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Der Scherzmarkt in Treysa war gut besucht - ein Marktschreier erzähltGewusel um die Stände im dicken Dezembernebel

TREYSA (jal). „Aaaaaahr! Das is’ doch was hier!“, brüllt Jürgen Weber in Richtung des Objektivs und wedelt mit einem Bündel Wattwürmer, Stück 60 Cent, vor der Kamera herum. Wattwürmer, so nennt er seine würzigen Pfefferbeißer. Jürgen Weber ist einer von gut 250 Händlern, die am Montag auf dem Scherzmarkt in Treysa die Gassen des Schwälmer Städtchens säumten.

„Gelernt ist eben gelernt“, sagt Jürgen Weber, Rentner und im Nebenberuf Marktschreier mit Leidenschaft. Er tourt mit 78 immer noch durch die gesamte Republik, um Waren anzupreisen – im Auftrag der Händler, die ihn mieten können. Weber sagt dazu aber nicht verkaufen, sondern „drücken“. Mal drückt er auf Aal, mal auf Käse und manchmal eben auf Wurst aus Norddeutschland. Er hat sein Handwerk nicht nur gelernt, er ist darin sogar ausgezeichnet. Bereits zwei Mal ist der Düsseldorfer zum besten Marktschreier Deutschlands gekürt worden, erzählt er.

Eine Kunst, die immer noch hohen Unterhaltungswert hat, aber längst keine Absatzgarantie mehr ist. „Die Leute kaufen nicht mehr auf den Märkten“, sagt Weber. Die Kunden würden zu sehr auf den Preis schauen. Dabei biete er doch für gutes Geld auch gute Qualität.

Ist ein echter Verkaufsprofi: Marktschreier Jürgen Weber versucht lauthals in Treysa seine "Wattwürmer" unters Volk zu bringen. Seine Frau Karin hält sich dabei lieber die Ohren zu.

Ist ein echter Verkaufsprofi: Marktschreier Jürgen Weber versucht lauthals in Treysa seine „Wattwürmer“ unters Volk zu bringen. Seine Frau Karin hält sich dabei lieber die Ohren zu.

Auch wenn der Verkaufsprofi mit VWL-Studium in der Tasche mit dem Umsatz in Treysa nicht zufrieden war, so war der Scherzmarkt doch sehr gut besucht – und das trotz dicken Dezembernebels und für diesen Winter frische vier Grad. In den Straßen der Innenstadt ließ sich alles finden, was sich rund um Haushalt, Speisekammer und Kleiderschrank gebrauchen lässt. Schaals, Pullover, Taschenlampen, Stracke, Käsehobel und natürlich jede Menge zum Putzen, Schrubben und Wienern.

Alles zum Schrubben und Polieren: Reinigungsmittel aller Art gab es auf dem Schwertmarkt zu finden.

Alles zum Schrubben und Polieren: Reinigungsmittel aller Art gab es auf dem Schwertmarkt zu finden.

Woher der für außenstehende verwirrende Name des Martes kommt, erklärt Schwalmstadt auf seiner Internetseite: „Der Scherzmarkt gehört zu den schon im 16. Jahrhundert urkundlich belegten Märkten in Treysa. Ihm wird von alters her in der Schwalm ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Er findet in der Zeit „zwischen den Jahren“ statt. Nach altem Brauch war dies auch der Zeitraum, in dem das Dienstpersonal die Arbeitsstätte wechseln konnte (= scherzen). Bis in die heutige Zeit übt der Scherzmarkt auf die Bevölkerung stets eine besondere Anziehungskraft aus.“

Nicht nur  Nützliches, sondern auch schönes: Eine Händlerin präsentiert ihren Schmuck.

Nicht nur Nützliches, sondern auch schönes: Eine Händlerin präsentiert ihren Schmuck.

Wenn alles gut geht, wird Jürgen Weber vielleicht auch im nächsten Jahr wieder in Treysa Waren feilbieten. Nicht des Geldes wegen, sondern weil er als rüstiger Marktschreier „ganz einfach Leute beleidigen könne, ohne gleich eine Klage an den Hals zu bekommen“, scherzt er.

Weitere Eindrücke des ScherzmarktesJAL_0547 JAL_0569

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