Irland im Herzen, Gemeinschaft im BlickSommerfest im Haus Stephanus verbindet Musik, Emotion und gelebte Teilhabe
ALSFELD (ol). Das Haus Stephanus in Alsfeld feierte am 6. August ein Sommerfest, das irische Musik, stille Emotionen und echte Gemeinschaft vereinte. Neben einem eindrucksvollen Gottesdienst prägten der Auftritt von Musiker Petr Simandl, bewegende Momente mit den Bewohner\:innen und ein gemeinsames Grillen den Tag. Das Fest setzte ein klares Zeichen: Soziale Teilhabe ist kein Zusatz, sondern der Kern des Zusammenlebens im Alter.
Irische Klänge, ehrliche Worte und ein Hauch von Sommer: Das Haus Stephanus in Alsfeld hat am 6. August ein besonderes Sommerfest gefeiert. Es wurde gelacht, gelauscht, getanzt – und still gestaunt über Momente, die zeigen, was soziale Teilhabe im Alter bedeuten kann, so heißt es in der Pressemitteilung der Einrichtung.
Es war kein lauter, kein großer Nachmittag. Und doch einer, der bleibt. Was den Tag prägte, war weniger Programm als Haltung: Musik, Gemeinschaft und Nähe – getragen von Würde, Respekt und einem professionellen Betreuungskonzept, das emotionale Resonanz ernst nimmt.
„Lassen Sie uns den Sommer feiern, wie er fällt“, sagte Minh Luis, Leitung des Betreuungsdienstes, zur Begrüßung. Die Sonne meinte es gut, der Multifunktionsraum war angenehm kühl, die Stimmung offen und erwartungsvoll. „Wir machen das Beste daraus“, ergänzte Luis – und meinte damit nicht nur das Wetter, sondern das Leben selbst.
Zu Beginn sprach Pfarrerin Göltenboth in einem ruhigen, eindringlichen Gottesdienst über das Verlieren und Wiederfinden – von Dingen, von Gefühlen, von Hoffnung. „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“, zitierte sie Paul Gerhardt. Worte, die bei den Zuhörenden mehr als liturgische Floskeln waren – gerade in einem Umfeld, in dem Verlust zum Alltag gehört.
Irland in Klang und Gefühl
Musikalisch führte der Nachmittag nach Irland. Der Musiker Petr Simandl verwandelte mit Gitarre, Gesang und Loop-Technik den Raum in eine Klanglandschaft zwischen Sehnsucht und Lebensfreude. Klassiker wie Molly Malone, Whiskey in the Jar und Dirty Old Town trafen den Nerv vieler Gäste – insbesondere der Generationen Babyboomer (1946–1964) und Generation X (1965–1980). Aber auch Bewohner:innen der Traditionalisten-Generation (1930 – 1945) lauschten bis zum Schluss, teils still, teils sichtlich bewegt.
„Gerade ältere Menschen spüren die Kraft dieser Musik“, sagte Simandl. „Man muss sie nicht verstehen – man muss sie fühlen.“
Kleine Szenen, große Wirkung
Diese Musik berührte – und löste aus, was Betreuungskonzepte oft versprechen, aber selten einlösen: echte Teilhabe. Ein Bewohner sagte leise: „Ich hätte gern mitgesungen – wenn ich besser Englisch könnte.“ Eine Frau im Rollstuhl weigerte sich, wie geplant ins Zimmer zurückzukehren. Sie wollte bleiben, zuhören, mittanzen, obwohl die Veranstaltung bereits beendet war. Eine andere Bewohnerin mit Sprachstörung, gezeichnet von ihrer Krankheitsgeschichte, sagte klar: „Das Leben ist hart. Aber heute war schön.“
Auch Menschen mit fortgeschrittener Demenz reagierten spontan: Sie klatschten, bewegten sich im Rhythmus, sangen Laute mit – begleitet von Angehörigen, die nicht korrigierten, sondern präsent waren. „Es geht nicht um Perfektion, sondern um Präsenz“, betonte Minh Luis. „Und um das Zulassen echter Emotion.“
Gemeinschaft am Tisch
Beim anschließenden Grillabend kam das ganze Haus zusammen: Bewohner:innen, Angehörige, Mitarbeitende und Gäste des Betreuten Wohnens saßen anlangen, gedeckten Tischen. Es wurde angestoßen – mit Pfirsichbowle, Bier, Radler oder alkoholfreie Getränke. Es wurde geredet, gelacht, geschwiegen. Keine Show, keine Lautstärke – nur das, was Menschen miteinander verbindet: Aufmerksamkeit, Zugewandtheit, Dasein.
Teil eines größeren Ganzen
Dass dieser Nachmittag so stimmig wirkte, war kein Zufall. Wochen zuvor hatte das Betreuungsteam thematisch vorbereitet – unter anderem mit virtuellen Reisen nach Irland. „Wir feiern nicht einfach drauflos“, erklärte Minh Luis. „Wir gestalten Räume – für Erinnerungen, für Geschichten, für gemeinsames Erleben.“
Die Entscheidung für ein irisch geprägtes Fest sei bewusst gefallen – auch als Kontrapunkt zum Gewohnten. „Wir müssen uns trauen, Neues zuzulassen“, so die Betreuungsdienstleiterin. „Auch wenn es nicht allen sofort gefällt.“ Dass dies gelingt, zeigten die Reaktionen: keine Ablehnung, sondern Zustimmung. Und viele Gesichter, die am Abend noch strahlten.
Mehr als ein Programmpunkt
Mit diesem Sommerfest setzte das Haus Stephanus ein stilles, aber kraftvolles Zeichen: Teilhabe ist kein Zusatz, sondern ihr Kern. Ein Bewohner brachte es auf den Punkt: „Es war einfach schön, mal rauszukommen aus dem Alltag.“ Und vielleicht auch aus dem Denken, was möglich ist – und was nicht.
Fotos: Minh Luis/GFDE-Gruppe
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