auch das reichte nicht und Karl Schreiner wollte mehr. So verkaufte die Familie das neugebaute Haus im Musikerviertel und kaufte sich 1968 den damaligen Bauernhof im Pfarrwiesenweg. Es wurde sogar sofort mit dem Umbau begonnen. „Beim Umbau wurden viele Schwalbennester entdeckt, wodurch sich dann gleich der Name ergab. Zwar waren die Nester nach dem Umbau weg, aber der Name soll an sie erinnern“, erzählt Petra Koblischek.

Auch große Betriebe werden Stein auf Stein gebaut

Als erstes eröffnete der Vater in den neuen Räumen eine Kneipe – den heutigen Nesthocker. Auch der Getränkehandel war mit umgezogen. Für ihn wurde sogar eine eigene Halle gebaut – die heute als Veranstaltungssaal dient. Nach einer weile wurde der Getränkehandel dann nämlich direkt abgeschafft und „Papa meinte: ‚Ein paar Hotelzimmer wären auch nicht schlecht‘. Also wurden ratzi-fatzi Zimmer gebaut“, erzählt Koblischek. Da die Zimmer für „einen Bus“ voller Gäste nicht reichen würden, kamen neue dazu und da „zwei Busse auch schön wären“, wurde das Haus erneut erweitert. „So wurde immer drangebaut, draufgebaut, zugekauft miteinander verbunden und nochmal aufgestockt, bis es schließlich so war, wie es heute ist. Es hat sich immer weiterentwickelt.“

Petra Koblischek hatte sich schon direkt für eine Ausbildung in die Hotelrichtung entschieden. So machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau, eine zweite zur Hotelfachfrau und eine Ausbildung zur Lohnbuchhalterin. 1994 stiegen sie und ihr Bruder Claus Schreiner ins Familiengeschäft ein, nachdem sie auch zuvor schon immer wieder geholfen hatten. Auch Claus Schreiner hatte seine Ausbildungsberufe exakt im Sinne des Betriebs ausgerichtet und lernte Metzger und Koch. So waren die Kinder perfekt für eine spätere Geschäftsübernahme gerüstet.

Mitarbeiter sind ein unersetzliches Gut

Doch gerade einmal ein Jahr später schlug das Schicksal zu: 1995 verstarb die Mutter im Alter von gerade einmal 63 Jahren und 1998 der Vater im Alter von 68 Jahren. „Sie waren beide noch relativ Jung. Das war so schlimm und von da an hatten wir das Hotel am Backen“, sagt sie und wirkt wie eine Frau, die zu schnell hatte erwachsen werden müssen.

Um die Verantwortung für insgesamt 27 Mitarbeiter – wovon zehn Festangestellte sind – ist sie nun wirklich nicht zu beneiden. Doch ihr Credo ist klar: „Sei immer gut zu deinem Personal. Ohne Personal bist du ein nichts. Denn es geht nicht ohne. Wir sind von ihnen abhängig, dass ist einfach so“, sagt sie voller Überzeugung und ist sichtlich froh ihre Leute zu haben.

Ohne ihre Mitarbeiterin wäre es an Pfingstsamstag auch sicher nicht so glimpflich ausgegangen: Zwei Jugendliche versuchten das Hotel nämlich zu überfallen, als Koblischek sie auf frischer Tat ertappte. „So etwas lasse ich mir ungern gefallen, denn was mir ist, ist mir. Außerdem waren das zwei Bübchen“, scherzt sie. Die Täter der eine 16, der andere 18 Jahre waren unbewaffnet, weshalb Koblischek eingriff und die beiden Täter am Schlafittchen packte. „Da war ich mutig. Hatte aber ein Problem, denn ich hatte keine Hand mehr frei um die Polizei anzurufen.“ Hier kommt die Mitarbeiterin ins Spiel, die auf dem Fernseher im Obergeschoss sah, dass ihre Chefin in der Bredouille sitzt. Blitzschnell eilte sie ihr zur Hilfe und rief die Ordnungshüter an.

Wünsche sind und bleiben nicht alle erfüllbar

„Man darf in diesem Beruf einfach kein Duckmäuschen sein“, erklärt Koblischek selbstbewusst und fügt hinzu: „Man muss sich zu helfen und auch zur wehren wissen. Notfalls muss man auch improvisieren können.“ Das ist das Stichwort, denn gerade im Bereich Kundenumgang haben sie und ihr Team es nicht immer leicht, wobei Koblischek heutzutage, dank dem stetig gestiegenem Papierkram, immer weniger Zeit für die Gäste bleibt. „Alle Wünsche kann man nun mal nicht erfüllen“, seufzt sie und berichtet von Kunden, die über den Kaffee schimpfen, weil er zu stark ist. Anderen sei er zu schwach und wieder andere loben ihn als „besten Kaffee überhaupt“. „Aber das ist nicht schlimm. Das lächeln wir einfach weg“, strahlt sie und zeig ihr bestes Lächeln. Da wird sich entschuldigt, dem Kunden rechtgegeben und gelächelt, etwas anderes bleibt im Dienstleistungsgewerbe auch nicht übrig.

Wenn Koblischek an die Zukunft denkt, wird ihr doch ein wenig schwummerig. „Ich möchte nicht unbedingt noch mit 80 hier rumoxidieren. In naher Zukunft möchte ich gerne in Rente. Nachdem ich das nun seit 45 Jahren mache, möchte ich mich auch irgendwann mal zur Ruhe setzen.“ Doch da hat sie ein kleines Problem, denn einen Nachfolger gibt es nicht. Ihre Kinder sind betriebsfremd und ein Verkauf birgt Risiken für die Zukunft ihres Bruders. Was die Zukunft nun bringt, wird die Zeit zeigen. Frei nach Koblischeks Motto: „Gib immer dein Bestes. Bei manchen Leuten ist das dann zwar immer noch nicht gut genug, aber hey – das lächeln wir doch einfach weg.“

6 Gedanken zu “„Egal was kommt, das lächeln wir einfach weg“

  1. Als ehemalige Nachbarn aus dem Musikerviertel erinnern wir uns gerne an dich und deine tatkräftigen Eltern, besonders an den Laden deiner lieben Mutter. Als Kind erschien er mir riesig. Greet und Heta

  2. Hallo Petra u. natürlich auch Claus,
    kommen immer wieder gerne zu Euch ins Schwalbennest. Gutes Essen, nette, freundliche Bedienungen und Du nimmst dir, trotzt Deiner vielen Arbeit, immer ein paar Minuten Zeit für ein kleines „Schwätzchen“.
    Macht weiter so.
    Hansi u. Edeltraud

  3. Sehr gutes Essen tolle Bewirtung ist halt ein echter Alsfelder Betrieb. Bin mit meiner Frau immer gerne bei euch vor allem wegen dem Weltklasse Biergarten!

  4. „Zwei Jugendliche versuchten das Hotel nämlich zu überfallen, als Koblischek sie auf frischer Tat ertappte. „So etwas lasse ich mir ungern gefallen, denn was mir ist, ist mir. Außerdem waren das zwei Bübchen“, scherzt sie. Die Täter der eine 16, der andere 18 Jahre waren unbewaffnet, weshalb Koblischek eingriff und die beiden Täter am Schlafittchen packte.“
    Schlimm genug, dass sowas mittlerweile auch hier bei uns auf dem Land zum Alltag gehört und weiß Gott nicht immer so glimpflich abgeht! Die Chance, dabei auf irgendwelche Irren und Gestörten zu geraten, die in solchen Situationen austicken und einem ein Messer in den Leib rammen, wird leider zunehmend größer. Und während das Opfer sein Lebtag traumatisiert ist und sich mit den häufig erheblichen Verletzungsfolgen abquälen darf, findet drei Jahre später eine „Jugend“-Gerichtsverhandlung statt und die Täter erhalten 25 Sozialstunden.

  5. Toller Bericht, ich sehe Petra vor mir, wie sie die Fragen beantwortet. Sie ist eine selbstbewusste, starke Frau, die voll in Ihrem Beruf aufgeht und mit Sicherheit eine gute Chefin ist. Petra behalte Deinen Humor, damit wir noch oft zusammen lachen können.

  6. Claus, bester Mann! Mach weiter so. Kenne niemanden, der den Rücken durchdrückt und den Blick so aufrecht hält, auch wenn es mal schwierig wird. Weiter so!

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